Altersheim-Verein reagiert auf Investitionen für Flüchtlingsunterkunft
Landratsamt plant Unterbringung von Flüchtlingen im Eberbacher Schmeißer-Stift. Mietvereinbarung noch nicht unterschrieben.

Von Rainer Hofmeyer
Eberbach. Aus der Tagesordnung zur öffentlichen Bauausschuss-Sitzung am kommenden Montag liest man, dass es Bewegung rund um das Dr.-Schmeißer-Stift gibt: "Nutzungsänderung Seniorenheim in Flüchtlingsunterkunft", steht dort. Es ist das Haus, in dem zu seinen guten Zeiten 90 Wohnungen für Eberbacher Senioren angeboten wurden. Jetzt soll es durch den Rhein-Neckar-Kreis mit Flüchtlingen belegt werden. Zugrunde liegt ein Beschluss der Mitgliederversammlung des Altersheim-Vereins.
Ohne eine grundlegende Sanierung ist das Haus nicht nutzbar, es ist in den letzten Jahren unbewohnbar geworden; selbst der Brandschutz ist nicht mehr aktuell. Für seine nunmehr dort geplanten Baumaßnahmen betreibt der Landkreis ein eigenes Baugenehmigungsverfahren, vertreten durch den Eigenbetrieb Bau, Vermögen und Informationstechnik. Die baulichen Maßnahmen sollen im zweiten Quartal 2023 beginnen und sich über rund sechs Monate erstrecken.
Damit gibt es zum Schmeißer-Stift zwei Bauanträge, rechtlich durchaus möglich. Denn es gilt immer noch die Baugenehmigung für den Verein, ausgerichtet auf ein Seniorenwohnheim. Die ist nach drei Jahren jetzt verlängert worden.
Dem Verein Stiftung Altersheim Eberbach liegt mittlerweile der schriftliche Mietvertragsentwurf des Rhein-Neckar-Kreises für das Haus in der Luisenstraße vor. Zwei Jahre Mietzeit sind vorgesehen, mit der Option, maximal um ein Jahr zu verlängern. Der Kreis übernimmt alle Kosten, um das Schmeißer-Stift für die Unterbringung von Flüchtlingen zu ertüchtigen.
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Nach langjährigen erfolglosen Versuchen, das Altenheim vor dem Verfall zu retten und für Senioren zu reaktivieren, hat die Mitgliederversammlung des Vereins Stiftung Altersheim im letzten September entschieden, dass das Haus vorübergehend als Flüchtlingsheim genutzt werden kann. Dabei ist man davon ausgegangen, vor allem Familien aus der Ukraine unterzubringen.
In der Bauangelegenheit des Kreises wegen der "Nutzungsänderung Altersheim in Flüchtlingsunterkunft" wurde über die Stadt Eberbach mit Schreiben vom 15. März eine Nachbarschaftsbeteiligung eingeleitet. Die Anwohner rund um die Ecke Luisenstraße/Friedrich-Ebert-Straße erhielten die Aufforderung, mögliche Einwendungen innerhalb eines Monats beim Eberbacher Bürgermeisteramt oder im Stadtbauamt vorzubringen.
Laut Bauantrag sollen im Schmeißer-Stift bis zu 300 Personen untergebracht werden können. Das Landratsamt teilt auf Anfrage dieser Zeitung mit, dass noch nicht feststehe, wie viele und welche Flüchtlinge in Eberbach untergebracht würden, "da nicht bekannt ist, welche geflüchteten Menschen zum Zeitpunkt des Erstbezugs zugewiesen werden". Vom Regierungspräsidium Karlsruhe "werden aktuell dem Rhein-Neckar-Kreis zwischen 200 und 250 Flüchtlinge monatlich zugewiesen".
Beim privaten Altersheim-Verein macht sich inzwischen immer mehr Verstimmung breit. All seine Anstrengungen, in seinen satzungsgemäßen Aufgaben Senioren in Eberbach unterzubringen, seien letztlich an mangelnder finanzieller Unterstützung durch die öffentliche Hand gescheitert. Und das, obwohl man die Unterbringung der Alten durchaus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sähe.
Als letzte Rettung wollte der Altersheim-Verein das Stift genossenschaftlich führen und über Anteile finanzieren. Eine Beteiligung der Stadt als Genossin wurde jedoch vom Gemeinderat abgelehnt. Eine Darlehensbürgschaft, über die der Verein an günstigere Kredite gekommen wäre, wurde vom Ratsgremium ebenfalls ausgeschlagen. Die Idee der Genossenschaft liegt damit bis auf Weiteres auf Eis.
Die geplante Sanierung des Schmeißer-Stifts für die vorübergehende Unterbringung von Flüchtlingen würde hingegen von öffentlicher Seite mit hohem finanziellen Aufwand betrieben. Wenn dem Verein ebendiese großzügige Unterstützung gewährt worden wäre, könne man das Schmeißer-Stift jetzt im Sinne seiner ursprünglichen Widmung weiterbetreiben und die Not der Senioren in Eberbach lindern, wird vereinsintern kommentiert.
Nachdem Seniorenwohnheime in Rothenberg, Schwanheim und Rockenau ausgefallen sind oder schließen, würde die Lage für die Alten in der Stadt immer prekärer, stellen Verantwortliche fest. Beim Lebensrad und anderen Seniorenheimen in der Stadt gibt es lange Wartelisten. Das ab Mai geschlossene Rockenauer Curata-Heim zu reaktivieren, ist anscheinend nicht mehr möglich; es ist baulich am Ende.
Die Führung des Altersheim-Vereins ist derzeit noch in der Entscheidungsfindung, ob der vom Rhein-Neckar-Kreis vorgelegte Vertragsentwurf dem Votum der Mitgliederversammlung entspricht und unterschrieben werden kann. Bemängelt wird, dass der Kreis alle Entscheidungen über die Unterbringung und sonstige Nutzung an sich ziehen will. So bedarf es wohl einer Mitgliederversammlung, um die derzeit offene Lage rund um das Schmeißer-Stift zu klären.