Die ersten Pflegeheim-Türen bleiben zu
Aufgrund neuer Verdachtsfälle im Nachgang der zweiten bestätigten Coronainfektion sind im Pfalzgrafenstift Besuche untersagt

Von H. Schattauer und S. Kern
Mosbach. Respekt, Vorsicht und Besorgnis sind angebracht, Angst oder gar Panik nach wie vor fehl am Platz: Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wurde nun offiziell von der Weltgesundheitsorganisation WHO als Pandemie eingeordnet – und es beeinträchtigt unser Leben weiterhin und zunehmend. Im Gespräch mit der RNZ schilderte die Leiterin des Gesundheitsamts des Neckar-Odenwald-Kreises, Dr. Martina Teinert, wie man sich und andere adäquat schützen kann und wie man die Situation in der Region einschätzt.
Währenddessen gibt es weitere Veranstaltungsabsagen und Einschränkungen. Im Laufe des Donnerstags gab das Sozialministerium des Landes eine "Weisung zur Regelung der Besucherströme" an alle Pflegeheimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe heraus. Danach dürfen Menschen, die jüngst in Risikogebieten waren, in den nächsten 14 Tagen genannte Einrichtungen nicht betreten. Zudem wird eine generelle Reduzierung der Besucherströme "auf ein Minimum" empfohlen.
Im Pfalzgrafenstift hatte man bereits vor dieser Weisung restriktive Maßnahmen ergriffen. Das Senioren- und Pflegeheim im Herzen von Mosbach ist seit Mittwoch weitestgehend abgeschottet. "Unter den aufgrund der zweiten bestätigten Coronainfektion abgesonderten Kontaktpersonen sind auch drei Bewohner und eine Pflegeperson aus dem Altenzentrum Pfalzgrafenstift der Johannes-Diakonie Mosbach", erklärte Jan Egenberger, Pressesprecher des Landratsamts, am Donnerstag auf Nachfrage der RNZ.
Eine Ärztin des Gesundheitsamts habe nach Bekanntwerden der Information am Mittwoch umgehend Abstriche von den Betroffenen genommen, "sodass zeitnah Klarheit über eine mögliche Ansteckung herrscht". Zeitnah bedeute bei aktueller Auslastung der Labore einen Zeitraum von maximal drei Tagen. Die vier Verdachtsfälle sind offenbar alle symptomfrei und räumlich isoliert. Die Leitung des Pfalzgrafenstifts habe vorbildlich mit Absonderungs- und weiteren Schutzmaßnahmen reagiert und stehe weiter in Kontakt mit dem Gesundheitsamt, so Egenberger.
Auch interessant
Von einer "richtigen und guten Reaktion" spricht Michael Walter, Pressesprecher der Johannes-Diakonie. Bei den Bewohnern des Pfalzgrafenstifts handle es sich schließlich um eine Risikogruppe. Zuversichtlich macht ihn, dass der Besuch der – inzwischen nachweislich – infizierten Person im Pfalzgrafenstift bereits Anfang März stattgefunden haben soll. Und die Inkubationszeit damit mittlerweile schon fast am Ende ist.
Auch ohne Verdachtsfall bereitet man sich derweil im Johanniterhaus Tannenhof in Neckarelz auf Schlimmeres vor. "Wir haben natürlich einen Pandemieplan und gehen auch davon aus, dass wir den noch brauchen werden", erklärt Heimleiter Hans-Jürgen Mössner gegenüber der RNZ ganz offen. Glücklicherweise sei in der Seniorenpflegeeinrichtung bis dato alles "recht ruhig", auch was "normale" Grippeerkrankungen anbelange. Vorsorglich hat man allerdings alle geplanten Veranstaltungen abgesagt, die Mitarbeiter seien zudem intensiv geschult worden, so Mössner.
Ein zentrales Kompetenzteam der Johanniter unterstütze hier die Verantwortlichen vor Ort. Auch Angehörige und Besucher sensibilisiere man verstärkt für mögliche Gefahren und angebrachte Verhaltensweisen. Probleme sieht Hans-Jürgen Mössner mit Blick auf die Versorgung kommen: "Unser Bestand an Schutzkleidung und Desinfektionsmittel reicht noch etwa drei Wochen. Dann wird es eng." Nachbestellungen seien vom Lieferanten aktuell negativ beschieden worden; ein wenig Puffer verschaffe eventuell noch ein Johanniter-eigenes Materiallager.
"Noch haben wir alles", erklärt parallel Roswitha Reichert vom ASB-Seniorenzentrum am Elzpark in Bezug auf Desinfektionsmittel und Co. Die Mitarbeiter seien aber zu sparsamem Umgang angehalten, denn ob noch offene Nachbestellungen tatsächlich zeitnah geliefert werden, das weiß auch die Heimleiterin nicht. Mit den entsprechenden Maßnahmen versuche man auch am Elzpark, eine Ausbreitung des neuartigen Virus zu verhindern, was bisher auch gelungen sei. Besucher informiere man mit Plakaten und Infotafeln, Mitarbeiter seien ohnehin mehrfach geschult worden und auf den Fall der Fälle vorbereitet.
Sorge um die Versorgung hat man auch anderswo: Die katholische Sozialstation in Mosbach versorgt Patienten ambulant, das heißt in den eigenen vier Wänden. "Das Coronavirus hat schon die ganze Zeit Auswirkungen auf uns, weil bestelltes Desinfektionsmittel oder auch Schutzkleidung nicht geliefert werden", erklärt Pflegedienstleiterin Elvira Hoffmann.
Man habe allerdings noch Reserven und auch die Zusage von Lieferanten, dass bald wieder Nachschub komme. Dennoch: "In den kommenden zwei bis drei Wochen könnte es knapp werden", meint Hoffmann. Notfallpläne erhalte man täglich vom Spitzenverband. Falls tatsächlich mehrere Mitarbeiter in Quarantäne müssten, müsse man "gebietsübergreifend arbeiten und nicht lebensnotwendige Behandlungen absagen", sagt Hoffmann. Eines sei aber auch klar: "Patienten, die mit lebensnotwendigen Medikamenten oder deren Wunden versorgt werden müssen, können wir nicht sich selbst überlassen."
Als "gut ausgestattet und gut geschult" bewertet Marcus Dietrich, Geschäftsführer der evangelischen Sozialstation, seine Mitarbeiter. "Hygieneschulungen sind Standard", sagt Dietrich. Ob es nun eine Coronavirus-Pandemie gebe oder nicht. Mitarbeiter tragen Handschuhe und desinfizieren sich standardmäßig. "Und unsere Mitarbeiter sind auch sensibilisiert für dieses Thema", meint Dietrich. Eine Mitarbeiterin habe sogar den Südtirol-Urlaub abgesagt, als diese Region noch nicht Risikogebiet war. "Und wir haben auch Personalreserven, um eventuelle Ausfälle aufzufangen."
Grundsätzlich entspannt zeigt sich auch Peter Maurus, Geschäftsführer der Awo Neckar-Odenwald. Sowohl ambulant als auch stationär versorgen die Awo-Mitarbeiter pflegebedürftige Menschen. Mitarbeiter und Besucher seien die Schwachstellen für ein Pflegeheim. "Bei den Mitarbeitern ist natürlich abgeklärt, dass keiner in einem Risikogebiet in Urlaub war", sagt Maurus. Für die Mitarbeiter würden ohnehin "hohe Hygienestandards" gelten, die auch in Zeiten von Corona wirksam seien.
Bei Desinfektionsmittel und Schutzkleidung erwarte man aktuell keine Engpässe. Die Schutzmasken, die man zur Behandlung von Corona-Erkrankten brauche, hat die Awo aber nicht standardmäßig auf Lager. "Da müssen wir jetzt schauen, wie man darauf reagieren kann", erklärt Maurus noch. Der Geschäftsführer betont aber auch: "Hygiene und Handschutz sind bei uns Tagesgeschäft." Multiresistente Keime, Influenza und auch Erkältungskrankheiten gelte es nämlich jedes Jahr im Zaum zu halten.
Auch die Neckar-Odenwald-Kliniken haben sich auf die Behandlung von Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert sind, eingestellt: Am Standort Buchen gibt es eine Isolierstation, auf der infizierte Patienten behandelt werden können. "Mitarbeiter, die diese Patienten behandeln, sind durch besondere Schutzvorkehrungen geschützt. Dazu zählen beispielsweise Atemmasken und Schutzkleidung", erklärt Kliniken-Geschäftsführer Frank Hehn.
In den Kliniken gelten zudem geänderte Besuchsregelungen: "Pro Patient und Tag ist nur noch ein Besucher zugelassen. Besucher, die selbst unter Erkältungssymptomen oder Atemwegsbeschwerden leiden, sollten die Kliniken nicht betreten. Auch auf die Händedesinfektion bei Betreten und Verlassen der Klinik werden die Besucher hingewiesen", betont Hehn noch.



