Eberbach

Neue Generation übernimmt das Ruder in Krösselbach

Die Familie vereint künftig gleich vier Betriebe unter einem Dach. Auch die Keramikwerkstatt bleibt vorerst erhalten.

11.08.2024 UPDATE: 11.08.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 17 Sekunden
Auf dem großen und idyllischen Anwesen haben alle Familienmitglieder genügend Platz, ihre Träume auszuleben. Foto: Alissa de Robillard

Von Alissa de Robillard

Eberbach. Keramikwerkstatt, Schreinerei, Yogazentrum und Eventküche: Eine Familie mit vier verschiedenen Betrieben unter einem Dach. Und das nicht in einem Bürogebäude in der Großstadt, sondern abgeschieden an einem idyllischen Ort. So etwas gibt es nicht allzu häufig – doch es ist zu finden: Und zwar in Krösselbach, wo nun die vierte Generation das Ruder in die Hand nimmt.

Das Anwesen ist ein Ort, der Ruhe und Gemeinschaft ausstrahlt, gleichzeitig Raum schafft zur individuellen Entfaltung. Hier lebt eine Familie, die sich gegenseitig unterstützt, das spüren auch Besucherinnen und Besucher, die in Krösselbach einkehren.

Drei Generationen wohnen inzwischen in Krösselbach: (v.l.) Jonathan, Nina und ihre Tochter, Claudius und Alfred und Hanna. Foto: Alissa de Robillard

Bekannt war der idyllische Ort bisher durch die Töpferei, die Hanna und Alfred Schließler in der dritten Generation führen. Doch seit Anfang 2023 haben die beiden die Verantwortung an ihre Söhne Jonathan und Claudius abgegeben, die mit ihren Familien zurück nach Krösselbach gezogen sind: Jonathan mit seiner Partnerin Nina Reidel und zwei Kindern sowie Claudius mit seiner Frau Grisel Zapata, die gerade eine Ausbildung im Gemüseanbau absolviert.

"Wir sind froh, dass unsere Kinder das Anwesen weiterführen", sind sich Hanna und Alfred einig. "Die Keramikwerkstatt bleibt vorerst bestehen", sagt Alfred. "Aber eben auf ’kleiner Flamme’." Er versichert, dass es auch mit der Töpferei erst einmal weiter geht – eben noch so lange, wie er und seine Frau können und wollen.

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Für die Söhne Jonathan und Claudius war schnell klar, dass sie zurück nach Krösselbach kommen und die Immobilie zu ihrer eigenen machen. "Wir sind hier aufgewachsen. Damals, als wir Jugendliche waren, war Krösselbach ein bisschen ab vom Schuss", erinnert sich Jonathan.

"Doch als wir älter wurden, lernten wir zu schätzen, was wir hier haben", ergänzt Claudius. Ein Anwesen mitten in der Natur, mit dem Wald im Rücken und dem Neckar vor der Nase. "Wir mussten uns nicht fragen, ob wir hier herkommen, sondern was wir mit dem ganzen Platz machen", berichtet Nina.

Mithilfe des vorgezogenen Erbes haben sich die beiden Söhne, zusammen mit ihren Lebensgefährtinnen und Kindern, an die Arbeit gemacht und ihre eigenen Räume geschaffen. Dort können sie sich selbst entfalten. So entstand ein Yoga- und Coachingzentrum, in dem Kurse, Workshops und Seminare angeboten werden.

Im Erdgeschoß ist eine Küche zu finden, in der für Events, oder eben die Seminare, gekocht wird. In der ehemaligen Garage ist eine Schreinerei entstanden, in der kleinere Möbelserien aus Massivholz gefertigt werden oder Einzelstücke in Auftrag gegeben werden. Schritt für Schritt entstanden die Räume. Jeder für sich – aber mit Hilfe und Unterstützung von Freunden und Familie.

Jonathan Schließler kocht in seiner Küche für Events – am liebsten frisch und vegetarisch. Foto: Alissa de Robillard

Trotz der unterschiedlichen Berufsfelder gibt es dennoch eine große Gemeinsamkeit: Die Seele von Krösselbach soll erhalten bleiben. Hierbei geht es um Achtsamkeit und Nachhaltigkeit, was sich in allen Tätigkeiten widerspiegelt. Schon bei der Sanierung der Räume wurde darauf geachtet, nicht alles einfach abzureißen und wegzuschmeißen. "Mit dem Holz aus dem ausgebauten Yogazimmer habe ich Möbel gebaut, die nun in der Ferienwohnung stehen", erzählt Claudius. Außerdem hat er die Maschinen für die Werkstatt gebraucht gekauft. "Die sind zwar alt, aber eben auch die besten", sagt Claudius dazu.

Im Yogazentrum – beziehungsweise im Yoga generell – steht Achtsamkeit ganz weit oben. Im großzügigen Raum, mit Blick auf den Neckar, finden unter der Woche regelmäßig Kurse statt. Am Wochenende werden dann Workshops veranstaltet oder unterschiedlichste Gruppen besuchen das atmosphärische Anwesen. Bei Workshops lassen sich auch Ninas und Jonathans Berufsfelder verknüpfen: "Ich leite dann den Kurs und Jonathan sorgt für die Verpflegung", so die Yogalehrerin. "Dabei können wir auf die individuellen Wünsche der Gruppe eingehen."

Nina Reidel ist Coach und Yogalehrerin. In ihrem Raum finden regelmäßige Kurse statt. Foto: Alissa de Robillard

Auch das Konzept des Eventcaterings ist nachhaltig: Frisch, der Saison entsprechend, wenn möglich aus der Region und vor allem meistens vegetarisch. "Das Schöne beim Catering ist, dass ich nur so viel Lebensmittel verarbeiten muss, wie auch bestellt worden sind", erzählt Jonathan. "Nach dem Event ist der Kühlschrank wieder leer, wird ausgemacht und ich muss nichts wegschmeißen."

Das war einer der Gründe, warum sich der Betriebswirt und Koch für eine Cateringfirma und gegen ein Restaurant oder Café entschieden hat. Ein anderer waren die Kinder. "Nina und ich sind ein Team, dass sich die Arbeit zu Hause aufteilt." Hätte er ein eigenes Restaurant, würde das nicht gehen.

Sowieso unterstützt sich die Familie Schließler-Reidel, wann immer Not am Mann (oder an der Frau) ist. Ob beim Umbau der Räume, beim Bedienen der Maschinen oder beim Kochen für Events. Die Arbeit und Leidenschaft der anderen Familienmitglieder wird wertgeschätzt, die Natur und Idylle, in der das Anwesen zu finden ist, wird respektiert. Zu viel Trubel ist hier gar nicht erwünscht, da sind sich alle einig.

Trotzdem ist das "Projekt Krösselbach" noch nicht zu Ende. "Es gibt noch viele Räume, die wir ausbauen können, viele Ideen, für die es noch sehr viel Platz gibt", schwärmt Nina. "Wir sind einfach froh, dass wir mit dem Anwesen etwas haben, dass wir an die Kinder weitergeben konnten", sagen Alfred und Hanna. "Und wir sind dankbar dafür", antworten die beiden Söhne darauf. Mit Ninas und Jonathans Kindern ist sogar schon die fünfte Generation in Krösselbach eingezogen. Welche Träume sie dann verwirklichen, wird sich in der Zukunft zeigen.

Claudius Schließler arbeitet in seiner Werkstatt mit Massivholz. Foto: Alissa de Robillard
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