Mosbach

Augen auf beim Porree-Kauf

Heinrich Del Core und 420 Gäste haben in der Alten Mälzerei "Glück g’habt". Schwäbische Grammatik trifft auf italienische Lebensfreude.

04.05.2022 UPDATE: 05.05.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden
„Ich habe keine Bücher und CDs“, erklärte Heinrich Del Core am Dienstagabend in der Alten Mälzerei. Stattdessen gab es als „Merch“ Einkaufsbeutel mit Lauch und Porree-Aufdruck sowie einen chinesischen Anti-Schnarch-Ring. Foto: Peter Lahr

Von Peter Lahr

Mosbach. "Was lange währt, wird endlich wahr", freute sich am Dienstagabend der schwäbisch-italienische Komiker Heinrich Del Core und schob gleich hinterher: "Ich hätte ja schon 2020 kommen sollen. Wer hat seitdem schon zweimal Geburtstag g’habt?" An diesem Abend lautete das Motto "Glück g’habt", und passend dazu lächelte ein rosiges Glücksschwein vom Bühnenhintergrund der Alten Mälzerei. 420 gut gelaunte Gäste erlebten den Herrn der roten Schuhe in skurril überdrehten Alltagssituationen. Mitunter gab es Abstecher in die hohe Kunst der schwäbischen Grammatik – Stichwort "Onomatopoesie" – oder zu den dunkelsten Orten des Schreckens, als da wären ein Krankenhaus, eine Zahnarztpraxis oder ein Schlafzimmer mit schnarchendem Partner/Partnerin.

"Ich erzähl’ Geschichten aus meinem Leben", fasste Del Core seine Methode knapp zusammen. Dass der Mundschutz auch Vorteile gehabt habe, demonstrierte er an gleich zwei übereinander getragenen roten Masken: "Sie können die Zähne zu Hause lassen." "Man muss sich nicht schminken", ergänzte eine Zuschauerin in der zweiten Reihe. Dass er während Corona sogar vor Autos auftrat, habe ihn tiefgreifend verändert, so Del Core. Autotürengeklapper und Gehupe anstelle von Applaus zeigten bis heute erstaunliche Spätfolgen: "Wenn jemand an der Ampel hinter mir hupt, steige ich aus, verbeuge mich und gebe dem Fahrer ein Autogramm."

Nicht minder witzig beschrieb der Komiker auch seine Herkunft: "Mein Vater ist Italiener, meine Mutter ein Rottweiler. Nein, biologisch geht des net. Italiener sind kleiner als Rottweiler." Folgerichtig pulse in seinen Adern zur Hälfte italienisches Blut, also "60 Prozent zu 60 Prozent". Da lacht Adam Riese. Aber der hat ja auch nicht so viel Glück g’habt wie Heinrich und seine Gäste. Auf Italienisch heißt Glück "felicità" – "Das ist nicht die Frau von Al Bano."

Weiter ging es vom wichtigen Glückstiming zum richtigen Glücksort: "Dialekt find’ ich unheimlich schön, da hab’ ich Glück g’habt in Rottweil." Denn Schwäbisch verfüge über die meisten Schimpfwörter: Seggel, Trieler, Bruddler oder Daggel. Dazu auch gleich noch die Steigerung: Halbdaggel und Grasdaggel. Wenn der Schoofseggel ein Synonym für das Geschlechtsteil eines Schafbocks sei, sei dann ein Muggeseggel das Geschlechtsteil einer Fliege? Oder der Schwobeseggel ein Schnäpperle? Wer weiß ...?

Mit dem "Bruddler" betrat Heinrich Del Core das Reich der Onomatopoesie, also der Lautmalerei. Da sei Tirilitirila "irgendwas mit Vögeln" und das zustimmende "Hajowa" lasse sich bestens aufblähen zu "Hajowa freilich dahanne, woisch?" Seitenbacher lässt grüßen. Über die Relativsätze, universell mit "wo" eingeleitet, ging es schnurstracks ins Kaufland. Hier durfte der Technik-affine Del Core die Folgen seines Handywahns ausbaden: Die Frau schickte ihn spontan von unterwegs zum Einkaufen. Der "Schatz im Silbersee" irrte verzweifelt durch die Regale und strandete an der Gemüsetheke. Porree sehe zwar exakt so aus wie Lauch, aber ob das auch seine Frau so sehe?

Nur kurz versprach der Gang in die Sauna Entspannung. Erst ein behaarter Mann, dann eine starrende Frau und schließlich die schmerzvolle Kollision mit einer tibetischen Klangschale sorgten für unschöne Momente. Nicht einmal der Familienurlaub mit drei wunderbaren erwachsenen Kindern ging ohne Komplikationen über die Bühne. In der letzten Nacht in Mexiko stand plötzlich ein Einbrecher im Schlafzimmer. Mit der heimischen Bewegungskamera wäre das sicher nicht passiert! Ansonsten standen dem Glück nur noch üble Propofol-Träume bei der Darmspiegelung oder gar ein sadistischer Dentist im Weg.

Bei der Zugabe plauderte Del Core gewissermaßen aus dem Nähkästchen, arbeitete er doch zehn Jahre als Zahntechniker, bevor er die Seiten wechselte und auf die Bühne ging. Zwei Tipps zum Schluss gab es in Reimen: "Das Glück ist ein scheues Tier, und das Glück kommt nicht beim Porree-Kauf."

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