Hardheim

Bürgermeister Grimm brennt lichterloh für Kommunalpolitik

"Transparenz ist das A und O": Der Rathauschef ist ein Jahr im Amt und will Hardheimer bei bewegenden Themen wie Windkraft und Erfapark mitnehmen.

01.08.2023 UPDATE: 01.08.2023 06:00 Uhr 4 Minuten, 29 Sekunden
Die Revitalisierung des Hardheimer Ortszentrums startet schon bald in die heiße Phase: Im September sollen die Arbeiten für den Erfapark 2.0 beginnen. Foto: Janek Mayer
Interview
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Stefan Grimm
Bürgermeister von Hardheim

Von Janek Mayer

Hardheim. Bei der Bürgermeisterwahl im Mai des Vorjahrs hat Stefan Grimm von den Wählern den klaren Auftrag erhalten, künftig die Geschicke der Erftalgemeinde in die Hände zu nehmen. Seit seinem Amtsantritt ist inzwischen ein Jahr vergangen. Die Rhein-Neckar-Zeitung hat diese Gelegenheit genutzt, um mit dem Rathauschef über den Erfapark, das Feuerwehrgerätehaus, die Energiewende und den Austausch mit den Bürgern zu reden.

Herr Grimm, bei Ihrem Amtsantritt haben Sie gesagt, dass Sie für die Kommunalpolitik brennen. Lodern die Flammen nach einem Jahr im Chefsessel noch genauso für die großen und kleinen Themen in Hardheim?

Um im Bild zu bleiben: Es brennt lichterloh – im positiven Sinn. Mir bereiten die Arbeit und die Vielfalt der Themen sehr viel Freude.

Das größte Projekt für Hardheim bleibt wohl noch für absehbare Zeit der Erfapark. Wie ist da der Zeitplan?

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Für die Bauanträge für Rewe und Aldi hat der Gemeinderat bereits sein Einvernehmen erteilt. Im September soll der Bebauungsplan im Gemeinderat verabschiedet werden. Dann besteht Baurecht, und die Erdarbeiten können beginnen.

Gibt es schon konkrete Ideen für die dann leerstehenden Supermarktgebäude, wenn Aldi und Rewe "umziehen"?

Das Aldi-Gebäude liegt günstig im Gewerbegebiet. Da Gewerbeflächen derzeit Mangelware sind, mache ich mir dort keine Sorgen. Mit dem Besitzer des Rewe-Gebäudes sind wir in enger Abstimmung. Die Zusammenarbeit läuft mittlerweile sehr gut. Das freut mich sehr. Wir haben beide großes Interesse, eine sinnvolle Nachnutzung zu finden.

Viele Bürger wundern sich, dass es so lange dauert, bis im Erfapark die Bagger rollen. Warum gelingt es nicht (mehr), solche Projekte zügig anzugehen?

Man darf nicht vergessen, dass das ein riesiges Projekt mitten im Zentrum ist. Von der Verkaufsfläche über Lärm und Verkehr bis hin zum Brandschutz müssen alle Vorschriften bis ins Detail eingehalten werden. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die bürokratischen Regelungen in Deutschland – die für sich genommen alle gut gemeint sind – in Gänze die Entwicklung des Landes zu sehr ausbremsen. Hier ist man über das Ziel hinausgeschossen. Deutschland kann sich das im internationalen Wettbewerb nicht mehr leisten!

Diese Probleme dürften ja nicht auf den Erfapark beschränkt bleiben. Die Feuerwehr benötigt dringend ein neues Domizil. Erwarten Sie da ähnliche Schwierigkeiten?

Beim Feuerwehrgerätehaus zeichnet sich für mich ein Neubau ab. Allerdings sind die potenziellen Grundstücke noch nicht in kommunaler Hand. Aktuell werden zwar mögliche landwirtschaftliche Flächen veräußert, die Gemeinde hat jedoch kein Vorkaufsrecht und muss dann mit den neuen Eigentümern verhandeln. Wir wollen uns aber, was den Preis angeht, auch nicht erpressen lassen.

Welchen Standort hat die Gemeinde für das neue Feuerwehrgerätehaus ins Auge gefasst, und wann soll es mit dem Neubau losgehen?

Einsatztechnisch wäre die Alte Würzburger Straße ideal. Wenn wir uns dort eine passende Fläche sichern können, stellen wir im Frühjahr 2024 die Förderanträge.

Lange warten müssen aktuell auch Hauseigentümer, die den Strom ihrer Fotovoltaikanlagen einspeisen möchten. Wie geht es mit diesem Thema weiter?

Da ist Hardheim an einem Punkt der Energiewende angelangt, vor dem viele Techniker gewarnt haben, die Politik das aber nicht verstanden hat oder hören wollte. Das Hardheimer Stromnetz kommt an sonnigen Tagen, wenn alle PV-Anlagen auf Hochtouren laufen, an seine Belastungsgrenze. So ein Netz lässt sich aber nicht von jetzt auf gleich schnell aufdimensionieren. Da sind sehr viele Player gefragt, mit denen wir aktuell Gespräche führen. Für private Haushalte wollen wir einen Infoabend zum Thema PV anbieten. Der wird vor allem das Thema Eigenverbrauch beleuchten, auf den heutige PV-Anlagen optimiert werden.

Die Gemeinde Hardheim möchte einen noch größeren Beitrag zur Energiewende leisten und zeigt sich offen für neue Windparks im Honert sowie bei Erfeld und Gerichtstetten. Welche Lehren zieht die Verwaltung aus ihren Vorerfahrungen beim Kornberg?

Transparenz und Informationen sind das A und O. Außerdem hat sich die geopolitische Lage durch den Ukrainekrieg dermaßen verändert, dass bei vielen ein Umdenken stattgefunden hat. Wenn Strom aus der Steckdose kommen soll, muss er vorher auch irgendwo erzeugt werden und irgendwie da reinkommen. Wir haben vergangenen Winter nur ansatzweise erlebt, was es heißt, wenn nicht genug Energie vorhanden ist. Wenn der kommende Winter besonders kalt wird, sind wir in Deutschland nach wie vor schlecht aufgestellt.

Kann die Windkraft außerdem Löcher im Stadtsäckel stopfen, wenn künftig der Forst weniger Einnahmen bringt?

Eine Landtagsabgeordnete der Grünen hat kürzlich sinngemäß gesagt, dass die Kommunen die Chance nutzen sollen, aus Wind Geld zu machen, um ihre "Schulen zu sanieren und die Hallenbadbetriebe aufrechtzuerhalten". Die Erwartungshaltung von oben ist also klar. Wir haben zwar kein Hallenbad mehr, dafür aber ein Krankenhaus und viel marode Infrastruktur, die uns enorme Anstrengungen abverlangt. Trotzdem müssen wir jedes einzelne Windrad abwägen und am Ende eine verträgliche Lösung für das Gemeinwohl finden.

"Arm, arm und arm gibt nicht reich". Das erwiderte Walldürns Noch-Bürgermeister Markus Günther auf die Frage, ob seine Stadt mit Hardheim und Höpfingen fusionieren sollte. Wie stehen Sie dazu?

Von einer politischen Fusion der drei Gemeinden halte ich nichts. Aber wir könnten unter dem Mantel des Gemeindeverwaltungsverbands durchaus mehr zusammenarbeiten, um Synergieeffekte zu heben. Bei einer Klausurtagung haben wir bereits erste Ansätze besprochen. Aus meiner Sicht drängt sich das Thema Digitalisierung geradezu auf.

Gemein haben die drei Kommunen, dass ihre Einwohner bei den jüngsten Bürgermeisterwahlen für Veränderung gestimmt haben. Ist das Ihrer Meinung nach ein Zeichen genereller Unzufriedenheit mit der Politik?

Nein, Bürgermeisterwahlen sind bei uns Persönlichkeitswahlen. Aber die Politik – egal ob Bund, Land oder Kommunen – muss wieder mehr erklären und die Menschen mitnehmen. Das wird aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge immer schwieriger. Deshalb sind wir alle als Bürger auch selbst gefragt, uns mehr mit den Themen zu befassen und nicht auf einfache Parolen reinzufallen.

Wie ist das in Hardheim? Glauben Sie, dass sich die einfachen Bürger mit den Entscheidungen in Gemeinderat und Verwaltung identifizieren können?

Auch wir müssen noch mehr erklären und informieren. Es ist ein Trugschluss, dass das alleine durch Gemeinderatssitzungen und Zeitungsberichte passiert. Ein besonders gutes Beispiel für gelungene Kommunikation ist die Infoveranstaltung mit Schoofs zum Thema Erfapark. An diesem Abend ging ein Ruck durch die Bevölkerung.

Im kleineren Rahmen hatten wir vor einigen Wochen eine Infoveranstaltung im Sanierungsgebiet Ried, die rege angenommen wurde. Auch die Altgemeinderäte haben sich kürzlich über die Entwicklung dort informiert. Der Austausch mit der Bevölkerung ist mir sehr wichtig. Deshalb werde ich – wie im Wahlkampf auch – sowohl in Hardheim als auch in den Ortsteilen zum offenen Austausch einladen.

Welchen Tipp haben Sie für Hardheimer, die in ihrer Straße, ihrem Ortsteil einen Wandel anstoßen möchten?

Statt nur "möchten" einfach "tun"! Am besten mit einem Team von Mitstreitern. Wenn wir im Rathaus helfen können, gerne einfach vorbeischauen. Meine Tür steht für jede Idee offen. Tatsächlich kommen auch viele Bürger und bringen sich ein. Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten finanzielle Mittel, Manpower und politische Durchschlagskraft. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben können wir nicht alles alleine stemmen und freuen uns über jedes bürgerschaftliche Engagement!

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