Demos vor Krankenhäusern: GRN-Klinikleiter unterstützt Protestaktion
Die Gewerkschaft ver.di ruft zu der Aktion "162.000 brauchen dich!" auf - Im RNZ-Gespräch erklärt der Leiter der GRN-Kliniken in Eberbach und Sinsheim, warum er die Aktion unterstützt und wo Personal fehlt

Foto: Weyrauch
Von Martina Weyrauch
Eberbach. Laut Gewerkschaft ver.di soll es die "größte Krankenhausdemo Deutschlands" geben: Am morgigen Mittwoch, 24. Juni, an dem Tag, an dem sich die Gesundheitsminister zu einer Konferenz in Bad Dürkheim treffen, sollen insgesamt 162 000 Menschen bundesweit um 13 Uhr vor den Krankenhäusern stehen und für zehn Minuten auf den Personalnotstand aufmerksam machen. 162 000 ist die Zahl an Mitarbeitern, die insgesamt fehle; das Motto der Aktion lautet "162 000 brauchen dich!". Von Flensburg bis Oberammergau hat ver.di jedem Krankenhaus den Anteil an Nummern bis 162 000 zugewiesen, die dem durchschnittlichem Personalbedarf der Klinik gemessen an Vollkraftstellen aller Krankenhäuser entspricht. Die Beschäftigten sollen mit den Nummern vor den Kliniken zu stehen. Auch Bürger und Patienten können sich beteiligen. Im Rhein-Neckar-Kreis wollen sich über 20 Krankenhausbetriebe beteiligen; auch Eberbach wird dabei sein. Wir haben mit dem Klinikleiter der GRN-Kliniken Eberbach und Sinsheim, Martin Hildenbrand (Foto: Weyrauch), gesprochen.
Herr Hildenbrand, was halten Sie von der Aktion der Gewerkschaft?
Ich persönlich begrüße die Aktion der Gewerkschaft. Insbesondere kleine und mittlere Kliniken kämpfen seit Jahren mit einer erheblichen Unterfinanzierung. Die geplanten gesetzlichen Änderungen würden diese Situation weiter verschärfen. Allein im Jahr 2015 klafft zwischen der Budgeterhöhung für unsere Leistungen und der Kostenentwicklung (im wesentlichen Tarifsteigerungen) eine Finanzierungslücke von rund 230 000 Euro, die entweder den Verlust weiter erhöht oder nur durch weitere Rationalisierungsmaßnahmen geschlossen werden könnte. Da wir in fast allen Bereichen mittlerweile mit Mindestbesetzungen arbeiten, ist eine weitere Personalreduzierung nicht mehr möglich. Vor dem Hintergrund der erheblichen Leistungssteigerungen der vergangenen Jahre benötigen wir jetzt dringend eine Personalaufstockung, damit wir unsere Versorgungsqualität halten können ohne die Mitarbeiter weiter zu belasten. Gerade kleine und mittlere Kliniken werden durch das DRG-System benachteiligt, weil die zugrunde liegende Kostenkalkulation vorwiegend durch die Großkliniken beeinflusst wird. Die Vorhaltekosten für kleinere und mittlere Kliniken sind hierin nicht adäquat abgedeckt. Ich unterstütze deshalb die Aktion der Gewerkschaft voll und ganz.
Wie unterstützen Sie die Aktion?
Wir fordern unsere Mitarbeiter auf, sich an der Aktion zu beteiligen und rechnen die Dauer der Protestaktion auf die Arbeitszeit an.
Welche Nummern wurden der Eberbacher GRN-Klinik zugeteilt?
Der GRN-Klinik Eberbach wurden die Nummern 116 317 bis 116 364 zugeteilt.
Wie viele Mitarbeiter fehlen in Eberbach und wie viele davon fehlen in der Pflege?
Wir haben in vielen Bereichen die Personaldisposition auf eine Mindestbesetzung reduziert. Gleichzeitig hat sich die Zahl unserer Patienten zwischen 2010 und 2014 um rund 15 Prozent erhöht. Diese hohe Leistung konnten wir dank des großen Engagements unserer Mitarbeiter mit hoher Qualität erbringen. Die erfolgreiche Zertifizierung als Endoprothetikzentrum legt hierüber Beweis ab. Um aber auf Dauer diese Leistung erbringen zu können benötigen wir jetzt zusätzliche Mitarbeiter und hierfür die entsprechenden finanziellen Mittel. Hinzu kommt, dass die Kostenentwicklung seit Jahren über der gesetzlich vorgegebenen Erlössteigerung liegt, wodurch der Klinik die notwendigen Budgetmittel fehlen und sich die Situation von Jahr zu Jahr verschärft. Deshalb benötigen gerade die kleineren und mittleren Kliniken dringend eine bessere finanzielle Ausstattung, um mehr qualifizierte Pflegemitarbeiter einstellen zu können. Helfende Hände wie FSJ oder Pflegeassistenten allein können das Problem nicht lösen.
"Die Beschäftigten in den Krankenhäusern können nicht mehr", schreibt ver.di. Ständig werde gegen Arbeitsschutzgesetze verstoßen. Hygiene könne nicht eingehalten werden. Es ist von über zehn Stunden Arbeit ohne Pause die Rede. Gilt das auch für Eberbach?
Selbstverständlich werden in der GRN-Klinik Eberbach sowohl die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes als auch die Hygienestandards eingehalten. Ansonsten hätten wir das o.g. Zertifikat sicher nicht erhalten. Die Schichtzeiten im Pflegedienst und die Dienstpläne berücksichtigen die gesetzlichen Vorgaben. Trotzdem ist die Belastung der Mitarbeiter sehr groß und kann nicht zum Dauerzustand werden. Deshalb sind Verbesserungen dringend erforderlich.
Wie viele Mitarbeiter wollen sich am Mittwoch beteiligen und ist während dieser Zeit die Betreuung der Patienten gewährleistet?
Selbstverständlich hat auch während der Aktion die Patientenversorgung Vorrang. Es werden sich nur die Mitarbeiter beteiligen können, die entweder während ihrer Freischicht kommen oder die ihre Mittagspause für die Teilnahme an der Aktion einbringen bzw. verschieben. Wie viele Teilnehmer es sein werden kann noch nicht genau gesagt werden.



