Dunkelheit und Personalbelastung verhindern spätes Baden
Mitarbeiter sind "an der Grenze" - "Länger ausfallen darf bei uns niemand"

Schwimmmeisterin Kerstin Bornemann kann trotz der anhaltenden Hitze noch lachen. Foto: Peter Bayer
Von Peter Bayer
Eberbach. Strahlender Sonnenschein, seit Tagen Temperaturen um die 36 Grad - selbst um 21 Uhr zeigt das Quecksilberthermometer noch 27 Grad im Schatten. Am vergangenen Dienstag erlebte Deutschland mit fast 40 Grad den heißesten Tag des Jahres. Ein Abstecher ins Eberbacher Freibad, ein Sprung ins frische Nass verspricht da Abkühlung. Gerne auch länger als nur bis 20 Uhr? "Bei uns nicht in den Ferien", sagt Schwimmmeisterin Kerstin Bornemann. Und das aus zwei Gründen.
Zum einen spricht - mit jedem Tag ein Stückchen mehr - der Faktor Dunkelheit dagegen. "Ab Mitte bis Ende Juli haben wir ein Helligkeitsproblem. Und an so einem Tag wie heute sind wir sicher noch zwei Stunden mit Nachlaufarbeiten beschäftigt", sagt Bornemann. Würde das Freibad eine Stunde länger offen sein, würden sich diese Arbeiten bis circa 23 Uhr hinziehen.
Bornemann schildert kurz den Ablauf: Um 20 Uhr sollen die letzten Badegäste aus dem Wasser sein. Dann geht es los: Reinigung des Beckenbereichs, des Kinderbeckens, der Umkleiden und Duschen, vielleicht noch das Planschbecken ablassen und ein Kontrollgang durch die Technik. Der Rasenberegner muss bei diesen Temperaturen eine Stunde laufen. "Egal ob 500 oder 2000 Gäste da sind, für die Reinigung sind wir nur zu zweit", sagt sie: die Schwimmmeisterin, die Spätschicht hat, und die Kollegin an der Kasse.
Und dann spielt auch noch die personelle Situation eine Rolle. So herrscht in vielen Bädern akuter Personalmangel. "Wir hatten auch schon bereits eine Anfrage aus Mosbach", sagt Bornemann.
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Bundesweit fehlen insgesamt 2500 Fachkräfte. Es ist vor allem der Nachwuchs, der fehlt. Denn nicht jeder, der gerne in den Beruf möchte, schafft auch die Prüfung.
Dazu kommen noch der "eher schlechte Verdienst und die Arbeitszeiten, die abschrecken", so die Schwimmmeisterin. Pro Woche hat Bornemann im Schnitt einen Tag frei, dazu arbeiten die drei Fachkräfte sowie ihre drei Kolleginnen an der Kasse im Schichtdienst.
Die Frühschicht geht von 6 bis 13.30 Uhr, die Spätschicht von 13 bis 21 Uhr. Manchmal kommen sie aber auch auf elf oder zwölf Stunden, Überstunden bleiben da nicht aus. Wird die Spätschicht wenigstens noch wochentags ab 17 Uhr sowie am Wochenende von DLRG-Mitgliedern unterstützt, ist die Frühschicht allein.
Bei sonnigem Ferienwetter tummeln sich in der ersten Stunde bereits rund 50 Badegäste auf dem Gelände, kommen um 8 Uhr die ersten mit Kinderwagen an, und so gegen 10 Uhr geht es richtig los. Zum "Ausruhen" bleibt Kerstin Bornemann da keine Zeit. Großes Becken, Kinderbereich, Umkleideräume: Rund 13 Kilometer legt sie an so einem Tag zurück, hat sie mal gemessen. "Sport brauch' ich da nicht mehr zu machen", sagt sie und lacht dabei.
Noch bewältigen sie und ihre Kolleginnen Tag für Tag die Arbeit, sind alle einsatzfähig, die Belastung ist aber "an der Grenze". Kurze krankheitsbedingte Ausfälle können sie ausgleichen. Es darf aber keine länger krank werden oder sich zum Beispiel ein Bein brechen. "Dann reden wir nicht mehr von keinen längeren Öffnungszeiten, sondern eher von einer Reduzierung", sagt sie, und blickt zurück auf den Winter: "Da waren zwei grippekrank, aber wir haben es hinbekommen".
Tagtäglich bis zu neun Stunden zum Teil in der prallen Sonne, wie hält man das aus? "Mir macht die Hitze nicht so viel aus", sagt Bornemann, seit 1988 Schwimmmeisterin und seit 1987 in Eberbach. Das ist zwar keine Voraussetzung für diesen Job, wäre aber schon gut.
Eine Bekannte von ihr kam damit nicht so klar, sie arbeitet jetzt nur noch im Hallenbad. Ansonsten hilft viel trinken und das benutzen, was der Arbeitgeber zur Verfügung stellt: Sonnenbrille und Sonnenmilch.
Und schauen, dass man eben nicht in der prallen Sonne steht. Sich selbst im Wasser abkühlen, bringt hingegen nichts. "Danach ist es nur noch schlimmer", sagt sie.
Die ungewohnte und große Hitze kann manch einem zu Kopfe steigen und übermütig werden lassen. 279 Menschen sind in diesem Jahr - Stand 20. Juli - bereits in Deutschland ertrunken, davon 31 in Baden-Württemberg.
Im Eberbacher Freibad hatten Kerstin Bornemann und ihre Kolleginnen bislang keine Probleme - auch, weil sie auf die Sicherheit ein besonderes Augenmerk legen. Dass sie dafür als Spaßbremse angesehen wird, damit kann sie leben, geht sogar offensiv damit um. "Ich weiß, Spielverderber, aber es muss sein", muss sie hin und wieder übermütige Jugendliche darauf hinweisen, dass das seitliche Springen ins Becken verboten ist.
"Einer springt vom Drei-Meter-Brett und taucht auf, während ein anderer von der Seite reinspringt", bringt sie ein Beispiel, das auch den Heißspornen einleuchtet. Im Kinderbereich liegt die Aufsicht zwar bei den Eltern, doch macht sie auch dort immer wieder Kontrollgänge. Und muss allzu oft feststellen, dass manche Eltern mehr ihr Handy im Blick haben als die Kinder.



