Wenn Visionen Form annehmen (plus Fotogalerie)
Bei der Firma Cadolto in Thüringen entstehen gerade 25 Raummodule für die Erweiterung des Hardheimer Krankenhauses

Eine Hardheimer Delegation überzeugte sich bei einem Besuch im Cadolto-Werk in Thüringen vom Fortgang der Arbeiten. Dort entstehen 25 Raummodule für die Erweiterung des Hardheimer Krankenhauses. Fotos: Rüdiger Busch
Von Rüdiger Busch
Hardheim/Krölpa. "Ich bin bin beeindruckt: Unser Visionen, unsere Pläne nehmen auf eindrucksvolle Weise Form an." So wie Bürgermeister Volker Rohm ging es am Montag allen Teilnehmern der Hardheimer Delegation, die ins thüringische Krölpa (Saale-Orla-Kreis, bei Pößneck) gereist war, um sich vor Ort vom Baufortschritt der dort angefertigten Raummodule für die Erweiterung des Hardheimer Krankenhauses zu überzeugen. Der Besuch des Zweigwerks der Cadolto Modulbau GmbH lohnte sich gleich mehrfach: So haben die Verantwortlichen nun die Gewissheit, dass die einzelnen Raummodule in höchster Qualität gefertigt werden. Zudem bot die Exkursion informative und zugleich verblüffende Einblicke in diese moderne, zukunftsträchtige Form des Bauens.
Neben Bürgermeister Rohm und Verwaltungsleiter Schön nahmen Pflegedienstleiterin Karina Paul, Technischer Leiter Peter Weniger, Fritz-Peter Schwarz als Vorsitzender des Fördervereins "Unser Krankenhaus" und Gemeinderat Klaus Kreßner an der Informationsfahrt teil. Empfangen wurde die Hardheimer Delegation von Cadolto-Geschäftsführer Henning Schrewe, Peter Scheifele (Leiter Unternehmenskommunikation), Projektleiter Thomas Hertel und Standortleiter Achim Siebert.
Henning Schrewe stellte eingangs die Vorzüge der Modulbauweise heraus: Die einzelnen Elemente können wetterunabhängig in der Halle vorgefertigt werden. Ein in der industriellen Gebäudefabrikation einmaliger Vorfertigungsgrad ermögliche eine besonders kurze Bauzeit und eine hohe Qualität. Hinzu kommen deutlich geringere Baustellenemissionen und nur minimale Beeinträchtigungen des Krankenhausbetriebs. Diese Argumente haben auch in Hardheim überzeugt: "Ich habe das System erstmals bei einer Tagung gesehen und war von Anfang an begeistert", berichtet Ludwig Schön.
Hintergrund
HINTERGRUND
> Die heutige Cadolto Modulbau GmbH wurde 1890 in Cadolzburg bei Nürnberg gegründet. Am Stammsitz und im thüringischen Krölpa beschäftigt das Unternehmen 350 Mitarbeiter und erwirtschaftet rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz, darunter
HINTERGRUND
> Die heutige Cadolto Modulbau GmbH wurde 1890 in Cadolzburg bei Nürnberg gegründet. Am Stammsitz und im thüringischen Krölpa beschäftigt das Unternehmen 350 Mitarbeiter und erwirtschaftet rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz, darunter 50 Prozent aus dem Export. Seit diesem Jahr gehört das zuvor inhabergeführte Unternehmen zur Zechbau GmbH (Bremen).
> Gegründet als Wagnerei entwickelte sich Cadolto stetig fort. So gehörte das Unternehmen 1937 zu den Miterfindern des Bauwagens. Seit 1972 werden Raummodule produziert. 1986 wurde eine Hochgebirgsklinik für Davos gebaut - der Einstieg in den Bereich Medizintechnik, wo Cadolto heute mit über 50 Prozent Marktanteil in Deutschland Marktführer ist. Die Raummodule werden heute - neben der Medizin - vor allem in den Bereichen Bürogebäude, Bildung, Wohnen (Mikroapartments), Rechenzentren sowie Funk- und Sendestationen eingesetzt.
> 730 Projekte wurden seit 1972 verwirklicht. Das Berühmteste ist zweifellos das Grenzhäuschen am "Checkpoint Charlie". Zwischen 2004 und 2007 fertigte Cadolto elf Kliniken für Russland an. Auf der Referenzliste stehen ferner der weltweit größte Modulbaukomplex in Paris (Baubeginn 2012) oder eine Klinik am Nordkap (2016).
> Erweiterung des Krankenhauses: Das Projekt besteht aus zwei Bauabschnitten. Baubeginn war im September, die Einweihung ist für den 30. Juni geplant. Die beiden Anbauten haben eine Bruttogrundfläche von 888 Quadratmetern. Im Bettentrakt (Bauabschnitt I) werden im Erdgeschoss eine Endoskopie, ein Aufwachraum und Funktionsräume Platz finden. Im ersten Obergeschoss befinden sich die zentrale Patientenannahme sowie zusätzliche Räume für die Intensivstation. Die Zweibettzimmer mit Nasszellen werden im zweiten und dritten Obergeschoss untergebracht. Alle Patientenzimmer werden mit Bad und WC ausgestattet.
> Bauabschnitt II: Das mit dem zweiten Teil zuerst begonnen wird, hat praktische Gründe. Wäre zunächst der Bettentrakt errichtet worden, wäre es schwieriger gewesen, mit schwerem Gerät an die zweite Baustelle zu gelangen. Im Anbau an die chirurgisch-orthopädische Praxis befinden sich im Erdgeschoss die Anmeldung, ein Behandlungsraum sowie ein Sozialraum. Im ersten und zweiten Obergeschoss sind das Lager, ein Sterilraum und ein Warteraum vorgesehen. Zudem wird im zweiten Obergeschoss die gynäkologische Praxis erweitert.
> Bis Weihnachten sollen die vorbereitenden Arbeiten für Bauabschnitt II - inklusive der Durchbrüche am Bestandsgebäude - abgeschlossen sein, so dass die Module am 8. Januar aufgestellt werden können. Die neun Elemente sind bis zu 13,30 Meter lang und wiegen bis zu 21 Tonnen. Ein Konvoi aus neun Tiefladern wird sich in der Nacht vom 7. auf 8. Januar auf den rund 300 Kilometer langen Weg von Thüringen ins Erftal machen. Parallel dazu beginnen im neuen Jahr die Fundamentarbeiten für Bauabschnitt I. Die 16 Raummodule werden voraussichtlich am 27. Februar angeliefert. Sie sind durchschnittlich vier mal acht Meter lang und vier Meter hoch, und sie wiegen bis zu 17 Tonnen. Anschließend müssen Altbau und Neubau verbunden werden. Ende April sollen beide neuen Gebäude nutzbar sein. rüb
Was Cadolto unter der "Zukunft des Bauens" versteht, zeigt sich dann beim Rundgang durch die Betriebshallen, in denen die Hardheimer Raummodule in den unterschiedlichen Fertigungsstufen in Augenschein genommen werden können - vom Stahlbau bis zum Innenausbau. Los geht es mit Stahlständerbau. Dort wird sozusagen das Gerippe der künftigen Krankenhausräume gefertigt.
In der Produktion ist gerade ein Patientenzimmer. Gut zu erkennen ist bereits, wo künftig Dusche und Toilette ihren Platz finden. Die Ausstattung aller Bettenzimmer mit sanitären Anlagen - und damit die Verbesserung der Patientenunterbringung - ist bekanntlich das übergeordnete Ziel des gesamten Bauvorhabens.
In der nächsten Halle werden Decken, Böden und Wände angebracht. Anders als auf konventionellen Baustellen bietet die Modulbauweise den Arbeitern mehr Komfort: Wie bei der Automobilproduktion werden die Module einfach um 180 Grad gedreht, so dass kein lästiges Arbeiten über Kopf erforderlich ist.
"Es ist etwas ganz anderes, die Dimensionen der neuen Räume hier in der Halle zu sehen, wenn man bisher nur die Pläne kannte", stellt Technischer Leiter Peter Weniger fest. Insgesamt haben die beiden Anbauten eine Bruttogrundfläche von 888 Quadratmeter – aufgeteilt in 25 Module. Während das Bauvorhaben für die Hardheimer Delegation etwas ganz Besonderes ist, bedeutet es für die Fachleute von Cadolto Alltag. Auch der Anbau der Module an ein 110 Jahre altes Gebäude bringt sie nicht ins Schwitzen: "Es ist natürlich eine Herausforderung", räumt Projektleiter Hertel ein, "aber ganz bestimmt kein unüberwindbares Hindernis für uns." Kein Wunder, bei 730 bisher weltweit realisierten Projekten.
"Jetzt sind wir gerade im Anbau an die chirurgisch-orthopädische Praxis", stellt Karina Paul fest – gut zu erkennen am charakteristischen gelben Bodenbelag. Ein Modul weiter ist die Eingangstür der Praxis zu erkennen. Die Platznot der Praxis und des OP-Bereichs soll durch den Anbau gelindert werden.
Bei den Entscheidungsträgern wächst bei dem, was sie hier zu sehen bekommen, die Vorfreude auf die Fertigstellung: "Wir nehmen nur positive Eindrücke mit und die Gewissheit, dass wir mit Cadolto auf den richtigen Partner gesetzt haben", lobt Bürgermeister Rohm, der zugleich Vorsitzender des Krankenhausverbands Hardheim-Walldürn ist.
Ähnlich sieht es Fritz-Peter Schwarz: "Ich bin begeistert von der Qualität und dem Baufortschritt der Module. Dass die optimistisch geplanten Termine eingehalten werden können, ist eine gute Nachricht für die Patienten, die nur für relativ kurze Zeit den Baulärm ertragen. Das Fazit für unseren Förderverein: Unser finanzieller Beitrag für den Um- und Erweiterungsbau ist bestens angelegt!" Bekanntlich steuert der Förderverein 200 000 Euro zu der vier Millionen Euro teuren Maßnahme bei.
Weiter geht es zur nächsten Station: Wer der Pflegedienstleiterin, dem Technischen Leiter und dem Verwaltungsleiter beim Gang durch die Hallen zuschaut, der erkennt schnell, dass sich nicht nur die Hardheimer Bürger mit "ihrem" Krankenhaus identifizieren, sondern – in besonderem Maße – auch die Beschäftigten. "Die Mitarbeiter wurden schon bei der Planung intensiv mit einbezogen", berichtet Ludwig Schön. Mit dem Ergebnis, dass Karina Paul und Peter Weniger den Rundgang erst mit deutlicher Verspätung beenden: "Ich hätte noch eine Weile bleiben können", sagt Karina Paul am Ende. "Ich muss doch schauen, wo was später hinkommt!"


































