Gastronomie in Walldürn

Die "Linde" schafft sich ein zweites Standbein

Kurt Meidel blickt trotz Corona zuversichtlich in die Zukunft - Sohn plant interaktives Bogenkino

12.11.2020 UPDATE: 12.11.2020 15:30 Uhr 3 Minuten, 20 Sekunden
Kurt Meidel (r.) und sein Sohn Christoph arbeiten in der Küche des Landgasthofs „Linde“ Hand in Hand. Von der zweiten verordneten Schließung wollen sich die beiden nicht unterkriegen lassen, sondern planen bereits für die Zukunft. Foto: Janek Mayer

Gerolzahn. (jam) Kurt Meidels Küche ist groß genug, um den ganzen Ort zu versorgen. Während der Corona-Krise entpuppt sich das als Standortnachteil. "Nicht jeder fährt freiwillig nach Gerolzahn, nur um Essen abzuholen, wenn er ein ähnliches Angebot vor der eigenen Haustür hat", erklärt der leidenschaftliche Koch, der sich mit der Eröffnung der "Linde" im Jahr 1982 seinen Lebenstraum erfüllt hat. Doch deshalb nun die Segel zu streichen, das kommt für die Familie Meidel nicht infrage.

Unterstützung erhalten die Betreiber des Landgasthofs zum einen aus dem 134-Seelen-Dorf, zum anderen von treuer Stammkundschaft aus der weiteren Region. "Die Einwohner von Gerolzahn zeigen sich sehr solidarisch", sagt Meidel. Beinahe jeder Haushalt habe bereits während der Corona-Krise Essen in der "Linde" abgeholt. Zudem zehrt Meidel von langjährigen Freundschaften zu seiner Kundschaft. "Einige Gäste kenne ich schon seit 30 Jahren", sagt er und ergänzt: "Diese Leute sind es, die sogar den weiten Weg von Freudenberg, Königheim oder Steinbach auf sich nehmen, um in den Genuss unserer gehobenen Küche zu kommen."

Dass die Leckerbissen aus dem Hause Meidel jeden Kilometer wert sind, hat sich nach dem ersten Lockdown gezeigt. "Die Leute wollten jeden Tag nutzen. Im Mai kamen gleich so viele zu uns, dass wir einige wieder fortschicken mussten", berichtet der "Linden"-Wirt. Trotzdem habe er wahrgenommen, dass das Hygienekonzept bei den Gästen auf viel Verständnis stieß. Ganz selten sei es vorgekommen, dass ein Kunde nicht unterschreiben wollte oder eine offensichtlich falsche Telefonnummer angab. An der "Linden"-Wirtin Katrin haben sich diese Leute jedoch die Zähne ausgebissen: "Entweder gescheit – oder ich bediene Sie nicht", habe sie dann entgegnet. Und dieses Risiko wollte tatsächlich niemand eingehen.

Auch als das neuartige Coronavirus in Deutschland vor allem noch für Achselzucken sorgte, brummte das Geschäft in dem typischen Ausflugslokal: "Januar und Februar waren sehr gute Monate – unter anderem weil einige Firmen da ihre Weihnachtsfeiern nachgeholt haben." Genau diese Feste sind es aber, die nun seit Beginn der Pandemie fast vollständig weggebrochen sind: Hochzeiten, Geburtstage, die Busladungen voller Tagesausflügler, die das benachbarte Berres-Nudeln besuchen – überall hagelte es plötzlich Stornierungen. Wie viele Gäste Kurt Meidel dadurch entgangen sind, könne er gar nicht quantifizieren. Besonders hart habe ihn die Absage der Wallfahrt getroffen. Denn zahlreiche Fußpilger legen normalerweise auf dem Weg zum Heilig-Blut-Altar bei der "Linde" einen Stopp ein, um sich noch einmal für ihre letzte Etappe zu stärken.

Hintergrund

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Mit der Artikelserie "Unsere Wirte" möchte die RNZ dazu beitragen, dass Gasthäuser und Restaurants die Zeit des Lockdowns möglichst gut überstehen. In der Reihe werden Gastronomiebetriebe und ihre Abholangebote aus dem gesamten Verbreitungsgebiet kostenlos vorgestellt. – Sie sind ein Wirt und möchten ebenfalls porträtiert werden? Dann melden Sie sich telefonisch unter 06281/5240-7050 oder per E-Mail: red-buchen@rnz.de.

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Die erste verordnete Schließung kam dabei für die "Linde" so plötzlich, dass das Lager zu diesem Zeitpunkt komplett gefüllt war. Also hat der pragmatisch veranlagte Kurt Meidel kurzerhand sein Personal versammelt und ihnen gesagt: "Ihr müsst heute nicht einkaufen gehen." Denn trotz der schwierigen Situation für sein Gasthaus – am meisten Sorgen macht sich Meidel um seine Aushilfen: "Die trifft die Schließung am härtesten." 13 Mitarbeiter helfen in der "Linde" mit, davon drei Festangestellte. Dank der 75-Prozent-Nothilfe für die Gastronomie konnte er für den November immerhin darauf verzichten, Kurzarbeit anzumelden.

"Außerdem brauche ich die Leute für den Außerhausservice." 20 bis 30 Essen verkauft er damit unter der Woche, am Wochenende wächst die Zahl auf etwa 80. "Kostendeckend ist das noch nicht", sagt er, hält aber am Abholservice fest: "Gegen Ende November gibt es sogar noch einmal eine neue Karte." Dass die "Linden"-Wirtin Katrin das Menü sogar in Zeiten der Digitalisierung noch in ihrer schnörkelig-schönen Handschrift aufsetzt, ist dabei nur ein weiteres Detail, das zum Charme des Gerolzahner Landgasthofs beiträgt.

Um die Attraktivität der "Linde" noch weiter zu steigern, gibt es im Hause Meidel bereits sehr konkrete Pläne, ein zweites Standbein aufzubauen. Sohn Christoph, der seit 14 Jahren kräftig im elterlichen Betrieb mit anpackt und leidenschaftlich Bogen schießt, möchte in einem Anbau an den Landgasthof ein interaktives Bogenkino eröffnen. Dort können Bogenschützen ihrer Leidenschaft in einer virtuellen Realität nachgehen – allerdings mit echtem Pfeil und Bogen. "Die Eröffnung war eigentlich für den 15. November geplant", erklärt Christoph Meidel. Coronabedingt wird es nun aber noch eine Weile dauern, bis Interessierte sich auf die Jagd nach den bewegten Zielen machen können, die auf eine Leinwand projiziert werden.

Diese Pläne machen Mut, dass die "Linde" ihren Gästen noch eine Weile erhalten bleibt. Beim Blick in die Zukunft wird Kurt Meidel dann aber doch nachdenklich. "Wir müssen eventuell unsere Öffnungszeiten reduzieren und das Geschäftsmodell anpassen", nennt er einige Gedankenspiele, sieht das Ganze aber mit einer Prise Humor. Über sich und seine Frau Katrin kann er scherzen: "Unser Mindesthaltbarkeitsdatum ist ja auch begrenzt." Außerdem habe Sohn Christoph bereits angekündigt, dass er seine Kochschürze an den Nagel hängen werde, sobald seine Eltern nicht mehr weitermachen. Und obwohl Kurt Meidel zu seinem 60. Geburtstag alle seine Ämter – darunter im Vorstand der Dehoga-Kreisstelle – niedergelegt hat, unterhält er noch ein ausreichend großes Netzwerk in der Branche, um zu erkennen, dass viele Betriebe an der Nachfolge scheitern. Dementsprechend düster fällt seine Prognose aus: "Zwei Drittel der Gastronomie haut das jetzt noch weg."

> Kontakt: Landgasthof "Linde", Lindenstraße 6, Gerolzahn, Tel. 06286/772.

> Bestellungen: mittwochs bis sonntags jeweils mittags von 11.30 bis 14 Uhr und abends von 17 bis 19 Uhr.

> Speisekarte: Das Speisenangebot mit traditionellen Gerichten der Region findet sich unter www.linde-landgasthof.de im Internet sowie auf Facebook unter "Landgasthof Linde Gerolzahn".

> Die Renner: Schnitzel und Cordon bleu, aber auch Ente und Gans.

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