Wenn in Eberbach die Sirenen heulen
Neben den bundesweit geltenden Signalen hat Eberbach auch lokale Alarmpläne. Bei Hochwasser gibt es vier Gefahrenstufen.

Von Rainer Hofmeyer
Eberbach. Donnerstag, 14. September, 11 Uhr: Die Sirenen heulen in Eberbach, ausgelöst im Stadtgebiet und in den Stadtteilen von der Integrierten Leitstelle Rhein-Neckar der Rettungsdienste in Ladenburg. Es ist bundesweiter Alarmtag. Nach einer Dreiviertelstunde kommt das Signal Entwarnung. So soll es sein. Probealarme, in der Hoffnung, dass dieses Mal in Deutschland alles besser läuft als vor zwei Jahren. Da klemmte es an allen Ecken und Enden, Sirenen sprangen nicht an, und Warnmeldungen in Apps auf den Smartphones liefen erst nach langer Zeit ein.
Mit Sirenensignalen sollen Alt und Jung flächendeckend alarmiert werden. Bundesweit gültige Signale gibt es nur noch zwei: Zum Ersten der einminütige, an- und abschwellende Alarmton "Warnung bei Gefahr". Dann soll man das Radio einschalten und auf Durchsagen achten. Der Südwestrundfunk und das baden-württembergische Innenministerium lassen verlauten, dass Warnmeldungen in allen Programmen ausgestrahlt würden.

Das zweite bundesweit festgelegte Signal heißt "Entwarnung", ein durchgehender einminütiger Heulton. Bei konkreten Gefahrenlagen in Eberbach können beide Sirenenalarme selbstverständlich auch lokal begrenzt auslöst werden. Zumindest vorübergehend kann man Einsatzkräfte in Eberbach auch noch bei Feuer- oder Ölalarm über Sirene zusammenrufen (drei Heultöne in einer Minute). Die Neckarstadt hat jedoch zusätzlich mehrere Alarmstufen für Hochwasser.
Der unterbrochene, an- und abschwellende Heulton "ABC-Alarm" aus der Zeit des Kalten Krieges wurde Mitte der 1990er-Jahre gestrichen, das damalige Zentrale Warnamt in Koblenz aufgelöst. Die Warnämter in den Ländern wurden abgebaut. Die Experten hielten Einrichtungen für die flächendeckende Warnung der Bevölkerung für verzichtbar. Ab dann entwickelte sich das Chaos. Jedes Land und jede Stadt hatten selbst zu entscheiden, ob weiterhin Sirenen einsetzt werden. Angesichts der fortschreitenden stillen Alarmierung von Rettungskräften per Meldeempfänger vernachlässigte man die Sirenen immer mehr.
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2004 wurde das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn gegründet. Dort hat die Regierung eher den einen oder anderen höheren Beamten umgeparkt, statt für Kompetenz im Zivilschutz zu sorgen. Das Ergebnis zeigte sich 2021, als der erste bundesweite Warntag kläglich scheiterte. Der Chef des Katastrophen-Amtes musste gehen.
Parallel zur wieder aktivierten Alarmierung der Bevölkerung über Sirenen versenden die Rettungsleitstellen oder die Polizeizentralen inzwischen Aufrufe auch über sogenannte "Modulare Warnsysteme". Vom User lesbare Informationen werden dabei an Warn-Apps, Radios und Fernsehgeräte geschickt oder als SMS verbreitet.
Statt sinnigerweise bundeseinheitlich einer einzigen Warn-App für alle Gefahrenlagen, gibt es mindestens zwei. KatWarn vom Fraunhofer-Institut und NiNa vom Bundesamt für Katastrophenhilfe. Beide Apps können gezielt auch Warnungen für Eberbach und Umgebung ausstrahlen; verantwortlich dafür ist die Integrierte Leitstelle Rhein-Neckar. Man muss die Apps bei IOS- oder Android-Stores auf sein Smartphone laden und kann das Warngebiet für Push-Nachrichten individuell festlegen. Der hessische Innenminister hat sich stolz noch mit HessenWarn ausgestattet. Im Hessenland gibt es folglich identische Warnungen gleich auf drei Medien.
KatWarn "verbreitet Gefahrenmeldungen der Kommunen, Länder und des Bundes orts- oder themenbezogen per Smartphone-App und als SMS-Dienst". Absender sind Leitstellen der Feuerwehr und der Rettungsdienste, die Polizei, der Deutsche Wetterdienst, Hochwasser- und Erdbebenzentralen sowie externe Warnsysteme. Mit der Warn-App des Bundes NINA erhält man im Grunde den gleichen Typ Warnungen, oft redundant zu KatWarn.

Vier Alarmstufen hat Eberbach bei Hochwasser. Die Minutenzahl der Signaltöne steigt systematisch entsprechend der Warnstufe - von einer Minute über anderthalb, zwei bis zu drei Minuten, mit Unterbrechungen. Wenn die Sirene bei einem Hochwasser zum ersten Mal heult, haben manche Hausbesitzer in der Altstadt schon die schmutzige Brühe in ihren Kellern. Da steht der Eberbacher Pegel höchstens bei 6,25 Meter.
Ab der übernächsten Warnstufe 3 und 7,50 Meter Wasserstand läuft langsam die Altstadt oberirdisch voll. Bei höchster Alarmstufe 4, steht die Überschwemmung an der Itter bis zum Neuen Weg; Hirschhorner Landstraße, Friedrich-Ebert-Straße und Brühlstraße sind betroffen. Wenn der Neckar einen noch höheren Pegel wie zu Weihnachten 1993 erreicht, steht sogar die Tiefgarage am Leopoldsplatz unter Wasser.
Insgesamt gibt es zwölf Sirenenstandorte im Stadtgebiet und den Ortsteilen: Rathaus, Feuerwehrhaus, Katholische Kirche, Waldstraße, Schwanheimer Straße; Brombach, Friedrichsdorf (zwei Sirenen), Lindach, Unterdielbach, Pleutersbach und Rockenau.

Das Signal "Katastrophenalarm" hat Eberbach nicht mehr. Es wurde beispielsweise 1970 ausgelöst, als neben dem Neckar auch noch Holderbach und Itter große Teile der Innenstadt bis einschließlich der Bahnlinie und Parallelweg überschwemmten. Mit diesem Großalarm wurden alle Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk laut hörbar zusammengerufen und die Bevölkerung gewarnt.
Inzwischen laufen Alarmierungen der Helfer im Katastrophenfall im Stillen über Meldeempfänger ab. Die Bevölkerung wird in diesem Fall über das allgemeine Sirenensignal "Warnung bei Gefahr" informiert. Dann heißt es, Südwestrundfunk oder Radio Regenbogen einschalten und die Warn-Apps auf dem Smartphone beobachten.
Info: Automatische Messwertansage Pegel Rockenau Telefon 06271/19429. Hochwassertelefon Eberbach 06271/87333.