Eine Rückkehr des Wolfs in den Odenwald ist "problemlos möglich"

Die Wolf-Expertin Christine Günther referierte beim Nabu Waldbrunn über den Wolf und den Schutz von Herdentieren

06.11.2016 UPDATE: 07.11.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden

Nach Spuren von Wölfen sucht Christine Günther. Beim Waldbrunner Nabu informierte sie über das Raubtier.

Waldbrunn. (hof) Er könnte schon hier sein, ohne dass wir ihn bisher bemerkt hätten. Die Rede ist vom Wolf. Christine Günther referierte auf Einladung der Ortsgruppe Waldbrunn des Naturschutzbundes (Nabu) über das Raubtier, dessen letzter Vertreter in der Region nach tagelanger Treibjagd im Jahr 1866 in der Nähe von Dielbach erschossen wurde. Ausgestopft fand das Tier im Eberbacher Heimatmuseum eine neue "Heimat".

Christine Günther ist "Geschulte Person" im Wildtiermonitoring der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), Koordinatorin von WikiWolves in Baden-Württemberg und Hessen sowie Nabu-Wolfsbotschafterin. Sie züchtet Schafe und berät Nutztierhalter zum Thema Herdenschutz. Ihren Hund Djemba trainiert sie derzeit darauf, Wolfsspuren zu finden und anzuzeigen. Sie legt Wert auf eine sachliche Debatte, basierend auf wissenschaftlichen Fakten, fernab von verklärter Wolfs-Romantik. Mit wie viel Herzblut sich Christine Günther mit dem Thema "Wolf" befasst, wurde im Rahmen ihres Vortrags im Gasthaus "Drei Lilien" in Mülben deutlich.

Während man den Wolf im Odenwald bereits 1866 ausgerottet hatte, wurden im restlichen Deutschland bis um 1900 noch einige Einzeltiere erlegt, ließ sie das interessierte Publikum wissen. Seit 1987 steht der Wolf in Deutschland unter Artenschutz. 2015/2016 wurden in Deutschland insgesamt 46 Wolfsrudel, 15 Wolfspaare und vier territoriale Einzeltiere gezählt. Die meisten davon in Sachsen und Brandenburg.

Wölfe leben in bis zu zehn Tieren großen Rudeln, so die Expertin weiter. An der Spitze steht das Elternpaar, das in der Regel eine lebenslange Bindung eingeht. Deren Nachkommen lernen von ihren Eltern. Als soziale Tiere bringen sich aber auch die älteren Geschwister bei der Aufzucht der Welpen ein. Die Jungwölfe machen im Alter von einem bis zwei Jahre immer weiter weg führende Ausflüge, bis sie sich irgendwann ganz vom Herkunftsrudel entfernen und ein eigenes Rudel etablieren. Bis zu 1500 Kilometern kann ein wandernder Jungwolf zurücklegen - bei solchen Dimensionen sei es also auch "problemlos möglich", dass Wölfe bis in den Odenwald vordringen und sich dort niederlassen.

Während dies für viele Naturbegeisterte sowie Artenschützer mit romantischen Vorstellungen verbunden sei, gebe es auf der anderen Seite Bedenken von Landwirten bzw. Schäfern, die große materielle Verluste befürchteten, sollte der Wolf wieder in Baden-Württemberg heimisch werden. Hierzu trägt laut Günther auch die Tatsache bei, dass der Wolf bei eingepferchten Schafherden in einen "Blut- bzw. Jagdrausch" verfällt. Tierhalter müssten sich daher - auch im "Wolferwartungsland Baden-Württemberg" - mit dem Thema Herdenschutz befassen. Hier sei auch die Landesregierung gefordert, denn bisher trage der Landwirt bzw. Schafhalter die Verluste aus eigener Tasche. Der Nabu fordere daher einen "Handlungsleitfaden Wolf", in dem auch die Schadensregulierung für Tierhalter sowie Schutzmaßnahmen, die Herdenbesitzer ergreifen können, erörtert werden. Um auf die Wiederansiedelung vorbereitet zu sein, erstellt die FVA Freiburg einen Wolfsmanagementplan. Abschließend erläuterte die Referentin verschiedene Schutzmaßnahmen.

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Nach dem Vortrag musste die Referentin viele Fragen beantworten. Dies zeige das große Informationsbedürfnis, lautete das Fazit der Wolfsexpertin und der Nabu-Organisatoren, die sich dem Thema auch weiterhin widmen möchten.

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