Mosbach

Der Laden kommt ins Wohnzimmer

Holger Schwing will seine Kunden nun auf anderen Wegen erreichen und bietet digitale Beratung an.

11.02.2021 UPDATE: 12.02.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden
Holger Schwing zeigt während einer Online-Beratung ein Kleidungsstück. Trotz Lockdowns will man die Kunden beraten. Foto: S. Kern

Von Stephanie Kern

Mosbach. Lockdown und kein Ende in Sicht. Gastronomie, Friseure und der stationäre Einzelhandel ächzen unter den Lasten der Schließungen. In der vergangenen Woche hat der Einzelhandel auf seine Situation aufmerksam gemacht (wir berichteten). "Wir wollen aber auch zeigen, dass wir selbst etwas tun, um unsere Situation zu verbessern", berichtet Holger Schwing nun.

Schwing führt zwei Bekleidungsgeschäfte in der Mosbacher Innenstadt. Wenn er von ihnen spricht, sagt er "im Männerladen" oder "im Frauenladen". In beiden Läden ist im Moment (erzwungenermaßen) wenig los, ein paar Kunden bestellen zwar über Click & Collect, der ganz große Ansturm auf Kleidung bleibt aber aus.

"Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir unsere Kompetenzen während der Krise, aber auch darüber hinaus ins Digitale übersetzen können", sagt Schwing. Er steht vor einer im Laden aufgebauten Kamera, vor ihm ist ein großer Bildschirm zu sehen. Über diese Ausrüstung bringt Schwing seinen Laden seit Kurzem in die Wohnzimmer seiner Kunden. Nach Terminvereinbarung werden Beratungstermine angeboten. Einige Male wurde der Service schon genutzt.

"Unsere Kompetenzen sind die Vorselektion der Ware durch unseren Einkauf, unsere enge Bindung zu den Kunden, unsere Beratung und auch die Aufmachung unserer Läden", ist Schwing überzeugt. Im fürs Einkaufen so wichtigen Kontinuum zwischen Ware, Raum und Mensch sei man stark. Eine Stärke, die im Lockdown zur Schwäche wird – Begegnungen mit Menschen gibt es nicht, der Raum bleibt leer, die Ware liegen.

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Man habe die Krise nutzen wollen, um sich digital weiterzuentwicklen: Seit drei Jahren laufen Verwaltung und Warenprozesse digital. "Wir haben intern unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Schwing. Nach außen hin wurde im Oktober die App auf den Markt gebracht. Doch der erneute Lockdown kurz vor Weihnachten habe gezeigt: "Es bedarf noch mehr!" Deshalb wollte der Einzelhändler seine Kompetenzen mit den Möglichkeiten der Technik paaren.

Wer eine persönliche Beratung möchte, kann über E-Mail, Telefon, die Homepage oder die App Kontakt aufnehmen. Es wird dann ein Termin vereinbart, und dann wird über ein Zoom-Meeting beraten. Dafür werden vorher personalisierte Empfehlungen herausgesucht.

"Wie wir das machen, heben wir uns von der Konkurrenz ab", ist Schwing überzeugt. Er kann durch den Einsatz der Technik frei agieren, frei im Laden herumlaufen. "Wir erfinden das Rad nicht neu, aber wir wollen mit den Kunden in einer ähnlichen Form wie im Laden in Kontakt treten." Ein Aspekt, der sich dabei auftut: Die Leute zeigen, was sie schon haben, Schwing kann Teile auswählen, die dazu passen.

"Bei den Damen ist die Kleiderstange voller", berichtet der Unternehmer. Dort hat die Beratungssituation Wohnzimmercharakter, denn der Beratende macht es sich in einer Sitzgruppe bequem. "Wir haben festgestellt, es kommt sehr gut an", berichtet Schwing über die Resonanz der ersten Beratungsgespräche. "Wir glauben, wir haben so einen Weg gefunden, um bei den Kunden zu sein. Und wir wollen es auch für die Zukunft beibehalten."

Dass die neuen Wege dem Geschäftsmann auch Spaß bereiten, sieht man ihm an. "Jetzt müssen wir sehen, wie es funktioniert", sagt Schwing. Lockdown und kein Ende in Sicht. Aber zumindest ein bisschen Abwechslung ...

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