Miltenberg

Nicht Fledermaus, sondern Mensch ist "Problemtier"

Ehrenamtliche Schützer trafen sich - Heimische Arten sind geschützt - Warnung vor gefährlicher Tollwut

17.06.2019 UPDATE: 18.06.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 11 Sekunden

Mausohrfledermäuse leben in sogenannten Kolonien zusammen. In Mitteleuropa wohnen in seltenen Fällen bis zu 5000 Tiere zusammen.

Miltenberg. (RNZ) Artenschutz und Artenvielfalt bewegen zunehmend die Bevölkerung - spätestens seit dem Volksbegehren "Artenvielfalt", das in Bayern gezeigt hat, dass Bürger einen Wandel wollen und dafür Verantwortung übernehmen. Nicht nur die Naturschutzbehörden, sondern auch im Artenschutz ehrenamtlich Tätige sind gefordert. Aus diesem Grund haben sich in Miltenberg 15 ehrenamtliche Fledermausschützer auch aus benachbarten Landkreisen getroffen.

Claudia Beyer von der Höheren Naturschutzbehörde der Regierung von Unterfranken erläuterte zunächst Rechtsgrundlagen des Artenschutzes. Alle heimischen Fledermäuse gehören nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders und streng geschützten Tierarten. Geschützt sind aber auch deren Lebensstätten - sowohl die Sommer- als auch die Winterquartiere.

Dies können historische und moderne Gebäude, aber auch Brücken, Tunnels, Keller, Höhlen und unterschiedliche Biotopbäume im Wald sein. Für lebende und tote Tiere gilt das Besitz- und Vermarktungsverbot. Falls tote oder verletzte Fledermäuse gefunden werden, ist dies der Unteren Naturschutzbehörde zu melden.

Zu Fledermauspflege referierte Thomas Bormann vom Netzwerk Fledermausschutz Untermain. Wegen der gefährlichen Fledermaustollwut sei ein Schutz der Ehrenamtlichen unumgänglich, sagte er. Dazu gehören die Tollwutimpfung und Handschuhe, sofern die Tiere angefasst werden müssen. Tiere sollten aber ohne Grund nicht berührt werden. Falls die Fledermäuse einen Menschen beißen, sollten die Stelle abgewaschen und desinfiziert sowie ein Arzt aufgesucht werden, sagte Bormann, der auch verletzte Jung- und Alttiere aufnimmt.

Das Bundesnaturschutzgesetz lässt die vorübergehende Aufnahme hilfloser Fledermäuse zu. Diese werden so lange gepflegt, bis die Verletzungen ausgeheilt sind und die Tiere in der Lage sind, sich selbst zu ernähren. Dann werden sie wieder in die Freiheit entlassen. Bei Jungtieren sei die Pflege laut Bormann schon aufgrund der geringen Größe nicht einfach.

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Matthias Hammer von der Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern referierte über die Biologie und Lebensweise von Fledermäusen. Aus seiner Sicht ist nicht die Fledermaus, sondern der Mensch das "Problemtier". Denn: Nicht die Tiere verursachen große Probleme, vielmehr sieht der Mensch in der Aktivität der Fledermäuse ein Problem.

Fledermäuse sind Kulturfolger, so dass sie auch genutzte Gebäude besiedeln. Die Tiere sind laut Hammer "wertkonservativ" und besiedeln die Sommerquartiere, in denen sie geboren wurden, und nutzen immer die gleichen Einflugöffnungen.

Hammer ging zudem auf die Arten und deren Bestimmung ein. So wiegt die Zwergfledermaus, eine der kleinsten heimischen Fledermäuse, nur fünf Gramm - etwa das Gewicht eines Zwei-Euro-Stücks. Fledermäuse orientieren sich mit Ultraschallrufen. Durch die Reflexion von Hindernissen in einer Entfernung von fünf bis 20 Meter können sie sich im Gelände zurechtfinden. Wichtig für den Erhalt der Fledermäuse ist der Quartierschutz. "Dazu muss man mit den Leuten reden, sie überzeugen und nicht mit Sanktionen drohen", sagt Hammer.

Auswirkungen des Insektensterbens auf Fledermäuse seien noch nicht feststellbar, beantwortete der Fachmann eine Frage. Bayernweit gebe es eine leichte Zunahme der Arten seit Bestehen der Koordinationsstelle, auch die Populationen hätten zugenommen. Als Erklärung könne die Lebensweise der Fledermäuse dienen. Sie jagen laut Hammer überwiegend im Wald, am Waldrand und an Hecken nach Insekten. Dies sind Biotope, an denen sich im Gegensatz zur Agrarlandschaft noch Insekten aufhalten.

Ort des Geschehens

Zum anderen haben Fledermäuse im Gegensatz zu den meisten Brutvögeln, die besonders unter dem Insektensterben leiden, einen größeren Aktionsradius und können sich weiter entfernte Nahrungshabitate erschließen. Außerdem sind sie Nahrungsopportunisten und nicht auf bestimmte Insekten - mit wenigen Ausnahmen - spezialisiert. Auch habe die Aufgeschlossenheit der Quartierbesitzer zugenommen, so dass eine störungsfreie Aufzucht der Jungen möglich ist.

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