Krankenhaus Hardheim

"Es war ein Neustart am Tiefpunkt"

Altbürgermeister Fouquet und Verwaltungsleiter Schön erinnern an die trostlose Situation des Krankenhauses vor 20 Jahren

27.06.2019 UPDATE: 28.06.2019 06:00 Uhr 4 Minuten

Fototermin nach der Baustellenbesichtigung: Altbürgermeister Heribert Fouquet (l.) und Verwaltungsleiter Ludwig Schön blicken im Gespräch mit der RNZ auf die Situation des Krankenhauses zurück und beleuchten die seitherige Entwicklung. Foto: Rüdiger Busch

Von Rüdiger Busch

Hardheim. Wenn am Sonntag der Erweiterungsbau des Hardheimer Krankenhauses mit einem Festakt und einem Tag der offenen Tür seiner Bestimmung übergeben wird, findet eine Entwicklung ihren Abschluss, die vor genau 20 Jahren begonnen hat. Damals stand das Haus kurz vor der Schließung, der bauliche Zustand war katastrophal, die wirtschaftliche Situation besorgniserregend. Im Gespräch mit der RNZ erinnern Altbürgermeister Heribert Fouquet (68 Jahre alt) und Verwaltungsleiter Ludwig Schön (64) an die damaligen Gegebenheiten und beleuchten, was sich seither alles getan hat.

Herr Fouquet, wie war es 1999 um das Hardheimer Krankenhaus bestellt?

Fouquet: Da muss ich etwas ausholen: Ich wurde Ende 1998 Vorsitzender des Krankenhausverbandes. Das Thema war mir nicht neu, schließlich war ich zuvor fünf Jahre als Verwaltungsleiter einer Kurklinik in Bad Mergentheim tätig. Als ich aber das erste Mal ins Hardheimer Krankenhaus kam, bot sich mir ein düsteres Bild, und das wortwörtlich: Auf den Fluren war eine dermaßen schummrige Beleuchtung, dass man Zustände bekommen konnte. Auch auf der ärztlichen Seite gab es wenig Hoffnungsfrohes: Versprechungen des leitenden Arztes Dr. Ralf Matkowitz, für eine bessere Auslastung und damit eine bessere wirtschaftliche Situation zu sorgen, erfüllten sich nicht. Er löste zwar mit seiner minimalinvasiven Schlüssellochchirurgie einen kurzzeitigen Aufschwung aus. Jedoch lag der Bereich der traumatologischen Operationen darnieder. Zudem war die Position des Verwalters seit dem Weggang von Udo Mayer schon rund ein Jahr verwaist.

Dann drohte dem Haus auch noch die Schließung.

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Fouquet: Ja, das Aus stand damals im Raum. In einer Grundsatzentscheidung sprach sich der Gemeinderat für den Erhalt aus. Stattdessen verzichtete man auf die Renovierung des bereits stillgelegten Schwimmbades, für das hohe Förderzusagen vorlagen. Im Vorfeld hatte es eine Unterschriftenaktion zum Erhalt des Krankenhauses gegeben. Aus dieser Initiative heraus ist dann später der Förderverein entstanden. Daneben gab es auch noch Befürworter für eine Privatisierung und auch viele "ungefragte Krankenhausretter". Aus all diesen Vorschlägen galt es nun, den erfolgversprechendsten zu ergreifen. Mir war klar, dass als Erstes ein fähiger Verwalter gefunden werden musste.

Sie fanden ihn in den eigenen Reihen.

Fouquet: Beim Blick auf die Gesamtsituation war es fast aussichtslos, die Stelle auszuschreiben. Dann kam mir zu Ohren, dass der frühere Verwalter Erich Erbacher, der das Krankenhaus erfolgreich weiterentwickelt hatte, damals von der Gemeinde gekommen war. Da fiel mir spontan mein Kämmerer Ludwig Schön ein, ein gewiefter Macher, der von seiner Tätigkeit bei der Gemeinde fast etwas unterfordert schien. Außerdem war er am Gemeindeleben sehr interessiert und engagiert, weshalb ihm die Zukunft des Krankenhauses eigentlich nicht gleichgültig sein konnte.

Sie haben also sofort ja gesagt, Herr Schön?

Schön: Nein, eine Nacht Bedenkzeit habe ich schon gebraucht. Heute kann ich zwar sagen, dass ich den Schritt nie bereut habe. Aber beim ersten Besuch am neuen Arbeitsplatz hatte ich große Zweifel: Bin ich hier richtig? Man kann sich heute kaum noch vorstellen, wie es damals hier ausgesehen hat. Fast alles war marode, in die Jahre gekommen und unansehnlich. Zur baulichen Situation kam die Ungewissheit über die Zukunft. Es war ein Neustart am Tiefpunkt.

Was waren dann die ersten Schritte?

Schön: Am Anfang stand der Mut des damals neuen Bürgermeisters Fouquet und des Gemeinderats zu sagen: "Wir versuchen es!" Alles Weitere kam Zug um Zug: Wir mussten neue Ärzte ans Haus holen und es gleichzeitig baulich auf Vordermann bringen. Wir haben die erste Station geschlossen, um Platz für die Ansiedlung der internistischen Praxis Dr. Bockelmann/Dr. Mövius zu schaffen, und die übrigen Stationen saniert. Zudem haben wir schnell entschieden, dass die bis dahin im Bauhof untergebrachte Rettungswache ans Krankenhaus umziehen muss. Wir haben unser ärztliches Konzept umgesetzt, und wir haben fast jedes Jahr eine neue Baumaßnahme in Angriff genommen. Ganz entscheidend dabei war die Neuordnung des Krankenhausverbandes. Statt zuvor 65 trug Hardheim plötzlich 97 Prozent der Verluste. Dadurch hatten wir die notwendige Handlungsfreiheit bei den gewaltigen Investitionen, die nötig waren.

Fouquet: Wertvolle Unterstützung erfuhren wir auf diesem Weg ab 2001 durch den Förderverein, der uns mit Spenden (insgesamt rund 680.000 Euro, Anm. d. Red.) und durch sein politisches Gewicht stärkt. Persönlichkeiten wie Dr. Jürgen Frank oder Hubert Erich und Fritz-Peter Schwarz waren und sind Aushängeschilder für unser Haus.

Wie hat es sich bemerkbar gemacht, dass Sie auf dem richtigen Weg sind?

Fouquet: Wir haben beispielsweise bei Gesprächen im Ministerium in Stuttgart gespürt, dass wir wieder ernst genommen wurden. Wo uns gestern noch mit der Streichung aus dem Krankenhausbedarfsplan gedroht wurde, erhielten wir plötzlich Zuschüsse für Bauvorhaben. Hier muss auf jeden Fall der Einsatz von Minister Peter Hauk erwähnt werden. Ebenso war bei den Pflegesatzverhandlungen mit den Krankenkassen ein gewisses Wohlwollen uns gegenüber spürbar. Diese setzten also ebenso Vertrauen in unsere Arbeit.

Wenn Sie sich das Krankenhaus heute ansehen: War diese Entwicklung für Sie vor 20 Jahren vorstellbar?

Fouquet: Nein, damals war der Erhalt des Hauses das primäre Ziel. Wir sind viel weiter, als wir uns damals hätten vorstellen können.

Schön: Es gab schon eine Vision, wie das Krankenhaus einmal aussehen könnte. In vielen kleinen Schritten haben wir uns dieser Vision angenähert. Dabei darf man nicht vergessen, dass dies ohne die engagierten Mitarbeiter und die Ärzte, ohne die Unterstützung des Gemeinderats und der Politik und ohne die Patienten, die das Haus angenommen haben, nie funktioniert hätte.

Kann die positive Entwicklung auf Dauer anhalten?

Fouquet: Ja, ich glaube fest daran. Wir haben uns vom Problemfall zum Vorzeigehaus entwickelt. Zudem wurden jetzt auch personell wichtige Weichen gestellt: Als Nachfolger von Herrn Schön übernimmt Lothar Beger im kommenden Jahr ein gut aufgestelltes Haus. Ich bin sicher, dass das Erfolgsrezept "vom Rathaus ans Krankenhaus" ein drittes Mal funktionieren wird.

Schön: Wir dürfen uns aber nicht auf den Erfolgen ausruhen. Angesichts des Kostendrucks im Gesundheitswesen bleibt es eine Daueraufgabe, das Krankenhaus fit für die Zukunft zu machen.

Fouquet: Apropos Ärzte: Wie schwierig es einmal werden würde, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen, war vor 20 Jahren noch nicht absehbar. Auch in dieser Hinsicht ist das Krankenhaus ein Segen für Hardheim und die Region.

Schön: Wenn wir das Krankenhaus nicht hätten, wäre in Hardheim nicht annähernd so ein breites ärztliches Angebot vorhanden.

Was war aus Ihrer Sicht entscheidend für die erfolgreiche Entwicklung?

Fouquet: Die Berufung von Ludwig Schön zum Krankenhausverwalter!

Schön (lacht): Dass mir die Bürgermeister immer freie Hand gelassen haben und die Gemeinderäte den Weg mitgegangen sind.

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