Ein bekannter Mosbacher in der Hauptrolle
Michael Kretz ist einer von vier Zeitzeugen, die beim neuen Film "Die Donauschwaben" mitwirkten

Mosbach. Mit seinen 91 Jahren ist er älter als die meisten Mosbacher, doch kein bisschen müde. Hellwach und stets mit einem Lächeln im Gesicht, weiß Michael Kretz mitunter erstaunliche Begebenheiten aus seinem langen Leben zu berichten. Und genau diese Erlebnisse tat er nun auch vor der Kamera kund: In dem Film "Die Donauschwaben", der vor kurzem in Stuttgart Premiere feierte, wirkte er als einer von vier Zeitzeugen mit.
So mancher Mosbacher kennt Michael Kretz noch aus seiner Schulzeit: Der Donauschwabe war Hausmeister an der Wilhelm-Stern-Schule sowie von 1968 bis 1985 am Nicolaus-Kistner-Gymnasium. Doch auch in seinem Ruhestand ist er keineswegs ruhig unterwegs. So gründete Michael Kretz mit seiner Frau Rosa den "Heimatverein Pesthidegkut", veröffentlichte viele Erlebnisse in dem Buch "Ich war Zeitzeuge" und hält darüber gerne Vorträge. Als Regisseur Gerhard Weber in der donauschwäbischen Zeitschrift "Unsere Post" nach Zeitzeugen für seinen Film suchte, dachte Kretz nicht lange nach und stellte sich zur Verfügung: "Ich sollte mein Leben erzählen - das kann ich", berichtet er lächelnd.
Zu dieser Meinung gelangte das Filmteam ebenfalls recht schnell: Ersten Gesprächen folgten rasch Probeaufnahmen im Jahr 2009. Doch der wichtigste Teil der Dreharbeiten sollte nicht in Mosbach, sondern in Ungarn erfolgen. Genauer: In Kretz' Geburtsort Pesthidegkut. Der Platz, an dem sein Elternhaus stand, ist Teil des Films, ebenso eine Einstellung, in der Kretz nachdenklich auf einer Parkbank sitzt.
Vier Tage haben die Dreharbeiten in Ungarn gedauert, die Kretz als "sehr anstrengend" bezeichnet. Anstrengend war es für ihn aber vor allem in psychischer Hinsicht: Denn auch in Solymar, dem Nachbarort von Pesthidegkut, fanden Aufnahmen statt. Der Bahnhof, der im Film auftaucht, ist eben jene Stätte, an der die Vertreibung des Donauschwaben seinen Anfang nahm. "1946 hat man mich mit einem Großteil meiner Familie und über 1000 anderen Vertriebenen dort in 40 Viehwaggons gepfercht", berichtet der Zeitzeuge. Nach acht Tagen Reise bei Hunger und Durst seien sie dann vollständig am Boden zerstört in Neckarzimmern angekommen. "Von diesen Erinnerungen ist bei den Dreharbeiten vieles wieder aufgetaucht", erzählt Kretz.
Doch der Film hält auch Heiteres parat: So sind Mitglieder der Landsmannschaft Mosbacher Donauschwaben bei der Pflege ihres Brauchtums zu sehen: Von den Aufnahmen der Tänze, Gesänge und Sketche im Haus der Donauschwaben ist Kretz sehr angetan. Und auch mit dem Film als komplettes Werk ist er zufrieden.
Dieser wurde im Dezember im Stuttgarter Metropol-Kino zum ersten Mal gezeigt. Viele Mitglieder der Mosbacher Donauschwaben waren ebenfalls zugegen, der Chor sorgte für eine musikalische Untermalung der Premiere. Amüsiert berichtet Kretz von einer aufregenden Atmosphäre mit rotem Teppich und blitzenden Kameras. Gemeinsam mit zwei weiteren Zeitzeugen des Filmes wurde er den Gästen vorgestellt. "Wo ist Ihre Heimat?", fragte der Moderator des Premierenabends Michael Kretz. "Mittlerweile in Mosbach", antwortete dieser. "Aber die Gefühle für meinen Geburtsort sind natürlich noch sehr stark vorhanden", fügte er hinzu.
Rückblickend bezeichnet Michael Kretz die Dreharbeiten als ein "ganz außergewöhnliches Erlebnis". Aufgenommen worden zu sein, sei für ihn ein "erhebenden Gefühl" gewesen: "Ich durfte etwas von meinem Leben erzählen, das für die Nachkommen so wichtig zu sein scheint", erklärt er begeistert.
Fi Info: Der Film "Die Donauschwaben" wird im Laufe dieses Jahres auch in Mosbach gezeigt. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben.



