Kampagne "#AusLiebe" soll Wert und Selbstwert stiften
Einblicke in die Beratungsarbeit des Diakonischen Werkes im Neckar-Odenwald-Kreis.

Von Ursula Brinkmann
Neckar-Odenwald-Kreis. Es sind starke Worte, die das Diakonische Werk Deutschlands im 175. Jahr ihres Bestehens für ihre Jubiläums-Kampagne wählt: #ausliebe. Das Diakonische Werk im Neckar-Odenwald-Kreis hat die gleichen Worte über die diesjährige Artikel-Serie geschrieben: Aus Liebe.
Fünf Geschichten geben Einblicke in die Arbeit des Sozialverbandes, ebenso in Lebenslagen, die Menschen nicht mehr allein bewältigen können und die deshalb die Beratungs- und Unterstützungsangebote des evangelischen Sozialunternehmens in Anspruch nehmen.
Es sind Profis am Werk, die diesen Dienst am Nächsten – denn das heißt "Diakonie" – tun als Psychologinnen und Psychologen, als Sozialpädagogen oder als Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, als Geschäftsführer und Geschäftsführerin.
Im Leitbild des freien Wohlfahrtsverbandes steht als Überschrift nach "Wir sind Kirche" ein zweiter Wir-Satz: "Wir begleiten Menschen". Es geht weiter: "Wir wollen Teilhabe und Selbstbefähigung fördern sowie Rückhalt und Solidarität bieten. Wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe."
Was das im Alltag und Einzelnen bedeutet, davon berichten Mitarbeitende des Diakonischen Werks in dieser Serie. Die Psychologin Dr. Mareike Hoffmann versteht ihre Arbeit in der Verantwortung gegenüber ihren Klienten, sogar deren Kinder und Enkel als auch deren Mitmenschen gegenüber. "Mit Verantwortungsgefühl mir selbst gegenüber, man könnte auch ‚aus Liebe‘ sagen." So könne diakonisches Handeln erfüllend, moralisch und (selbst)wertstiftend sein.
Auch Hoffmanns Kollegin, Diplom-Heilpädagogin Susann Oltmanns-Heller, empfindet es sinnstiftend, Verantwortung zu übernehmen, ist dankbar darüber, in der Gesellschaft etwas Sinnvolles zu tun. "Für mich ist das so selbstverständlich, dass ich zustimmen kann, es ‚aus Liebe‘ zu tun."
Sicher sei die Beratungsarbeit herausfordernd und mitunter belastend, weiß Geschäftsführer Guido Zilling. Aber er selbst erlebt sie auch als "positiv und bereichernd". "Menschen dabei zu begleiten, damit sie ihren eigenen Weg finden, sie vielleicht gestärkt aus einer schwierigen Situation gehen, ist aus meiner Sicht eine schöne Aufgabe."
Die "schöne Aufgabe" im Diakonischen Werk des NOK leisten rund 50 Mitarbeitende, die allermeisten sind Frauen. Eines der Plakate, mit denen im Jubiläumsjahr das Wirken der Diakonie in Deutschland dargestellt wird, zeigt zwei Frauen mit Formularen, dazu der etwas zweideutige Slogan: Manchmal heißt Liebe, einen Antrag zu machen.
Nicht um einen Heiratsantrag "aus Liebe" geht es, sondern um das, was die allgemeine Sozialberatung leisten kann: Fragen zur Krankenversicherung erläutern, Wohngeld-Voraussetzungen oder Briefe von Ämtern erklären, Unterstützungsangebote kennen und benennen und den Klienten dabei anwaltschaftlich zur Seite stehen. So wie im ersten Fallbeispiel von Silvia B.:
Silvia B. lebte über einige Jahre selbstständig in ihrer Wohnung. Immer wieder kam es zu schweren depressiven Episoden, und sie musste in die Klinik, um sich zu stabilisieren. Schon kurz nach der Entlassung fiel sie in die Antriebslosigkeit zurück, sah keinen Sinn in ihrem Leben und hatte kaum Kraft, den Alltag zu bewältigen oder vor die Tür zu gehen.
Trotz Therapie, Medikation und ambulanter regelmäßiger Betreuung verbesserte sich der psychische Gesundheitszustand nur gering. Das Aufsuchen der Tagesstruktur, um soziale Kontakte zu knüpfen und um den Tag gut zu gliedern, stellte durch die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und der Finanzierung der Tickets eine weitere große Hürde dar.
Gemeinsam mit der Betreuungsfachkraft des ambulant Betreuten Wohnens der Diakonie, dem Sozialdienst der Klinik und dem Fallmanagement des Landratsamtes wurde nach einer Wohnform für Silvia B. gesucht. Dabei sollte eine selbstständige Lebensführung weiterhin möglich, gleichzeitig aber eine engere Betreuung und Anbindung gegeben sein, damit Silvia B. aus der Isolation heraus kommen kann, damit sie tägliche Ansprache hat.
Das Angebot des Betreuten Wohnens in Gastfamilien eines Trägers aus dem Rhein-Neckar-Kreis schien für Silvia B. eine Option. Es kam zu Kontakten mit einer Familie aus dem Rhein-Neckar-Kreis. Nach einem gemeinsamen Kennenlernen wechselte sie in die neue Wohnform und in eine neue Umgebung.
Durch die Aufnahme in die Familie erfuhr Silvia B. Stabilität und Sicherheit. Die Teilnahme am Familienleben und die täglichen Kontakte zu den Familienmitgliedern taten der psychische Gesundheit von ihr gut. Seit der Aufnahme in die Familie musste Silvia B. nicht mehr in die Klinik. "Man kann sagen", so die Betreuungsfachkraft, "Silvia B. hat eine neue Heimat gefunden, fühlt sich von der Familie gut aufgenommen und genießt es, Menschen um sich zu haben, die ihr guttun."
Info: Beratungsangebote und Termine gibt es unter der Telefonnummer 06261/929-9200.