Wie werden die Sitze zukünftig verteilt?
Was gegen die unechte Teilortswahl spricht, benannte die Stadt Mosbach in einem Pressegespräch im Rathaus

Die Höhendörfer Reichenbuch, Lohrbach und Sattelbach (im Bild die beiden letztgenannten) werden durch die Aufhebung der unechten Teilortswahl weder ihre beratenden Gemeinderatsmitglieder noch ihren Ortschaftsrat, den Ortsvorsteher, ihre Ortschaftsverfassungen oder Verwaltungsstellen verlieren. Foto: Ursula Brinkmann
Von Ursula Brinkmann
Mosbach. Schon der Name verheißt Komplikationen: unechte Teilortswahl, kurz UTW. Der Paragraf, der das regelt - schwer zu verstehen. Der Kommunalwahlzettel: verwirrend. Die Zahl der Gemeinden, in denen bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg mit UTW gewählt wird: sinkend. 2014 waren es 40 Prozent. 1989 war das Verhältnis noch umgekehrt. Diese und weitere Argumente wurden nun in einem Pressegespräch im Mosbacher Rathaus genannt, um Verständnis dafür zu wecken, warum man von Seiten der Verwaltung dafür ist, diese Besonderheit des Wahlsystems abzuschaffen, die im Zuge der Gemeindereform in den 1970er-Jahren kam.
Auf entsprechende Anläufe vor 14 Jahren verweisend, nannte Oberbürgermeister Michael Jann den konkreten und aktuellen Stein des Anstoßes, der dazu führt, dass am 17. Mai der Gemeinderat darüber abstimmen wird, ob die UTW bleibt oder nicht. "Bei der Kommunalwahl 2014 gab es Einsprüche, die das Regierungspräsidium veranlasst haben", berichtete Jann, "uns aufzufordern, in dieser Wahlperiode über die Sitzverteilung im Gemeinderat neu nachzudenken."
Die müsse die Bevölkerungsanteile und die örtlichen Verhältnisse berücksichtigen, was mit der seit 1975 festgeschriebenen Sitzverteilung nicht mehr gegeben sei. Die Einsprüche waren aus Neckarelz gekommen. "Die Bevölkerung dort ist seit 1975 gewachsen", erklärte Andrea Kotthaus, Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes, "doch das bildet sich mit sieben Vertretern im Stadtrat nicht mehr ab."
In drei unterschiedlichen hypothetischen Modellen zu einer möglichen neuen Sitzverteilung stiege die Zahl der Neckarelzer Räte auf neun oder zehn, könnte die in Diedesheim auf drei, die in Lohrbach auf einen fallen. Aus der Kernstadt kämen eher 16 als 17 Räte. Bei einem Modell (Sitzverteilung nach örtlichen Verhältnissen) steht bei Reichenbuch eine - Null. Ein Kompromissvorschlag allerdings, bei dem die Kernstadt und Lohrbach je einen Sitz an Neckarelz abgeben sollten, fand keine Zustimmung.
Dass insbesondere die drei Höhendörfer Lohrbach, Sattelbach und Reichenbuch sich per einstimmigem Beschluss ihrer Ortschaftsräte gegen die Abschaffung der UTW ausgesprochen haben, versteht OB Jann. "Doch über ihre Ortsvorsteher und je einen Ortschaftsrat als beratende Mitglieder sind sie ja im Gemeinderat."
Daran soll sich ebenso wenig ändern wie am Fortbestand der Ortschaftsverfassungen, der Ortschaftsräte, der Ortsvorsteher und der Verwaltungsstellen. "Daran rütteln wir nicht." Auf seine bisherige 16-jährige Tätigkeit im Rathaus zurückblickend, könne er nicht feststellen, dass auch nur ein Ortsteil je grob benachteiligt wurde. "Wir sind doch alle Mosbach." Und jeder Gemeinderat habe den Eid geschworen, für das Wohl der ganzen Stadt einzutreten.
Emotional könne er den Protest der Ortschaftsräte nachvollziehen, nannte Jann weitere Gründe, die seiner Ansicht nach für eine Neuregelung sprechen und zog einen Wahlzettel von 2014 hervor, "eine Riesentapete." Da blicke ja er selbst nicht immer durch. Vor drei Jahren seien bei den Kommunalwahlen in Mosbach fünf Prozent ungültige Stimmen abgegeben worden.
Und: "20 Prozent von den möglichen Stimmen gingen gar nicht in die Wertung ein", nannte Bürgermeister Michael Keilbach einen weiteren Grund gegen die UTW. Ein Blick auf die Verhältnisse im Land zeige, dass in Kommunen ohne UTW die Wähler ihre Stimmenkontingente deutlich mehr ausschöpften als in solchen mit UTW, verwies Hauptamtsleiter Eckhard Böer auf Statistiken des Städtetags.
"Außerdem wird die Kandidatensuche schwieriger", fuhr Böer fort, "auch das zeigen die Wahlzettel von 2014, auf denen Parteilisten nicht voll oder gar leer waren." Langfristig denkt man außerdem daran, das Stadtparlament schlanker und damit effizienter zu machen. Mit Ausgleichssitzen hat der Mosbacher Gemeinderat jetzt schon 35 Mitglieder, eine vergleichsweise hohe Zahl.
Langfristig schließlich ist auch die übrige Planung: Beschließt der Gemeinderat am 17. Mai, die UTW aufzuheben, dann wirkt sich das erst zehn Jahre nach der nächsten Kommunalwahl - 2029 - aus, geht aber mit einer zwingenden Verkleinerung auf 26 Sitze einher. "Dadurch verringern sich die Chancen auf Gemeinderatssitze für die ‚kleinen‘ Stadtteile noch mehr", dreht der Lohrbacher Ortschaftsrat das Argument zugunsten der UTW um. Am Tag des Pressegesprächs informierte der Ortschaftsrat die Lohrbacher Haushalte mit einem Schreiben und bittet um ein Votum. Das Kreuzchen für oder gegen die Aufhebung der unechten Teilortswahl zu machen, ist völlig unkompliziert.



