Keramikkunst für Könner in Krösselbach
Bei Ton-Workshops geht’s um Feinheiten wie die "Pinch-Technik"

Tongefäß ist nicht gleich Tongefäß. Den Amerikaner Jimmy Clark reizt die alte Herstellungstechnik "Pinch", die er jetzt in Krösselbach Interessierten zeigte. Foto: Murr-Brück
Von Elisabeth Murr-Brück
Eberbach. Es gibt sie seit tausenden von Jahren, überall auf der Welt: in Südamerika, in China, im Orient und in Europa, in Afrika und am letzten Wochenende in Krösselbach: Gefäße aus Ton, ohne Töpferscheibe mit der Hand geformt.
Seit einem halben Jahr werden in der Krösselbacher Traditions-Töpferei Schließler Wochenend-Kurse von "TONraum" angeboten, in der Keramik-Szene seit 20 Jahren bekannt als Veranstalter für Seminare und Workshops mit internationalen Künstlern von Rang. In kleinen Gruppen arbeiten die Teilnehmer unter Anleitung der Profis. Jetzt war der Amerikaner Jimmy Clark hier, er ist Spezialist für die Pinch-Technik, eine der ältesten Arten der Keramikherstellung.

So wie diesen Workshop gibt’s dieses Jahr noch drei ähnliche Wochenendangebote. Fotos: Murr-Brück
Mit beiden Händen formt er eine Kugel. Der Daumen drückt eine Vertiefung, er bearbeitet und weitet sie, schnell lässt sich die Form erkennen. Wieder und wieder verstreichen die Finger den Ton. "Das muss sein", erklärt Alfred Schließler, der in seinem Betrieb Räume und Ausstattung zur Verfügung stellt. Ton besteht aus winzigen Plättchen, kommt Wasser dazu, lassen sie sich verschieben und der Ton formen, über den Druck der Finger, "pinch" eben. Das tun hier gerade alle. Sieht aus wie ein Kinderspiel und macht wohl genauso viel Spaß. Aus ganz Deutschlands sind die Teilnehmer nach Krösselbach gekommen: etwa aus Jena, Gera, Augsburg, Bad Kreuznach.
Die Methode ist für Anfänger einfach umzusetzen und bietet Könnern nahezu unbegrenzte Möglichkeiten der künstlerischer Gestaltung. Jimmy Clark hat sich dieser Technik verschrieben, nachdem er die Arbeiten des Amerikaners Paulus Berensohn gesehen und vor allem dessen Buch "Dialoge mit Ton" gelesen hatte. Ihn fasziniert das Archaische dieser Vorgehensweise, die in grauer Vorzeit entwickelt wurde, "aber noch heute machen Frauen in Afrika so ihre Wasserkrüge". Genauso entstehen aber auch Objekte von höchstem künstlerischem Wert. Der ganz eigene Reiz der leicht asymmetrischen Pinch-Gefäße liegt im zweiten Brand, wenn in einer Art Niedrigtemperatur-Verfahren die Glasur gebrannt wird. In Krösselbach wird dafür ein Ofen aus Ziegelsteinen gebaut. Es eignet sich aber jeder feuerbeständige Behälter, man kann auch eine Erdgrube ausheben. Die Gefäße werden eingestellt und die Zwischenräume mit einer etwa zehn Zentimeter dicken Schicht aus Laub, Ästen Lumpen oder wie hier mit Sägemehl gefüllt und abgedeckt.
Das Feuer arbeitet sich von oben nach unten durch. Das Ergebnis ist kaum kalkulierbar: "Man liebt es oder man brennt noch einmal. und vielleicht nochmal und nochmal, mit jedem Mal verändern sich die Farben.
Organisiert und betreut werden die Kurse von Monika Gass, die erst vor kurzem wieder ins Neckartal gezogen ist. Nach einem Keramikstudium an der Kunsthochschule in Kassel hat sie 16 Jahre das Keramikmuseum Westerwald geleitet. Sie beherrscht selbst alle Verfahren der hier angebotenen Kurse und möchte begleitend und unterstützend die Strategien vermitteln, die in den jeweiligen Kursen wichtig sind.
In diesem Jahr werden noch drei Workshops mit sehr unterschiedlicher Thematik angeboten: Aktmodellieren mit Ton vom 12. bis 14. Oktober, Raku und Teeschalen (19. bis 21. Oktober) und Porzellanschneiden (‚Carving Porcelain‘) vom 1. bis 3. November. Letzteres ist eine ungewöhnliche Technik, bei der man Porzellan wie ein Bildhauer bearbeitet.
Profis können sich in diesen Kursen weiterbilden, Anfänger müssen aber keine Schwellenangst haben. "Man kann klein anfangen", sagt Monika Gass. Am ersten Tag probiert man aus und übt und setzt das Gelernte dann in den nächsten beiden Tagen um.



