Was Mario Adorf mit Beethoven und Phil Collins verbindet
Am Donnerstag eröffnet das Stadtmuseum die Sonderausstellung "Ganz Ohr" - Vom Hörrohr zum Hightech-Chip

"Transistortaschengeräte habe ich noch erlebt", erinnert sich Andreas Beuchert (links) im Stadtmuseum in Mosbach. Dort ist ab morgen die Sonderausstellung "Ganz Ohr" zu sehen. Ein Thema, für das sich auch Museumsleiter Stefan Müller schnell begeisterte. Foto: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Mosbach. "Wir sind ein offenes Haus. Das ist eine perfekte Ausstellung für uns. Denn das Stadtmuseum will eine Plattform sein für Themen aus Mosbach." Man merkt Museumsleiter Stefan Müller seine Begeisterung für ein ungewöhnliches Ausstellungsthema an. "Ganz Ohr. Vom Hörrohr bis zum High-Tech-Chip", so überschreibt der Mosbacher Initiator Andreas Beuchert die Schau, die sogar mit historischen Exponaten aus Lübeck aufwarten kann und am morgigen Donnerstag um 18 Uhr im Rathaussaal eröffnet wird. Hierzu ist die interessierte Bevölkerung eingeladen.
"Die Sinne sind ein wichtiges Thema - von der Steinzeit bis heute. Das Hören hat eine kulturgeschichtliche Bedeutung", findet Stefan Müller. Wie "Meister Beuchert" auf die Idee für die Ausstellung kam, hat darüber hinaus persönliche Gründe: "Wir haben vor zwei Jahren 30. Jubiläum in Mosbach gefeiert, da fiel mir ein, wir könnten doch einmal zurückblicken auf die Geschichte des Hörgeräts. Ich bin ja auch so ein Nichtwegschmeißer und Aufheber."
Er habe damals "etwas blauäugig" im Museum angerufen. Daraus habe sich schnell eine "beidseitige Begeisterung für das Thema" entwickelt. Etwas mehr Zeit, als zunächst gedacht, haben dann die Vorarbeiten gedauert. Doch das Warten hat sich gelohnt, wie ein Blick in den gut gefüllten Sonderausstellungsraum zeigt. Neben Raritäten aus dem Beuchert’schen Keller kam eine große Sendung mit Leihgaben aus Lübeck. Dort sitzt die "Akademie für Hörakustik", bis heute ein zentraler Ausbildungsort für angehende Hörakustiker. Auch der junge Andreas Beuchert drückte dort die Schulbank. "Wir waren bundesweit der dritte Jahrgang überhaupt", erinnert sich der Experte an seine Ausbildungszeit, die im Jahr 1975 in einem Stuttgarter Betrieb begann.
Was zeigt, wie jung das Berufsbild ist. "Etwas mit Menschen machen und mit Technik." Diese Kombination ist es, die Beuchert bis heute an seinem Beruf schätzt. Vorbilder in dem Sinne habe er nicht gehabt. Immerhin arbeitete ein Onkel bei "Radio Beck". "Die hatten eine kleine Hörgeräteabteilung. Denn erst 1969 wurde der Beruf eigenständig."
Schon lange hat sich Andreas Beuchert zusammen mit seinem Bruder Stefan selbstständig gemacht. Mittlerweile betreibt "Meister Beuchert" Geschäfte an drei Standorten.
"Wir haben etwa 100 Exponate, jedoch sind die meisten recht klein", kommt Stefan Müller auf eine Besonderheit der Ausstellung zu sprechen. Auch wenn bereits die Menschen in prähistorischer Zeit erkannt haben mögen, dass sie den Schall besser einfangen können, wenn sie die Hand hinter das Ohr halten, das erste "echte" Hörgerät kann man schlecht datieren. Dass die Menschen bereits in früher Zeit die Gesetze der Akustik untersuchten, belegt Andreas Beuchert mit historischen Amphitheatern und alten Kirchen. Doch in der Hospitalgasse beginnt die Zeitreise mit Ludwig van Beethoven. Dem Komponisten und Musiker hat Johann Nepomuk Mälzel zwischen 1812 und 1814 mehrere Hörrohre angefertigt. Diese erreichen immerhin eine Schallverstärkung um bis zu 30 Dezibel - wie man in der Ausstellung praktisch ausprobieren kann - aber sie konnten nicht verhindern, dass der Komponist am Ende seines Lebens kaum mehr seine Werke hören konnte - und entsprechend verzweifelt war.
Ab 1680 gab es Hörrohre aus Tierhorn, später aus Metall. "Der nächste Schritt war die Erfindung des Telefons durch den Physiker Alexander Graham Bell." Ihm zu Ehren benannte man das Dezibel als Zehntelteil des Bel. Ein 1901 in den USA patentiertes Hörgerät wog stolze zwölf Kilogramm. Zu den ersten Nutzerinnen zählte die englische Königin Alexandra. Vom Tischgerät über Taschengeräte bis zur Hörbrille ging die technische Entwicklung, die zu immer kleineren und leistungsfähigeren Hörgeräten führte. "Heute haben wir einen Chip, der so klein wie drei Stecknadelköpfe ist und 60 Millionen Transistoren leistet." Doch es gehöre immer noch Mut dazu, sich offen zu seinem Hörgerät zu bekennen, wie dies Mario Adorf oder Phil Collins tun. Die Ausstellung kann vielleicht einen kleinen Beitrag zur "Normalität" leisten, hoffen die beiden Kuratoren.
Fi Info: Bei der Ausstellungseröffnung am morgigen Donnerstag um 18 Uhr im Rathausaal in Mosbach führt Andreas Beuchert ins Thema ein. Eva Sassenscheidt-Monninger setzt das Thema musikalisch um.



