Die solidarische Landwirtschaft im Kreis funktioniert

Es gibt auch schon eine Warteliste von Anwärtern, die gern mitmachen würden

02.09.2015 UPDATE: 03.09.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden

Alle zwei Wochen sind die Mitglieder der Solidargemeinschaft eingeladen, auf dem Gemüseacker aktiv zu sein. Foto: Ursula Brinkmann

Von Ursula Brinkmann

Neckar-Odenwald-Kreis. Zugegeben: Beim Blick in die erste Kiste mit Gemüse im Mai war ich einigermaßen enttäuscht: 250 Gramm Spinat, Kartoffeln und ein paar Möhren, ein Sträußchen Petersilie und eine Kohlrabi. Das war‘s. Aber nun quillt die wöchentliche Gemüsekiste förmlich über! Salat, Tomaten, Zucchini, rote Bete, Salat- und bald Schmorgurken, Petersilie, Basilikum, Aubergine, Paprika; und das alles in überzeugender Qualität. Der Unterschied zur Super- und auch "gewöhnlichen" Marktware ist sicht-, fühl- und schmeckbar. Aber jetzt ist die Kiste nicht teurer als im Mai: rund zehn Euro. So ist das eben mit der Solidarität - sie gilt in mageren wie in üppigen Zeiten. Und damit ist eine Seite, die des Kunden bzw. Mitglieds, des Prinzips Solidarische Landwirtschaft (Solawi) veranschaulicht. Die andere ist die des Bauern.

Michael Scheurig aus Robern sorgt für das, was in die Kiste kommt. Tagtäglich, das ganze Jahr über. Im Winter gibt’s nur noch alle zwei Wochen eine, in der die Vielfalt wieder schrumpfen wird. Kohl und Kartoffeln, Lauch und Feldsalat wachsen oder können eingelagert werden, nicht aber Tomaten. "Die können Sie jetzt einkochen", empfiehlt der Landwirt, der als gelernter Biologe den Wechsel in die Furche gewagt hat.

Solidarität - über den fixen monatlichen Betrag hinaus, der Scheurig ein kalkulierbares Einkommen sichert - wird auch noch anders buchstabiert: Alle zwei Wochen sind die 59 Mitglieder der Solidargemeinschaft eingeladen, auf dem Gemüseacker aktiv zu sein. "Unkraut hacken zumeist", sagt Michael Scheurig und verbessert das "Un-" schnell in "Beikraut", denn als Biologe und Biobauer ist ihm Artenreichtum kein Dorn im Auge. Den will er auch mit dem in Robern noch recht gut erhaltenen Streuobstgürtel ums Dorf fördern. Auf einem Teil der von ihm gepachteten fünf Hektar Land stehen alte Apfel- und Birnbäume, die durch Neupflanzungen von ihm ergänzt werden. "Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas."

Das Solawi-Prinzip in Robern funktioniert; an einem heißen Augusttag hocken in den Gemüsereihen neun Frauen und Männer aus Heilbronn, Haßmersheim und Mosbach und hacken Vogelmiere und Melde. Am Abend würde man sich noch an Scheurigs Hof zusammensetzen. So hemdsärmelig funktioniert auch die Verteilung über ein Depot in Mosbach, aus dem sich die Mitglieder einmal wöchentlich selbst bedienen. Er habe noch keine schlechte Erfahrung gemacht mit der auf Treu und Glauben basierenden Verteilung. Solidarität eben. Schon gibt es eine Warteliste von Anwärtern, die gern mitmachen würden. "Von der Fläche her könnte ich mehr erzeugen", sagt Scheurig, der am Jahresende bilanzieren will. Einem Ein-Mann-Betrieb sind eben Grenzen gesetzt.

"Natürliche" Grenzen (in Form einer limitierten Zahl an Mitgliedern) kennt man auch in Daudenzell, wo Demeter-Gärtner Michael Schütt und seine Frau Henrike seit Juni 2014 das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft pflegen. Ins Leben gerufen haben die Solawi-Initiative Menschen aus der Region Aglasterhausen, die sich eigenem Bekunden nach "gesund und biologisch ernähren möchten", die wissen wollen, woher ihre Nahrungsmittel kommen. Solidarisch will man Risiken, Kosten und Ernte teilen, mithelfen, den Biohof vor Ort zu erhalten.

Auch die Beikraut jätenden "Solawis" in Lohrbach wissen, was sie haben und warum sie es tun: der Qualität und Quelle wegen, der Wertschöpfung und der Wertschätzung wegen, frisch, regional und mit persönlichem Bezug. Andrea Schlegel aus Mosbach weiß (auch der Mitarbeit wegen) zu schätzen, was sie aus der Kiste holt. Doris Golz aus Haßmersheim liefert einen zusätzlichen Beitrag in Form von Rezepten. "Ich fühl mich total gut mit diesem Gemüse", der ihr einen Gewinn an Lebenskraft gebe. "Und es ist jede Woche spannend, was drin ist."

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