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Stadtwerke ziehen Schreiben für höhere Gas-Umlagen zurück

Kundenbriefe wurden durch nachträgliche Regierungsentscheidung zur Makulatur. Langfristverträge bleiben unverändert.

07.10.2022 UPDATE: 07.10.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Keine einfache Lage: Die Eberbacher Stadtwerke warten auf Vorgaben der Bundespolitik. Foto: Rainer Hofmeyer

Von Rainer Hofmeyer

Eberbach. Für manchen war es ein Schock, als er den Brief öffnete: "Informationen zur Neuberechnung Ihres Abschlages". Ende September gingen Mitteilungen der Stadtwerke Eberbach GmbH (SWE) an Hausbesitzer und Mieter. Adressaten waren die treuen Kunden, die sich mit langfristigen Verträgen an das kommunale Unternehmen gebunden haben. Gasbeschaffungs- und Gasspeicherumlage wurden als Preistreiber genannt, die zu "weiterhin eskalierenden Energiebeschaffungspreisen an den Gashandelsmärkten" führen würden.

Hauptsächlich ging es um die Gaslieferungen; der Strompreis ist augenblicklich weniger in der Diskussion. Für die Abnehmer standen vierzig Prozent höhere Abschlagszahlungen im Papier. Die Anpassung sollte ab dem Liefermonat Oktober gelten. Abbuchungen erfolgen dabei jeweils zum Monatsschluss. Vorerst für drei Monate sollten die höheren Zahlen umgesetzt werden, bis zur Jahresabrechnung.

Es gab besorgte Anrufe und Beschwerden beim Kundentelefon der SWE. Selbst bei Gemeinderäten kamen Fragen auf. Die Abnehmer mit langfristigen Gaslieferverträgen waren vom Aufschlag verwirrt und pochten auf ihre günstigen Vereinbarungen. Dabei können auch bei solchen Kontrakten die gesetzlichen Aufschläge draufgegeben werden. Hier war es die Gasumlage, die die Stadtwerke zur Neukalkulation bewegte.

Per Post der Stadtwerke ging noch ein Schreiben raus, das bis spätestens Ende September versandt gewesen sein musste. Eine mit dem Wortungetüm "Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung" (EnSikuMaV) benannte Regelung hat nämlich den bundesdeutschen Energieversorgern vorgeschrieben, ihren Kunden ganz konkrete Einsparmöglichkeiten beim Verbrauch zu eröffnen.

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Ende September überschnitt sich die Entscheidungslage im Berliner Bundeskabinett mit dem Postversand der Eberbacher Stadtwerke. Als die Briefe der SWE am 26. September verfasst wurden, galt noch die Festlegung des Bundeswirtschaftsministers auf die Gasumlage. Als die Informationen bei den Kunden angekommen waren, wurde die Gasumlage für Privatkunden, Industrie und Gewerbe von der Ampel-Koalition rückwirkend gekippt; das war am 30. September. Und die Verwirrung vor Ort war eingetreten.

Jetzt soll es statt dem Zuschlag auf den Gaspreis einen "Gaspreisdeckel" geben. Wie dieser Dämpfer aussieht, wissen selbst die Wortschöpfer noch nicht. In welchem Maße sich die Regelung auf den örtlichen Gaspreis auswirken wird, kann derzeit niemand sagen.

Die Schreiben der SWE an ihre Kunden sind durch die neue Entscheidung der Bundesregierung zur Makulatur geworden. Stadtwerkechef Günter Haag sowie seine Abteilungsleiter Andreas Schaab und Jürgen Lemberger haben inzwischen die versandten Kundeninformation für obsolet erklärt.

Alles bleibt wie es ist. Die im Stadtwerke-Brief angekündigte Abbuchung eines höheren Abschlags wird es also nicht geben. Überweisungen durch die Kunden müssen auch nicht angepasst werden. Das gilt bis Ende dieses Jahres, wenn zwischenzeitlich keine neuen gesetzlichen Regelungen getroffen werden. Ein neues Schreiben der Stadtwerke geht in der nächsten Woche raus, das die Anpassungen zurücknimmt.

Die Diskussion um den Aufschlag beim Gaspreis zeigt einmal mehr, wie sehr sich die Treue zum heimischen Energielieferanten lohnt. Während sich diese Kunden mit langfristigen Verträgen über ihren stabilen Tarif freuen können, sind die Abnehmer in der gesetzlichen Grund- und Ersatzversorgung den stetigen Schwankungen des Marktpreises ausgesetzt.

Der Grundversorgungstarif kann mit sechswöchigem Vorlauf neu kalkuliert werden. Örtliche Stadtwerke sind gesetzlich verpflichtet, ihr Einzugsgebiet mit Gas und Strom zu beliefern. Wem beispielsweise von einem Discountanbieter gekündigt wird, bekommt deshalb stets die notwendige Energie - zum aktuellen Preis. Die SWE haben die Grundversorgungstarife im Sommer angepasst und werden es im November wieder tun. Gesetzliche Aufschläge sind hier eingerechnet.

Anfang dieses Jahres konnte man sich bei den Eberbacher Stadtwerken noch bis Ende 2023 bei Gas und Strom zu einem günstigeren Tarif verpflichten. In solch einen langfristigen Vertrag mit besseren Konditionen zu kommen, ist derzeit jedoch weder für Neukunden noch für Abnehmer in der Grundversorgung möglich. "Die Preise sind nicht kalkulierbar", so Stadtwerke-Chef Haag.

Wie sich die angesagte Gaspreisbremse auf die Eberbacher Tarife konkret auswirken wird, bleibt offen. Es fehlen jegliche Hinweise der Politik. In Berlin tagt eine Arbeitsgruppe. Die Stadtwerke gehen augenblicklich davon aus, dass sie in ihren Zulieferungen nur einen relativ kleinen Anteil vom Energiebeschaffer Uniper haben.

Das könnte etwas Entlastung bedeuten. Denn Uniper hatte hauptsächlich auf das inzwischen vollständig ausgebliebene russische Gas gesetzt und muss jetzt teuer einkaufen.

Bei den SWE ist auch noch nicht angekommen, wie die zum 1. Oktober angekündigte Senkung der Umsatzsteuer auf den Gasverbrauch zu handhaben ist. Geplant ist bei den Stadtwerken die Berücksichtigung bei der nächsten Jahresabrechnung. Wer sicher gehen will, dass sein Verbrauch ab 1. Oktober auch mit dem niedrigeren Steuersatz berechnet wird, kann den Stadtwerken den aktuellen Stand seines Gaszählers übermitteln.

Stadtwerkechef Günter Haag. Foto: privat
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