Nicht jeder sieht im "urbanen Dorf" eine "Riesenchance"
Der Gemeinderat hatte reichlich bauliche Angelegenheiten zu beraten. Es gab zahlreiche Weichenstellungen vor der Sommerpause.

Von Heiko Schattauer
Mosbach. Zukunft kann man bauen – das hat sich die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach mit Blick auf das Projekt Baukompetenzzentrum auf die Fahnen geschrieben. Aber Zukunft muss man auch planen – und das tat der Gemeinderat Mosbach in jüngster Sitzung gleich mehrfach. Unter dem Tagesordnungspunkt "Bebauungspläne" fanden sich noch einmal sechs Einzelthemen, vom Aufstellungs- über den Satzungs- bis hin zum Feststellungsbeschluss.
Vor den Bauangelegenheiten ging’s aber zunächst um ein anderes Zukunftsthema: Zu beraten war über die Neufestsetzung der Elternbeiträge für den städtischen Kindergarten Waldsteige. Der Gemeinderat stimmte hier einmütig dafür, der gemeinsamen Empfehlung der kommunalen Spitzenverbände und kirchlichen Vertretungen Baden-Württembergs zur Anpassung der Elternbeiträge (2,9 Prozent) zu folgen – und die Gebühren entsprechend anzupassen. So sind ab dem Kindergartenjahr 2021/22 für ein Erstkind in einer Gruppe mit verlängerter Öffnungszeit statt bisher 117 nun 120 Euro pro Monat zu entrichten, das zweite Kind kostet 82 statt 80 Euro/Monat. In einer Gruppe mit Ganztagsbetreuung erhöht sich der Beitrag für das Erstkind von 186 auf 191/Monat, bei Zweitkindern steigt die Gebühr von 121 auf 125 Euro.
Nach den Kindergärten waren die Schulen an der Reihe: Ebenfalls einstimmig beschloss der Gemeinderat die von der Verwaltung vorgeschlagene "Ausstattungsstrategie" für Raumluftreinigungsgeräte an den Schulen im Stadtgebiet. Danach sollen alle 78 Klassenräume der Klassenstufen 1 bis 6 in den zwölf städtischen Schulen mit entsprechenden Komponenten (Raumluftreinigungsgeräte und/oder CO2-Sensoren) ausgestattet werden. Unter Zugrundelegung von Kosten von rund 2000 Euro pro Klassenraum ergibt sich ein finanzieller Aufwand von 156.000 Euro. Kommt die Landesförderung wie angekündigt, verblieben etwa 78.000 Euro an Kosten für die Stadt, erläuterte Oberbürgermeister Michael Jann, den der Stadtrat wiederum zu einer (möglichst zeitnahen) Auftragsvergabe ermächtigte. Die Klassenstufen 1 bis 6 seien deshalb im Fokus, da ab einem Alter von zwölf Jahren Impfungen möglich seien, so Jann.
Den Reigen der Bebauungspläne eröffnete der OB alsdann mit dem Vorhaben "Urbanes Dorf". Das soll auf dem Areal der seit Jahresende 2020 geschlossenen Gärtnerei Kottal an der Herrenwiesenstraße in Neckarelz entstehen. Im Gemeinderat stellte Architekt Hans Drexler von DGJ Architekten (Frankfurt) die ersten Planungen dazu vor. Gemeinsam mit dem Investor Deutsche Wohnwerte (Heidelberg) wolle man auf dem rund 1,2 Hektar großen Areal eine Bebauung entwickeln, die einerseits die Bedürfnisse der Bewohner bediene, andererseits aber vor allem auch das "wunderschöne Stück Land" mit viel Grün und Gemeinschaftsflächen erhalte. Erfüllen will man diese Vorgabe mit Einzelhäusern in zwei Größen (133 und 180 qm), Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Coworking-Spaces) und zentralen Parkflächen, die man "im Idealfall" in Form einer Tiefgarage realisieren will, so der Architekt.
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"Das ist eine Riesenchance", befand OB Jann nach Präsentation und Beantwortung einiger Fragen aus den Reihen des Gremiums. Schließlich könne man nicht jeden Tag ein Areal von 1,2 Hektar mitten in der Stadt und in Tallage für eine (Neu-)Bebauung überplanen. Dass es nun eine "innovative Bebauung" fernab des Standards werden könnte – für Michael Jann ein echter "Glücksfall". Auch wenn man zum jetzigen Zeitpunkt lediglich eine "idealtypische Vorstellung" sehe, die natürlich noch Dialog und Schärfung brauche, meinte der OB.
Der Gemeinderat sah das mehrheitlich ähnlich, drei Stadträte stimmten allerdings gegen den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan "Herrenwiesenstraße Nr. 2.40". GR Frank Heuß begründete seine Ablehnung vorab: Er hätte lieber einen "solidarisch organisierten Bauträger" wie das Familienheim Mosbach als Entwickler gesehen, um auch für Menschen mit geringe(re)m Einkommen neuen Wohnraum zu schaffen.
Ebenfalls drei Gegenstimmen (und zwei Enthaltungen) gab es bei der Abstimmung zur Teiländerung des Bebauungsplans "Oberer Geisberg, 2. Änderung, Nr. 3.04 B". Das dortige Bauvorhaben hat sowohl den Technischen Ausschuss als auch den Gemeinderat schon mehrfach beschäftigt; auch an Ort und Stelle haben sich die Entscheider schon ein eigenes Bild gemacht. Die topografischen Gegebenheiten sorgen hier zwar für eine "schwierige Bebauung" (OB Jann), die der Vorhabensträger in Form eines Mehrfamilienhauses mit vier Wohneinheiten dennoch angehen will – und der Gemeinderat mehrheitlich befürwortete. Seine Nein-Stimme begründete GR Udo Fütterer (Grüne) mit dem Dilemma, dass für die positiv zu wertende Schaffung von Wohnraum ein Birkenwäldchen gerodet werden muss. "Und das lässt sich eben nicht positiv kommunizieren", so Fütterer. Die Untere Forstbehörde hatte indes keine Einwände, wie OB Jann diesbezüglich ergänzte.
Keine Einwände hatte der Gemeinderat hingegen beim Bebauungsplan "Flugplatz Lohrbach, Nr. 4.02 D". Der soll die dort bestehenden drei Teil-Bebauungspläne zu einem zusammenfassen, zudem als Basis für die Bewerbung als Standort für die Stationierung eines Rettungshubschraubers dienen.
Planungsrechtlich nahezu durch ist man inzwischen bei der Neuentwicklung des ehemaligen Autohausareals an der B27. Einstimmig votierte der Gemeinderat hier für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags zur Umgestaltung der Zufahrt. Und für den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan "Neckarelzer Str. II, Nr. 176". Der wiederum ist Grundlage für die Errichtung eines neuen Gebäudeensembles durch die Fa. Schoofs, in dem ca. 45 Wohnungen und ein Lebensmittel-Vollsortimenter Platz finden sollen.
Größere Bauarbeiten – allerdings sanierender Art – stehen auch in Lohrbach an. Dort soll unter Regie des Regierungspräsidiums die Fahrbahndecke der Kurfürstenstraße (Ortsdurchfahrt) erneuert werden. Diese Maßnahme nutzt die Stadt, um schadhafte Kanäle zu sanieren und insgesamt fünf Bushaltestellen barrierefrei umzubauen. Dazu werde man in zwei Bauabschnitten und über insgesamt zehn Monate an der Landesstraße modernisierend aktiv werden, wie Nanke Grißtede aus der Tiefbauabteilung der Stadt erläuterte. Die Kosten für die umfangreichen Arbeiten bezifferte er auf rund 850.000 Euro, wovon aber rund 460.000 Euro auf das Regierungspräsidium entfallen. Beginn des ersten Bauabschnitts soll noch im laufenden Jahr sein; aufgrund der "Vielzahl an Punktaufgrabungen" sei eine Vollsperrung unumgänglich, so Grißtede.