Gemeinderat ist jetzt rechtlich auf Notbetrieb eingestellt
Bürgervertretung ist auch in Krisenzeiten handlungsfähig - Auch in Videokonferenz beschlussfähig

Das Rathaus in Eberbach. Foto: cum
Eberbach (fhs) Fürs Klären der öffentlichen Angelegenheiten einer Stadt wie Eberbach gibt’s festgelegte Regeln – was aber, wenn besondere Umstände wie eine weltweite Pandemie das herkömmliche Handeln der gewählten Bürgervertreter erschwert, nicht mehr nachvollziehbar oder gar unmöglich machen?
Das Land hat bereits im Mai die Gemeindeordnung deswegen abgeändert. Eberbachs Gemeinderat hat in seiner jüngsten öffentlichen Präsenzsitzung in der Stadthalle die Rechtsgrundlagen dafür geschaffen, dass man sowohl in einer Videokonferenz, als auch "hybrid" beschlussfähig tagen kann. Hybrid heißt, ein Teil der Räte ist anwesend, andere per Video zugeschaltet.
Bislang schon möglich war, Angelegenheiten digital im Umlaufverfahren oder durch Offenlegen ohne Gemeinderatssitzung zu entscheiden – dies war aber an bestimmte Voraussetzungen gebunden, etwa, dass nur "Gegenstände einfacher Art" so entschieden werden dürfen.
Bis Jahresende hatte der Landtag ermöglicht, dass die außergewöhnlichen Sitzungsverfahren mit persönlicher Abwesenheit der Ratsmitglieder übergangsweise möglich sind, ohne dass dies im "Grundgesetz" einer jeden Gemeinde, der Hauptsatzung, formal festgelegt worden und etwa über die Geschäftsordnung des Gemeinderats genau geregelt ist. Diesen Schritt hat die Stadt Eberbach jetzt vollzogen. Einstimmig änderten die Stadträte sowohl Hauptsatzung als auch Geschäftsordnung.
Künftig entscheidet der Bürgermeister als Vorsitzender des Gremiums "nach den Umständen des Einzelfalls". Peter Reichert muss prüfen, ob es möglich ist, dass zu einer Gemeinderatssitzung nicht alle Mitglieder im Saal anwesend sind und dass sie stattdessen mit Bild- und Tonübertragung an der Sitzung teilnehmen. Wichtig ist, dass eine Videokonferenzsitzung oder eine Mischung aus teils anwesenden, teils zugeschalteten Ratsmitgliedern nur ein Ausnahmefall sein darf.
Generell gilt, dass der Gemeinderat eigentlich nur in einer ordnungsmäßig einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen kann. Lediglich bei Vorliegen "schwerwiegender Gründe" ist die Ausnahme möglich – wie eben bei der aktuellen Pandemie mit den Erfordernissen wie Vorbeugemaßnahmen, dass sich die Seuche nicht weiter verbreitet. Denkbar wären auch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Notsituationen.
Nicht erlaubt sind in solchen Sitzungen Wahlen, da bei digitaler Übertragung nicht gewährleistet werden kann, dass sie geheim erfolgen können. In der Geschäftsordnung geregelt wurde u.a., dass die Stadträte nach Einladung zu einer Hybrid-Sitzung dem Vorsitzenden vorab mitteilen, ob sie persönlich anwesend sein oder virtuell teilnehmen werden. Geregelt wurde auch, wie ein per Video teilnehmendes Ratsmitglied im Fall seiner Befangenheit "vom Tisch abzurücken" hat. Die Verwaltung muss das Abschalten und wieder zuschalten sicherstellen.
Wegen des Öffentlichkeitsgrundsatzes müssen bei den öffentlichen Sitzungen Bild und Ton zeitgleich in einen öffentlich zugänglichen Raum übertragen werden. Bei Video- oder Hybrid-/ Mischsitzungen gibt es keine Fragestunde.
Bürgermeister Peter Reichert hatte vor der Beschlussfassung erklärt, dass man die rechtlich mögliche Ausnahmeregelung nicht gerne vorschlage. "Wir wissen um die rechtlichen Probleme mit Hybridsitzungen." Die Verwaltung unterbreitete den Vorschlag dennoch, um auf jeden Fall für den Bedarf außergewöhnlicher Sitzungserfordernisse gewappnet zu sein.



