Schwierigkeiten mit der Stadtbahn Nord
Europäischer Protest-Tag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung – Auf Uwe Wagner wartete am Bahnsteig die böse Überraschung

Ohne fremde Hilfe geht es hier am Bahnsteig in Mosbach-Neckarelz nicht raus. Diese Erfahrung mussten Uwe Wagner und seine Frau Helga bei einer Fahrt mit der Stadtbahn Nord machen. Foto: Stephanie Kern
Von Stephanie Kern
Mosbach. Mit ein bisschen Abstand kann er darüber lachen. Was Uwe Wagner und seiner Frau Helga vor ein paar Wochen passiert ist, das ist aber eigentlich gar nicht witzig. Uwe Wagner ist querschnittsgelähmt, seit einem Schwimmunfall 1971 sitzt er im Rollstuhl.
Nach vielen Jahren in den neuen Bundesländern verschlug es die Wagners vor einiger Zeit nach Aglasterhausen. Auch weil es dort einen S-Bahn-Anschluss gibt. "Manchmal muss ich auch alleine weg", sagt Uwe Wagner.
Wagner und seine Frau unternehmen am Wochenende gerne Ausflüge - auch dafür nutzen sie regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel. Denn das (behindertengerechte) Auto lassen sie gerne mal stehen. Mit der S-Bahn Rhein-Neckar gab es da noch nie Probleme.
Mit der Stadtbahn Nord erwartete die beiden allerdings eine unangenehme Überraschung. "In Offenau sind wir eingestiegen. Das lief super", erzählt Uwe Wagner. Aber: "Als in Neckarelz die Türen aufgingen, bekam ich erst mal einen Schreck."
Denn hinter der offenen Tür erwartete den Rollstuhlfahrer und seine Frau eine große Stufe - unüberwindbar mit dem Rollstuhl. "Es haben sich dann vier starke Männer gefunden, die mich raustrugen, aber ich war erst mal bedient." Eine Information darüber, dass er an seinem Ziel nicht aussteigen kann, findet sich (auf die Schnelle am Bahnsteig) nirgends.
"Es ist so, dass Fahrgäste an den Bahnhöfen Mosbach-Neckarelz, Mosbach-West und Mosbach (Baden) eine höhere Stufe überwinden müssen. Das ist bedauerlich und auch ungünstig", bestätigt Michael Krauth, Sprecher der Albtal-Verkehrsgesellschaft, die die Stadtbahn Nord betreibt.
Die Einstiegshöhe für die Stadtbahnen liegt bei 55 Zentimeter (über den Gleisen), an den drei Mosbacher Bahnhöfen liegt der Bahnsteig aber jeweils 76 Zentimeter über den Gleisen. "Der Unterschied kommt daher, dass dort vor allem Bahnen der Deutschen Bahn und die S-Bahn verkehren.
Auf diese Züge wurden die Bahnsteige abgestimmt", erklärt Krauth. Für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste gebe es aber Möglichkeiten: "Sie sollten vorne einsteigen und auch Kontakt zum Fahrer aufnehmen", so Krauth. Dieser würde dann Hilfestellung geben. Der Mobilitätsservice der Bahn kann nur helfen, wenn fahrzeugseitig Ein- und Ausstiegshilfen vorhanden sind
Nach dem Erlebnis in Neckarelz hat Uwe Wagner recherchiert. Den Regionalexpress, der Richtung Stuttgart fährt, kann er nutzen, die S-Bahn Rhein-Neckar sowieso. Nur: Der Regionalexpress fährt nicht mehr so oft - und er hält auch nicht überall. Auch in seinem Beruf hat Wagner mit Menschen mit Behinderung zu tun.
Er betreut den Bewohnerbeirat der Johannes-Diakonie in Mosbach. Auch hier wurde über das Thema gesprochen: "Da gab es schon einige, die gesagt haben, dass die Stadtbahn für sie nicht nutzbar ist. Das ist ärgerlich."
Auch für Marco Bissinger. Er hat starke Probleme beim Laufen. Bei der Probefahrt in der Stadtbahn sagt er: "So eine Stufe würde ich nicht schaffen." Hinzu kommt, dass die Menschen an Bahnsteigen in Hektik sind, sich beeilen, vielleicht gar nicht merken, dass jemand anderes mit dem Aus- oder Einstieg Probleme hat. "Beachten Sie die Höhe der Bahnsteigkante", tönt es auch vor den Haltestellen Mosbach West und Mosbach Baden aus den Lautsprechern der Stadtbahn.
Zwar sei er auch bei der S-Bahn auf Hilfe angewiesen (der Fahrer muss manuell eine Rampe auf- und abbauen), aber die sei so wenigstens nutzbar. "In Zügen habe ich schon vieles erlebt.
Wir waren in Sachen öffentlicher Personennahverkehr früher experimentierfreudiger, aber seit den jüngsten Erfahrungen nehmen wir lieber das Auto", sagt Helga Wagner. Und so fahren die Wagners und Marco Bissinger nach der Probefahrt wieder zurück nach Offenau. Dort klappt es dann wieder mit dem Aussteigen....



