Landrat Brötel appelliert: "Voneinander lernen, aufeinander zugehen"

Weihnachtsbrief des Landrates hat die Themen Flüchtlinge, Breitbandprojekt und Gesundheitsversorgung zum Inhalt

23.12.2015 UPDATE: 24.12.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 24 Sekunden

Über 2000 Flüchtlinge leben mittlerweile im Landkreis. Ihre Integration ist eine wichtige Aufgabe. Foto: Heiko Schattauer

"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

schon wieder neigt sich ein Jahr mit schnellen Schritten seinem Ende entgegen. Irgendwie hat es fast den Anschein, als ob die Zeit in unseren Händen zerrinnt. Vor Weihnachten pulsiert das Leben noch einmal so richtig. Über die Feiertage selbst wird es für viele dann aber doch deutlich ruhiger. Mehr Zeit für die Familie und Freunde, aber auch zum Rückblick auf das, was war.

Wir haben es wieder einmal geschafft, mag sich mancher dabei vielleicht denken. Ja, in der Tat. Und ich bin sicher: Wir werden es auch weiterhin schaffen. Nicht, weil die Bundeskanzlerin das so vorgegeben hat, sondern weil die letzten Wochen und Monate allen Unkenrufen zum Trotz gezeigt haben, was für eine bewundernswerte gesellschaftliche Kraft in uns allen steckt. Auf die Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis ist einfach Verlass. Wenn ich sehe, wie viele auf ehrenamtlicher Basis, aber auch im Hauptamt mithelfen, um den großen Zustrom an Flüchtlingen zu bewältigen, erfüllt mich das wirklich mit tiefer Dankbarkeit, aber auch mit Stolz. So etwas ist nicht überall in gleicher Weise möglich.

Bei uns geht es aber. Dafür sage ich allen, die an dieser großen Aufgabe mitgewirkt haben und weiter mitwirken, deshalb von Herzen vielen Dank.

Inzwischen leben über 2000 Flüchtlinge bei uns. Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, weil sie dort für sich und ihre Familien keine Zukunft mehr sahen. Die ihr eigenes Leben riskiert haben, um wenigstens bei uns in Frieden leben zu können. In einer Welt, die für viele von ihnen zunächst völlig fremd ist, und mit einer Sprache, die sie nicht verstehen.

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Umgekehrt geht es uns aber ganz ähnlich. Auch wir verstehen diejenigen, die unsere neuen Mitbürger sind, nicht sofort. Auch für uns ist da vieles fremd. Aber wir können beide voneinander lernen, wenn wir bereit sind, aufeinander zuzugehen. Dazu will ich Sie deshalb herzlich ermuntern. Nicht umsonst ist die Sprache der Schlüssel für jede Form der Integration. Wir müssen wesentlich mehr miteinander, dafür aber weniger übereinander reden. Noch immer geht es in erster Linie zwar darum, den Neuankömmlingen ein Dach über dem Kopf zu gewähren. Trotzdem müssen wir aber auch schon jetzt an morgen und übermorgen denken. Sprachförderung, berufliche Qualifikation und gesellschaftliche Integration werden dabei die bestimmenden Themen der Zukunft sein.

Die jüngsten Informationsveranstaltungen haben gezeigt, dass es einen breiten Konsens gibt, geflüchteten Menschen Schutz und Beistand zu gewähren. Auch wir würden umgekehrt darauf vertrauen, wenn wir einmal in die Situation kämen, unser Land verlassen zu müssen. Daran sollten wir deshalb gelegentlich ebenfalls wieder einmal denken.

Natürlich gibt es aber auch noch andere Themen, die uns umtreiben. So wird in wenigen Wochen die nächste Ausbaustufe unseres großen Breitbandprojekts beginnen. Schnelles Internet im gesamten Landkreis. 30 Mbit/s für mindestens 95 % aller Anschlüsse. Die Glasfaser rückt auf diese Weise immer näher an die Endkunden heran. Das gibt uns die Möglichkeit, künftig noch sehr viel größere Bandbreiten anbieten zu können. Und: Ich bin froh, dass die Telekom als Siegerin aus dem europaweiten Ausschreibungsverfahren hervorgegangen ist. Gemeinsam wollen und werden wir jetzt den Beweis antreten, dass es durchaus möglich ist, auch im ländlichen Raum einen flächendeckenden Breitbandausbau zu realisieren. Der Neckar-Odenwald-Kreis soll damit nicht zuletzt zum Modell für andere werden. Zugegebenermaßen ein hoher Anspruch. Daran lassen wir uns aber auch messen - und das schon Ende 2017. Städte, Gemeinden und der Kreis investieren gemeinsam mit der Telekom in die digitale Zukunft.

Ein ganz zentraler Zukunftsfaktor ist auch die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung. Die Menschen haben ein Recht darauf, möglichst wohnortnah die Hilfe zu bekommen, die sie brauchen. Bisher ist uns das immer noch gelungen. Es wird künftig aber zunehmend schwerer werden, frei werdende Arztsitze nachzubesetzen. Deshalb wollen wir auf diesen Aspekt im Rahmen der Kommunalen Gesundheitskonferenz auch ein ganz besonderes Augenmerk legen. Im stationären Bereich sind die Neckar-Odenwald-Kliniken mit ihren Standorten in Mosbach und Buchen sowie das kommunale Belegkrankenhaus in Hardheim meiner festen Überzeugung nach künftig sogar wichtiger denn je.

Klar ist aber auch: Es wird immer ein Kampf bleiben, dieses wichtige Stück Daseinsvorsorge vor Ort zu erhalten, solange sich die Grundstrukturen der Krankenhausfinanzierung nicht nachhaltig zu Gunsten kleinerer Häuser ändern. Und: Wir alle haben es selbst in der Hand. Anhaltend hohe oder steigende Patientenzahlen sind nämlich das beste Argument für den Erhalt der Häuser.

Damit will ich es für heute ganz bewusst bewendet sein lassen, allerdings nicht schließen ohne ein herzliches Wort des Dankes an Sie alle. Das Beste sind und bleiben nämlich die Menschen, die im Neckar-Odenwald-Kreis leben. Ihnen fühle ich mich persönlich auch weiterhin in ganz besonderer Weise verpflichtet.

Dieser Tage habe ich einen irischen Segensgruß gelesen, den ich Ihnen zum Weihnachtsfest gerne mitgeben will: "Möge in dieser Heiligen Nacht der Friede Dein erster Gast sein, und möge das Licht der Weihnachtskerzen dem Glück den Weg weisen in Deinem Haus". Das soll zugleich auch mein Wunsch für das gesamte neue Jahr 2016 sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien von Herzen eine besinnli-che Weihnachtszeit sowie Gottes Segen und dann einen guten Start in ein hoffentlich für uns alle gesundes, glückliches und friedvolles neues Jahr 2016.

Auf Weihnachtskarten oder Geschenke haben wir erneut verzichtet und den entsprechenden Betrag statt dessen der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit im Kreis zur Verfügung gestellt. Dort ist jeder Euro gut angelegtes Geld."

Dr. Achim Brötel, Landrat

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