Erste Bewohner im Awo-Pflegezentrum Dallau
"Heimat statt Heim" - Hausgemeinschaftsprojekt für 60 pflegebedürftige Menschen

Das Hausgemeinschaftsprojekt der Arbeiterwohlfahrt in Dallau hat Anfang des Monats die ersten Bewohner aufgenommen. Unser Foto zeigt den Eingangsbereich des Gebäudes beim Bahnhof. Foto: Claus Kaiser
Von Claus Kaiser
Dallau. Anfang Mai sind die ersten Bewohner in das neue Hausgemeinschaftsprojekt der Arbeiterwohlfahrt Neckar-Odenwald-Kreis im "Rechten Weiler" in Dallau eingezogen. Der Neubau in der Nachbarschaft des Bahnhofs ist ein Pflegezentrum für 60 pflegebedürftige Menschen in Kurzzeit-, Verhinderungs- oder vollstationärer Pflege.
Bei einem Rundgang mit Elztals Bürgermeister Marco Eckl erläuterte Awo-Kreisgeschäftsführer Peter Maurus das neue Konzept. "Empfundene Normalität, Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit", so Peter Maurus, "sind auch für die älteren Menschen das Maß der Dinge". Selbst wenn er pflegebedürftig werde, möchte er als Akteur und Regisseur seines Leben so lange wie möglich in gewohnter und vertrauter Umgebung bleiben. Das Hausgemeinschaftskonzept schaffe die Voraussetzungen, diesen allgemein menschlichen Bedürfnissen in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Im Unterschied zu konventionellen Heimbetrieben werde hier der Schwerpunkt darauf gelegt, dass ältere Menschen ihre individuellen Bedürfnisse ausleben könnten.
In der Praxis sieht das so aus: Statt starren Pflege- und Essenszeiten wird der Alltag in den fünf Awo-Hausgemeinschaften in Dallau mehr an den Bedürfnissen der Bewohner orientiert sein. Beispielsweise die Pflegezeiten: Während in herkömmlichen Pflegeheimen die Pflegekräfte sich von Zimmer zu Zimmer vorarbeiten, wird die Pflege in Dallau an den individuellen Gewohnheiten der Bewohner ausgerichtet. Frühaufsteher kommen zuerst dran, Langschläfer dürfen ausschlafen.
Klingt simpel, ist aber im Pflegealltag eine kleine Revolution. Für die Pflegekräfte bedeutet es nämlich viel mehr Organisationsaufwand. Der Tagesablauf wird jetzt von ohnehin anstehenden, sinnvollen Tätigkeiten bestimmt, etwa: Was wollen wir kochen? Wer bereitet welche Speise vor? Gewohnte Tätigkeiten sollen ein Gefühl für Struktur und eigene Mitwirkungsmöglichkeiten geben. Nicht der oder die Gepflegte wohnt hier, sondern ein Mensch, der gemäß seiner Fähigkeiten seinen Alltag gestaltet.
Unterstützung und Hilfe für die Bewohner sind auch vor Ort gegeben. Jeder zwölfköpfigen Hausgemeinschaft stehen ständig feste Bezugspersonen zur Verfügung, die als Präsenzkraft Ansprechpartner für alle Belange des Alltags sind. Sie übernehmen hauswirtschaftliche, sozialpflegerische und (grund-) pflegerische Aufgaben.
Hauswirtschafter und Pflegehelfer sind "Alltagsmanager" und Alltagsbegleiter. Sie sorgen für die Wohnraumgestaltung, für Kochen, die Wäscheversorgung und das Reinigen der Wohnung. Als ständige Ansprechpartner für die Bewohner und Angehörige beziehen sie die Bewohner in die Gestaltung mit ein. Daneben werden zusätzliche Betreuungskräfte mit Aktivierungsmaßnahmen das Wohlbefinden, den körperlichen Zustand und die Stimmung der betreuten Bewohner positiv beeinflussen.
Das neue Wohnkonzept habe viele Vorteile, resümierte Maurus: Es stelle Menschen im Pflegeheim nicht nur eine gute Pflege- und Betreuungsqualität zur Verfügung, sondern ermögliche ein vergleichsweise hohes Maß an Lebensqualität. Es vermittle Menschen mit demenziell bedingten Verhaltensauffälligkeiten das Gefühl, aufgehoben zu sein.
"Heimat statt Heim" sei deshalb das Motto der neuen Awo-Hausgemeinschaften. Ein schöner Nebeneffekt bestehe darin, dass die Mitarbeiter mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Verantwortung übertragen bekämen und damit interessante Arbeitsplätze hätten.
Die erste Hausgemeinschaft ist mit zwölf Personen bereits komplett, die zweite Gemeinschaft bildet sich gerade, zudem findet die Kurzzeitpflege gute Annahme. "Das Interesse an unserem Haus ist groß", freut sich Einrichtungsleiterin Karin Hofmann.



