Eberbach: Eine Minute Radio für Hohenstaufen-Schüler
Im Projekt "Radio im Klassenzimmer" darf die Klasse 9c am Hohenstaufen-Gymnasium selber Hörfunk machen

Deutschlehrer Hans-Peter Fink hat die 9c auf den Radio-Workshop vorbereitet. Foto: Murr-Brück
Von Elisabeth Murr-Brück
Eberbach. In der Schule fürs Leben lernen: das heißt in der Regel jede Menge Fakten und Formeln. Zunehmend wichtiger wird, was Manager "soft skills" nennen: Fähigkeiten und Fertigkeiten, die das eigene Potenzial erschließen, mit anderen erfolgreich zusammenzuarbeiten - wie beim Radioprojekt der Klasse 9c am Hohenstaufen-Gymnasium (HSG), die zwei Tage damit zubrachte, eigene Radiobeiträge zu erstellen.
Eine Minute. Wie endlos die sich hinziehen kann, weiß jeder Schüler, der kurz vor dem Pausengong zittert, ob er noch drankommt. Sie schnurrt auf gefühlte Sekunden zusammen, wenn es darum geht, bei der Klassenarbeit noch letzte Punkte herauszuschinden. Eine Minute Sendezeit stellt der Radiosender Big FM den 29 Schülern zur Verfügung. Eine Minute, für die sie zwei Tage lang geackert haben; zwei Tage, in denen sie nach Meinung ihres Lehrers Hans-Peter Fink mehr für ihr Leben lernen konnten als in vielen Schulstunden.
Was wissen Erwachsene noch vom Schulstoff? Das war eines der fünf Themen, zu dem die Amateur-Reporter Eberbacher Passanten befragten: Gregor Mendel, die PQ-Formel, Fotosynthese. "Foto was?" So viel zum Lernen fürs Leben. Ein einziger konnte die Fragen beantworten, immerhin. Nachsatz: "Ich war früher Rektor am HSG".
Wie interessiert man Menschen für ein Thema, wie geht man auf Leute zu, wie bereitet man eine Geschichte so auf, dass die Hörer neugierig sind und am Ende etwas dazugelernt haben? Schon seit vielen Jahren beteiligt sich Deutschlehrer Hans-Peter Fink mit seinen Schülern am Projekt "Radio im Klassenzimmer".
Einmal im Monat bietet der Jugendsender bigFM einer Klasse im Land eine Plattform für eigene Beiträge, initiiert und getragen wird das Projekt von der Landesvereinigung für Kulturelle Jugendbildung. "Jugendliche hören immer noch häufig Radio", sagt der Medienpädagoge Albrecht Ackermann. "Die vielfach geforderte Medienkompetenz erlangen sie am besten, wenn sie selbst aktiv dabei sind."
Jugendsprache früher und heute; brauchen wir noch Helden wie James Bond? Die Schüler haben sich die Interview-Themen selbst ausgesucht. Medienpädagoge Albrecht Ackermann und sein Kollege Tilman Rau haben sie einen Vormittag lang vorbereitet. Sie wissen: man muss das Thema eingrenzen, sonst verzettelt man sich.
"Lebt Elvis noch? War die Mondlandung echt? Die Frage nach Verschwörungstheorien erweist sich in der Praxis als unerwartet sperrig. Den ganzen Nachmittag sind sie unterwegs, nicht alle lassen sich befragen, "wir haben das bald schon am Blick erkannt" sagt Leah. Wenn man das Mikrofon nicht richtig hält, ist die Aufnahme unbrauchbar.
Tag 2 könnte als eigener Beitrag laufen,Titel: Lehrers Traum. Heute sollen die gesammelten O-Töne geschnitten, die besten ausgewählt, Musik eingespielt, die Zwischentexte erstellt werden. Es gibt viel zu beachten, vieles zu merken, eine Menge Technik. "Ich erkläre euch das jetzt nur einmal", sagt Ackermann; es funktioniert. Alle sind hoch konzentriert, sie sind auch hoch motiviert, gleich wollen sie es ja praktisch anwenden. Wer etwas vergessen hat, dem hilft die Gruppe. Lotte, Rebecca, Leah, Noah und Edem haben Arbeitsteilung klassisch: die Mädels machen die Texte, die Jungs die Technik, das hat sich einfach so ergeben. Gemeinsam diskutieren sie, ob das Flüstern am Anfang wirklich mystisch klingt und ob das Klavier ein bisschen früher aufhören soll: "Mach das mal steiler!"
Ackermann greift nur noch ein, wenn unvorhergesehen Probleme auftauchen, aber er gibt Tipps, rettet gerade noch einen O-Ton. Die Klasse arbeitet großartig, findet er, ist hervorragend vorbereitet. Hans-Peter Fink und er sind ein eingespieltes Team. Der Lehrer hat Theaterwissenschaft studiert, selbst beim Radio gearbeitet, er weiß, worauf es ankommt. Medien-Erziehung, künftig im Lehrplan verankert, ist bei ihm schon lange ein klassenübergreifendes Unterrichtskonzept. Vieles haben die Schüler schon im letzten Jahr beim "Zeitungsflirt" gelernt. Die Interview-Schnipsel, die Musik, die Zwischentexte: das alles soll eine runde Geschichte ergeben. Verdammt viel Arbeit für eine einzige Minute. Und viel zu viel Material, die Gruppe "Schulstoff" hat schon locker das Doppelte. Was kann weg? Auch Zusammenstreichen ist Schwerstarbeit.
Info: Am 26. November, 11 bis 12 Uhr, erleben die Schüler im Studio, wie eine Sendung gemacht wird. Ein Beitrag ist dann zu empfangen auf den UKW-Frequenzen ist auf den UKW- Frequenzen zu empfangen: 87,80 / 89,70 / 92,70 / 97,20 / 99,00 /99,70 / 100,30 / 103,80 / 104,30 / 104,70 / 105,10



