Vorsitzender des DLRG Eberbach moniert

Immer weniger Kinder können schwimmen

Heinz Thöne über Gefahren und Schwimmabzeichen

30.06.2017 UPDATE: 01.07.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 3 Sekunden

DLRG-Vorsitzender Heinz Thöne mit der neunjährigen Nele an einem Montagabend im Eberbacher Freibad beim Training. Nele kann schwimmen, ist seit vier Jahren bei der DLRG und hat bereits das Silber-Abzeichen. Das goldene Abzeichen wird sie eventuell dieses Jahr noch machen. Sie hat auf jeden Fall jede Menge Spaß. Foto: Martina Birkelbach

Von Martina Birkelbach

Eberbach. "Wenn die Schwimmbäder voll sind, ist ein Unfall schnell passiert. Bei Kindern geht das unbemerkt, rasend schnell und lautlos. Sie werden reingestoßen oder überschätzen sich, haben plötzlich keinen Grund mehr unter den Füßen", sagt Heinz Thöne. Nach bereits drei Minuten unter Wasser, in denen das Gehirn keinen Sauerstoff bekommt, seien die ersten Schäden nicht mehr zu verhindern. "Nach fünf Minuten kann schon der Tod eintreten". Erst Ende Mai wurde im Mosbacher Schwimmbad "FaMos" nur durch die sofortige Hilfe von Badegästen, Aufsichtspersonen des DLRG und des Schwimmmeisters das Leben eines fünfjährigen Jungen gerettet.

Schwimmen können ist für den Vorsitzenden der DLRG Eberbach (seit 17 Jahren), der auch Vizepräsident des DLRG-Landesverbands Baden ist, sehr wichtig. Doch heute können es viele Kinder nicht - oder nicht richtig. Laut einer Umfrage des Bundesverbands haben nur 77 Prozent aller Grundschüler Deutschlands das Frühschwimmerabzeichen "Seepferdchen".

Die Mehrheit der zehnjährigen Kinder könne trotz Seepferdchen nicht sicher schwimmen. "In Eberbach ist die Situation ähnlich", sagt Thöne; "etwa die Hälfte aller Erst- bis Viertklässler kann nicht sicher schwimmen - und diese Hälfte braucht dann eine Extrabetreuung".

Viele Jugendliche haben zudem "keinen vernünftigen Schwimmstil, mit dem sie sich länger über Wasser halten können". Thöne stimmt dem Bundesverband zu, der warnt: "Wenn diese Entwicklung so weiter geht, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer wird".

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Die Gründe, warum immer weniger Kinder schwimmen können, liegen für Thöne klar auf der Hand: Seit etwa acht bis zehn Jahren gibt es die Ganztagsschulen. "Nach einem langen Schultag fällt es schwerer, danach noch etwas anderes zu machen". Früher sei man nach der Schule im Sommer immer sofort ins Freibad gegangen. Die Einführung der Ganztagsschulen habe sich auch auf die Mitgliederzahl der Eberbacher DLRG ausgewirkt. Während es vor acht bis zehn Jahren noch rund 380 waren, ist die Zahl heute auf knapp 300 zurückgegangen.

Die Schulen hätten heute zudem immer weniger Zeit für den Schwimmunterricht, und die Lehrer müssten eine Rettungsfähigkeit nachweisen. Auch wenn die beiden Eberbacher Grundschulen sowie die Bildungswerkstatt Schönbrunn regelmäßig Schwimmunterricht in Eberbach geben, ist Thöne der Meinung, dass grundsätzlich "die Lehrpläne angepasst gehören". Bislang sei der Schwimmsport nicht verpflichtend. "Wäre er verpflichtend, wäre die Situation entspannter und die Bädersituation eine vollkommen andere. Denn dann müssten vom Land Fördergelder für die Sanierungen zur Verfügung gestellt werden".

Ein weiterer Grund, der zu immer mehr Nichtschwimmern führt, ist der Aufenthalt in Spaßbädern. "Da gibt es zwar viele Attraktionen, aber man muss immer nur kurze Strecken schwimmen". Zudem gibt es heute insgesamt viel mehr Angebote als früher. "Viele Kinder verbringen die Freizeit auch am Computer. Naja, beim virtuellen Schwimmen wird man auch nicht nass", scherzt Thöne, der beruflich als Polizeioberkommissar in Heidelberg arbeitet.

Das Seepferdchen ist laut Thöne nur der Abschluss für einen Neuschwimmer. Eine Art "Zwischenstation". Danach sollten Kinder unbedingt regelmäßig schwimmen gehen, "damit sie sich länger im Wasser aufhalten können". Nicht nur in Schwimmbädern sei es wichtig schwimmen zu können. Thöne: "Urlaub verbringt man gewöhnlich in den Bergen, an einem See oder am Meer. Wasser ist immer mit dabei. Wenn ein Kind sicher schwimmen kann, muss man auch nicht ständig hinterher sein." Die DLRG übt beispielsweise auch schon mit den kleinen Kindern das Schwimmen mit T-Shirt, "etwa für einen Notfall im Boot oder wenn sie aus Versehen in einen Bach fallen".

Beispielsweise ist auch am Marbach- Stausee im hessischen Odenwaldkreis und am Eutersee in Hesseneck-Schöllenbach das Schwimmen erlaubt; am Marbach-Stausee gibt es laut Thöne eine DLRG-Rettungswache, die aber nicht immer besetzt ist. Für den DLRG-Vorsitzenden steht fest: "Schwimmen ist ein Generationssport. Man kann immer schwimmen, unabhängig, ob man Mitglied in einem Verein ist oder nicht. Für Kinder reicht es schon, wenn die Eltern regelmäßig mit ihnen schwimmen gehen".

Thöne selbst hat inzwischen den "Rettungsschwimmer Gold", er war bereits im Alter von fünf Jahren regelmäßig mit der ganzen Familie schwimmen.

Die Schließung des Hallenbads wäre für Thöne "die Katastrophe schlechthin". Kinder und Jugendliche könnten das Schwimmen dann nicht mehr lernen.

Das "Seepferdchen" und die Schwimmscheine nehmen die Schwimmmeister in den Bädern ab (nach Anmeldung) oder man kann sich bei der DLRG melden. Montags ist bei der DLRG immer Training, von 19 bis 20 Uhr für Fünf- bis Zwölfjährige und von 20 bis 21 Uhr für Jugendliche und Erwachsene. Außerdem bietet die DLRG beim Eberbacher Ferienspaß in den Sommerferien an einigen Sonntagen eine Schwimmscheinabnahme an.

Im Herbst startet die DLRG einen zehnstündigen Neuschwimmerkurs der zum Abzeichen des Seepferdchens führt. Laut Thöne kann der Kurs für Kinder, die es in der Zeit nicht schaffen, verlängert werden.

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