So geht es den Bienen (nicht nur) in Mosbach (plus Video)
Siegfried Göltl sorgt sich, weil es immer weniger Blüten für seine Bienen gibt - Die Stadt versucht mit "Blühinseln" abzuhelfen

Von Selma Badawi
Mosbach. Jeden dritten Bissen unserer Nahrung verdanken wir den Bienen. Würden sie keine Blüten bestäuben, gebe es weniger Früchte, weniger Tierfutter, weniger Lebensmittel. "Wir brauchen die Bienen zum Leben", bekräftigt Siegfried Göltl aus Mosbach. Er hat 20 Bienenvölker, deren Stöcke am Ortsrand von Neckarelz liegen. Seit über 30 Jahren widmet der Imker ihnen seine Freizeit. Wie fast alle der 140.000 Imker in Deutschland, produziert er seinen Honig privat. Doch auch wenn er beruflich in der Kommunalverwaltung der Stadt Heilbronn arbeitet, sind seine Bienen für ihn mehr als ein Hobby.
Göltl hat sich im Laufe der Jahre ein umfangreiches Wissen über die Tiere angeeignet. Dass Bienen heute eine bedrohte Tierart sind, kommt für ihn nicht von ungefähr. Er beobachtet schon lange, wie die Natur an Blumenwiesen abnimmt und an Agrarflächen dazugewinnt. Die Landwirtschaft bringe seit einigen Jahrzehnten immer weniger Blüten hervor, sodass die Honigbienen es heute kaum über den Winter schafften, sagt der 60-Jährige. "Gäbe es uns Imker nicht, die diese "Notzeit" mit Futter überbrücken, so wäre es um die Honigbiene schon im Frühjahr geschehen."
Göltl registriert, dass es auch in Mosbach immer weniger blüht. Seit der Flurbereinigungen reiht sich Acker an Acker im Landkreis. Die angebauten Monokulturen, etwa Mais oder Raps, blühen nur wenige Monate im Jahr. Für Bienen wird das Zeitfenster knapp, in dem es reichlich Nahrung gibt. Bereits im Hochsommer nimmt das Blütenangebot stark ab. Außerdem mähen viele Landwirte vor der Hauptblühte ihre Felder mehrmals, um Tierfutter zu gewinnen. Dann verlieren die Bienen von einem Tag auf den anderen ihre Nahrungsquellen. Imker Göltl macht einen Vergleich: "Man stelle sich vor, der Mensch würde ohne Wasser von jetzt auf nachher mitten in die Wüste ohne Wasser versetzt werden. Wie lange würden wir überleben?"
Die Situation ist alarmierend. Doch laut Andreas Sigmund, dem Geschäftsführer Kreisbauernverbandes Neckar-Odenwald, lenkt die Landwirtschaft bereits tatkräftig gegen: "Im Gebiet des Neckar-Odenwald-Kreises wurden in diesem Jahr etwa 2600 Hektar Blühäcker auf den Feldern angelegt, die für Insekten und Vögel sehr wertvoll sind. Dort finden sie Samen und Nahrung im Überfluss. Die Flächen sind jetzt noch bewachsen und es blühen sogar noch gewisse Pflanzen." Sigmund betont, dass der Neckar-Odenwald-Kreis Spitzenreiter beim Anbau dieser insektenfreundlichen Blühflächen in Baden-Württemberg sei.
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Doch jenseits der Felder besteht noch ein anderes Problem. Es mangelt auch an Blühflächen im Stadtgebiet. Die Stadt Mosbach lässt Böschungen und Wegränder, an denen blühende Pflanzen wachsen, regelmäßig abmähen. Die Straßen müssen geräumt sein und freie Sicht bieten. Imker Göltl findet trotzdem, dass drei Mal im Jahr "rigoroses Abrasieren" zu viel sei: "Würde man die Mäharbeiten auf ein einziges Mal im Herbst reduzieren, könnte eine Menge Geld bei Kommunen und Landkreis gespart werden. Das wäre Artenschutz der schnell und kostengünstig umgesetzt werden könnte."
Um sich ihrerseits im Naturschutz zu engagieren, hat die Stadtverwaltung "Blühinseln" in Mosbach eingerichtet. Das sind kleine Grünflächen, die dicht mit vielen Blumenarten besiedelt sind. Da diese jedoch außerhalb des Flugradius vieler Bienen liegen, sind sie oft keine große Hilfe. Zumindest nicht für Göltls Bienen, die am Rand von Neckarelz beheimatet sind. Der Hobbyimker sagt: "Die Blumeninseln wurden mit hohen Kosten und Landeszuschüssen angelegt, zum Beispiel vor dem Bahnhof in Neckarelz. Aber sie sind ein Tropfen auf dem heißen Stein und eher ein schöner Farbtupfer für das Auge."
Die Umweltbeauftragte der Stadt Mosbach bestätigt, dass Blumeninseln allein die Bienen nicht retten werden. Das Projekt, das im Rahmen des Umweltprogramms "Naturnah dran" unter Koordination des Naturschutzbundes (Nabu) Baden-Württemberg und dem Land entstand, sieht Petra Birkefeld viel mehr als einen Anstoß: "Man muss sehen, wie die Finanzierung funktioniert, wie die praktische Umsetzung läuft. Die Erfolge bei diesem Experiment muss man dann wahrscheinlich auf andere Flächen übertragen."
Doch die Umweltbeauftragte bedauert, dass komplexe Strukturen in der Verwaltung, geteilte Zuständigkeiten der Behörden und auseinandergehende Interessen den Naturschutz in Mosbach behinderten. Es seien gerade einige Bürger, die sich über ungemähte Grünflächen vor ihrem Haus und über wuchernde Gewächse an Gehsteigen beschwerten.
Siegfried Göltl weiß, dass es in Umweltfragen schwierig ist, alle Stimmen zu hören. Deshalb wollte er einen ämterübergreifenden "Runden Tisch" ins Leben rufen. Die Stadt Mosbach, das Landwirtschaftsamt und das Landratsamt sollten sich zusammensetzen, um ein effizientes Öko-Konzept zu entwickeln. Doch bisher blieb sein Vorschlag bei der Stadt ohne Resonanz. Da die Umweltabteilung nur bedingt handlungsfähig ist, kann sie ihn nicht so unterstützen, wie er es sich wünscht.
Der Oberbürgermeister habe keine Nachfrage nach einem "Runden Tisch" erhalten, so die Pressestelle Mosbach. Wo genau die Kommunikation versagte, weiß keiner. Imker Göltl bezweifelt, dass sein Anliegen irgendwann gehört wird. Doch er ist froh, dass er einen guten Draht zu seinen Kindern hat. Seine Tochter (23) und sein Sohn (21) werden sich auch in Zukunft um Göltls Bienen kümmern.