Plus Bürgermeisterwahl Walldürn

Großer Kandidatencheck vor der Wahl

Drei Bewerber stellten sich und ihre Ziele für Walldürn am Dienstagabend in der Nibelungenhalle vor.

27.06.2023 UPDATE: 27.06.2023 22:00 Uhr 5 Minuten, 56 Sekunden
Mit rund 700 Bürgern aus Walldürn und Umgebung war die Nibelungenhalle am Dienstag bei der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten gut gefüllt. Foto: Ralf Scherer

Von Ralf Scherer

Walldürn. Markus Günther will Bürgermeister der Stadt Walldürn bleiben. Meikel Dörr und Johann Martel wollen ihn bei der Wahl am 9. Juli als Rathauschef ablösen. Ihre Ziele für Walldürn haben die drei Kandidaten am Dienstagabend rund 700 interessierten Bürgern in der Nibelungenhalle und zwischenzeitlich mehr als 460 Zuschauern der Online-Übertragung im Internet vorgestellt.

Nachdem Helmut Hotzy als stellvertretender Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses die Spielregeln für den Abend erklärt hatte, skizzierte zunächst Meikel Dörr seine Vorstellungen für die Entwicklung in Walldürn in den kommenden acht Jahren.

Er durfte als erster Bewerber ans Rednerpult treten, weil ihm der Losentscheid in der Sitzung des Gemeindewahlausschusses vor zwei Wochen auch den Spitzenplatz auf dem Wahlzettel beschert hatte.

Notwendig war die Auslosung geworden, nachdem Dörr und Amtsinhaber Markus Günther ihre Bewerbungsunterlagen zeitgleich eingereicht hatten.


Hintergrund:

> Die Wahllokale sind am Sonntag, 9. Juli, von 8 bis 18 Uhr geöffnet.
> Unterlagen für die Briefwahl können unter www.wallduern.de/buergermeisterwahl im Internet beantragt werden. Die Rücksendung ist kostenlos. Der Wahlbrief muss spätestens bis Sonntag, 9. Juli, um 18 Uhr bei der Wahlbehörde eingehen.
> Fragen rund um die Bürgermeisterwahl beantwortet das Bürgerbüro, Tel. 06282/67140, E-Mail: buergerbuero@wallduern.de.
> Sollte im ersten Wahlgang keiner der Bewerber die absolute Mehrheit erreichen, findet am Sonntag, 23. Juli, ein zweiter Wahlgang statt. Dann würde die einfache Mehrheit zum Sieg ausreichen. (rjs)


Meikel Dörr (43, unabhängig)

"Walldürn kann mehr!" Seinen zentralen Wahlkampfslogan platzierte Dörr gleich zu Beginn seiner Rede. Der Wahltag sei eine große Chance für Walldürn, so der 43-jährige Verwaltungsfachwirt. Mit ihrer Stimme könnten die Bürger eine neue Ausrichtung wählen, die Walldürn voranbringen, bürgernäher und fit für die Zukunft machen werde. "Denn ich weiß, dass wir gemeinsam viel mehr erreichen können."

Als "Dürmer Bu mit Basilikasyndrom" sei er tief mit der Stadt verwurzelt und kenne die Befindlichkeiten, Sorgen und Ängste, aber auch die Stärken seiner Mitbürger. Mit seinen bisher 21 Jahren Erfahrung in der kommunalen Verwaltung wolle er gute Ideen aus allen Richtungen aufgreifen und beherzt vorantreiben. "Ich höre zu. Und vor allen Dingen habe ich den Mut zu handeln", so Dörr.

Eine transparente Kommunikation sowie offene und ehrliche Gespräche seien ihm dabei besonders wichtig. Als unabhängiger Bürgermeister werde er überparteilich moderieren und Innovatives unvoreingenommen betrachten. "Letztlich bin ich nur Ihnen und Walldürn verpflichtet", sagte Dörr in Richtung des Publikums.

Um Walldürn zukunftsfähig zu machen, bedürfe es eines grundlegenden Plans. "Hierfür bleibt uns meines Erachtens nicht mehr viel Zeit", betonte der 43-Jährige. Als zentrales Element skizzierte er das Thema Bürgerbeteiligung – geprägt von aufrichtiger Kommunikation und Augenhöhe. "Bürgernähe steht bei mir an oberster Stelle", versprach Dörr.

Offen für die Anliegen der Bürger, für engagierte Menschen und Ideen will er deshalb auch nach dem Wahlkampf bleiben. Im weiteren Verlauf seiner mehrfach von Applaus unterbrochenen Rede riss er die Themen an, um die sich ein Bürgermeister in den kommenden Jahren verstärkt kümmern müsse: Kinderbetreuung und ärztliche Versorgung, Wirtschaft, Finanzen, Gastronomie, Einzelhandel, Digitalisierung, Sanierung der Nibelungenhalle und Energieversorgung.

Letztere solle für den Eigenbedarf erneuerbar und regional produziert werden. "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir Walldürn ökologischer gestalten", sagte Dörr mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit. Dazu müssten an städtischen Verwaltungsgebäuden, in den Schulen und Bädern Maßnahmen umgesetzt werden, die viele Eigenheimbesitzer längst umgesetzt haben.

Seine Vorstellungsrede beendete er mit einem Dank an all jene, die sich in ihrer Freizeit der Gemeinschaft verpflichtet fühlen und ehrenamtlich engagieren. "Deswegen werde ich die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen und sicherstellen, dass dieses Engagement weiter gestärkt, geschützt und gewürdigt wird", so Dörr. "Ich weiß, was Walldürn kann. Packen wir es an!"


Markus Günther (59, CDU)

"Wir stehen vor großen Herausforderungen, die nicht immer angenehm, leicht oder stromlinienförmig verlaufen", schickte Markus Günther seinen Überlegungen zu den drängendsten Zukunftsthemen voraus. Um die positive Entwicklung der Stadt fortführen zu können, brauche es deshalb einen erfahrenen Steuermann.

Dabei stehe Walldürn nicht am Ende seiner Entwicklung, sondern inmitten seiner Zukunft. "Wir haben die letzten 16 Jahre etwas gestaltet, für das uns viele von außen beneiden", so der 59-Jährige. Darauf gelte es aufzubauen. Als seit 16 Jahren "hochmotivierter Bürgermeister" werde er weiterhin sein Netzwerk zum Nutzen der Stadt einbringen, beispielsweise als Vorsitzender des Arbeitskreises der Garnisonsstädte in Baden-Württemberg, als Mitglied im Europaausschuss des Städte- und Gemeindebunds oder als Mitglied im hiesigen Kreistag.

Die in den vergangenen 16 Jahren umgesetzten Projekte hätten bei gleichzeitigem Schuldenabbau die Lebensqualität und die Zukunftsfähigkeit Walldürn immens gesteigert. "Auf diesem Weg müssen und können wir konsequent weitergehen", so Günther.

Die sich bietenden Chancen müsse man allerdings auch konsequent nutzen und nicht aus unerfindlichen Gründen in einer Verweigerungshaltung erstarren. "Leider hat dies eine knappe Mehrheit im Gemeinderat in den letzten Monaten zu meinem Bedauern getan", kritisierte der Bürgermeister und nannte exemplarisch die Ablehnung der Ansiedlung eines Inklusionshotels in der Innenstadt.

Deren Belebung nannte er als eines seiner "großen Anliegen". Dazu müsse die städtebauliche Feinkonzeption umgesetzt und mit Leben erfüllt werden. "Es muss menscheln in der Innenstadt", gab Günther als Devise aus. Dazu bedürfe es einer herausragenden Aufenthaltsqualität für Kunden und Anwohner gleichermaßen. Erreichen könne man dieses Ziel durch attraktive Plätze, einschließlich des Schlossplatzes. Prägende Gebäude wie das Heimatmuseum würden eine "außergewöhnliche Aufwertung" des Fachwerkambientes der Altstadt darstellen.

Die Wallfahrt bezeichnete der 59-Jährige als eines seiner "Herzensanliegen". Nach der Corona-Pandemie gelte es nun, neue Pilgerschichten anzusprechen. "Gemeinsam mit der Seelsorgeeinheit will ich es erreichen, eine noch engere Verzahnung herzustellen", so Günther. Neben regelmäßigen Treffen gehöre dazu für ihn auch eine gemeinsam von Stadt und Kirche finanzierte Personalstelle, die das ganze Jahr über auf die Belange der Wallfahrt als wesentlichem Standbein für den Tourismus in Walldürn ausgerichtet ist.

Im weiteren Verlauf seiner routiniert vorgetragenen Rede ging Günther auf die Herausforderungen des Klimawandels ein. "Jammern allein oder massive Behinderungen des öffentlichen Lebens helfen uns nicht weiter", betonte er. Als Stadt und Stadtwerke müsse man diesen Veränderungen Rechnung tragen. Eine Strategie zur Dekarbonisierung werde derzeit erarbeitet, sei aber nur ein Schritt in die richtige Richtung.

Außerdem sprach der 59-Jährige die Planungen zur Sanierung der Nibelungenhalle, die Einrichtung eines Senioren- und Jugendbeirats, von Jugendhäusern und eines Mehrgenerationenhauses an. "Ich habe in beiden Wahlkämpfen in meinem Wahlprogramm nichts Unmögliches versprochen", betonte Günther abschließend. "Ich habe immer meine Versprechungen gehalten."


Johann Martel (44, AfD)

"Wir brauchen mehr Bürgerentscheide, damit alle bestimmen können, was genau in Walldürn vorgenommen werden soll", plädierte Johann Martel für mehr Transparenz. Daran habe es in der Ära von Markus Günther gemangelt. Der Gemeinderat solle zukünftig seltener hinter verschlossenen Türen tagen. Die in der Gemeindeordnung vorgesehene jährliche Einwohnerversammlung werde er in die Tat umsetzen, so Martel.

Als Kandidat aus einem Ortsteil wolle er die seiner Ansicht nach vorhandene Dominanz der Kernstadt reduzieren und den Ortschaftsräten mehr Gestaltungsspielräume zugestehen. Die Verschiebung von Bauplätzen von Altheim in Richtung Kernstadt oder das "Hickhack" um die Sanierung der Grundschule in Rippberg hätten gezeigt: "Das muss besser laufen."

Auch bei weiteren Themen bezog der 44-Jährige Stellung: Wenn es nach ihm geht, sollen Asylbewerber nicht mehr in Wohngebieten untergebracht werden, den Bau von Windrädern in Walldürn und den angrenzenden Gemeinden will er verhindern, für eine Erweiterung der Firma Alba sieht er "derzeit keine guten Gründe".

Stark machen will sich der Technische Fachwirt für die Herausgabe eines Amtsblatts, die Neuordnung des Abwasserkonzepts, die Aufwertung von Spielplätzen als "zentrale Anlaufstellen" für Kinder, den Ausbau der Kinderbetreuung, die Sanierung der Grundschule in Altheim und der Werkrealschule in Walldürn sowie die Sanierung der Nibelungenhalle. Letztere sei in einem besorgniserregenden Zustand, die Nutzung eine Zumutung und das Gebäude kein Aushängeschild für Walldürn.

Einen Schwerpunkt seiner von gelegentlichem Raunen und Buh-Rufen begleiteten Rede legte Martel auf den Zustand der Innenstadt. Er sprach sich für eine Belebung des Einzelhandels im Zentrum und gegen weitere Ansiedlungen im Gewerbegebiet "Spangel" aus. "Hier möchte ich gegensteuern", so Martel. Dazu gehöre für ihn auch die Bereitstellung von ausreichend Parkraum. "Wenn wir wollen, dass der Stadtkern attraktiv ist, dann müssen wir autofreundlich sein."

Bauplätze will Martel bevorzugt innerhalb der vorhandenen Siedlungsflächen durch Nachverdichtung zur Verfügung stellen. "Der ,Vordere Wasen‘ soll Naherholungsgebiet bleiben und nicht bebaut werden", betonte er. Im Bereich der medizinischen Versorgung und der Betreuung im Alter plädierte Martel dafür, das Leistungsangebot im Geriatriezentrum St. Josef nicht zu kürzen. Es müsse über "geeignete Maßnahmen" nachgedacht werden, wie man Ärzte nach Walldürn bekommt. Auch Heilpraktiker sollten willkommen geheißen werden.

Die sinkenden Pilgerzahlen bei der Wallfahrt führte Martel auf eine "mangelhafte Zusammenarbeit zwischen Stadt und katholischer Kirche" zurück. Damit diese für Walldürn wichtige Einnahmequelle nicht versiegt, wolle er in Zusammenarbeit mit der Kirche anstoßen, dass die Wallfahrt den "Gegebenheiten unseres Zeitalters" angepasst wird.

Zugunsten des Tourismus will er sich außerdem dafür einsetzen, dass sich übergeordnete Ebenen finanziell stärker am Erhalt des Odenwälder Freilandmuseums beteiligen. "Wie Sie sehen, gibt es viel zu tun in Walldürn und in den Ortsteilen", schloss Martel seine Bewerbungsrede. "Nur mit mir bekommen Sie den dringend benötigten Wandel."

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