Kandidatenschau in Sindolsheim lockte die Massen an
500 Zuhörer bei der Kandidatenvorstellung – Zwei Bewerber konnten richtig gut punkten

Von Joachim Casel und Helmut Frodl
Rosenberg. Aus allen Nähten platzte am Mittwoch die Halle in Sindolsheim. Aber glücklicherweise hatte die Verwaltung weitsichtig einen Anbau neben der Halle bestuhlt, in dem weitere Bürger die Kandidatenvorstellung zur Rosenberger Bürgermeisterwahl auf Großleinwand verfolgen konnten. Insgesamt 500 Rosenberger und einige Gäste - darunter viele aus Ravenstein - verfolgten live die interessante Veranstaltung und bekundeten durch ihr Erscheinen, dass ihnen das Wohl und die Zukunft ihrer Gemeinde am Herzen liegen.
Zum Ablauf des Abends: Zunächst hatten die fünf Kandidaten (der sechste Bewerber Marco Maciossek hatte vorher seine Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt) 15 Minuten Gelegenheit, sich selbst, ihr Konzept und ihre Ziele vorzustellen (siehe Kurzzusammenfassungen am Ende des Artikels).
Hintergrund
Hintergrund Bürgerfragerunde
Viele Rosenberger Themen kamen bei der gut einstündigen Bürgerfragerunde zur Sprache. Hier ein Auszug:
> Doppel-Bürgermeister (Roland Rubin, Bronnacker): Können Sie sich vorstellen
Hintergrund Bürgerfragerunde
Viele Rosenberger Themen kamen bei der gut einstündigen Bürgerfragerunde zur Sprache. Hier ein Auszug:
> Doppel-Bürgermeister (Roland Rubin, Bronnacker): Können Sie sich vorstellen Bürgermeister in zwei Gemeinden zu sein? Matousek: "Nein, das Amt ist ausfüllend. Da kommt nur eine Gemeinde in Frage." - Von Thenen: "Bei gleich gelagerten Kommunen kann man viele Synergieeffekte erzielen, und es ergeben sich dann bei 5000 Einwohnern in Ravenstein und Rosenberg neue Möglichkeiten."
> Führungsqualitäten (Jürgen Geiger, Rosenberg): Verfügen Sie über Führungserfahrung? Ullrich: "Im klassischen Sinne nicht, aber ich leite ein Messeteam und war elf Jahre Trainer." - Schweizer: "Ich habe bei einer Versicherung gearbeitet." - Wentrup: "Ich bin seit 2003 selbstständig, hatte aber nie mehr als zwei Angestellte."
> Windenergie (Wolfgang Rieger, Sindolsheim): Windenergie ist bei uns ein Spaltungspunkt. Sind Sie für einen weiteren Ausbau? Ullrich: "Ich sehe da keine weitere Möglichkeit." - Wentrup: "Weiß ich nicht. Das müssen die Bürger entscheiden." - Schweizer: "Überall, wo hohe Renditen erzielt werden, ist was faul." - Matousek: "Vier Windräder sind genug!" - Von Thenen: "Im Flächennutzungsplan sind keine weiteren Flächen ausgewiesen. Somit glaube ich, es reicht."
> Dorfladen: (Christoph Geiger, Rosenberg und Wolfgang Rieger): Kann man den Dorfladen in Rosenberg wieder beleben? Matousek: "Auch in Rosenberg sehe ich Potenzial. Wir haben eine Verkaufsfläche von 230 Quadratmetern. Parkplätze sind da. Barrierefreiheit ist gegeben. Da lässt sich was machen." - Ullrich: "Ich bin da nicht so optimistisch. In fünf Minuten sind viele bei den großen Discountern. Aber wir würden alles versuchen!"
> Blaulichtfraktion (Heiko Hossfeld, Sindolsheim): Wie sehen Sie die (räumliche) Situation der Hilfsorganisationen? Von Thenen: "Ein gemeinsames Gebäude der Feuerwehr für verschiedene Teilorte ist natürlich eine schwierige Entscheidung, die von den Abteilungswehren abhängt." - Ullrich: "Man sollte hier keine Einheit erzwingen, die es in den Köpfen noch nicht gibt. Von daher bin ich eher für eine dezentrale Lösung." - Wentrup: "Ich denke zwei Feuerwehren für die Gemeinde wären ausreichend." - Schweizer: "In Hirschlanden ist Hochbetrieb. Da halten einige Motoren den Laden am Laufen." - Matousek: "Ich habe mir die Magazine in Rosenberg und Hirschlanden angesehen. Da ist einiges nicht mehr zeitgemäß. Die Wehren sollen die volle Unterstützung erhalten!"
> Slogan: (Christoph Hilgers, Bronnacker): Haben Sie einen Slogan für Ihre Kandidatur? Schweizer: "Mehr Demokratie wagen." - Matousek: "Mutig sein!" - Von Thenen: "Gemeinsam, ehrlich und offen in die Zukunft." - Ullrich: "Gemeinsam Neues gestalten." - Wentrup: "Gemeinsam stark sein."
> Zwänge und Bürgernähe: (Werner Vogt, Sindolsheim) Wie wollen Sie Bürgernähe leben trotz Sach- und Finanzzwängen? Ullrich: "Die Sachzwänge sind da wohl die größeren Hürden." - Schweizer: "Bürgernähe gibt es nur vor der Wahl." - Matousek: "Hier sehe ich zwei Säulen. Man muss Informationen geben und den Kontakt mit den Menschen pflegen. Meine Tür ist immer offen, auch außerhalb der Dienstzeiten!" - Von Thenen: "Bürgernähe muss man leben, man muss sehen, wo der Schuh drückt!"
Dann gab es eine Fragerunde der Bürger (siehe Hintergrund), in der die Einwohner von Rosenberg und den Ortsteilen die Kandidaten entweder alle zusammen oder einzeln nach konkreten Sachthemen befragen konnten.
Unterschiedlicher hätten die Kandidaten an diesem Abend wohl kaum sein können. Die breite und sehr bunte (!) Palette reichte (ohne Wertung der Reihenfolge) vom erfahrenen Verwaltungsfachmann, über einen amtierenden Bürgermeister, einen Marketing-Experten und einen Selbstständigen bis hin zum selbst ernannten Weltverbesserer. Aber die Zuhörer hatten sowohl ausreichend Ortskenntnisse als auch ein feines Gespür, was und vor allem wen man hier ernst nehmen kann und wen nicht.
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Unstrittig dürfte dabei sein, dass sich der bereits im Vorfeld sehr hoch gehandelte Kämmerer Ralph Matousek gut präsentiert hat. Der Initiator des genossenschaftlich betriebenen "Dorfladens Jagsthausen" ist ein absoluter Verwaltungsprofi, der dies anhand verschiedener Fragen untermauern konnte. Der im Vergleich zu seinen Mitbewerbern stärker ausgefallene Applaus der Zuhörer bestätigt diesen Eindruck.
Bei vielen Zuhörern gepunktet hat auch Konkurrent Alexander Ullrich. Der Marketing-Fachmann hat an diesem Abend gute Werbung in eigener Sache betrieben. Der Lokalmatador hatte ein klares Konzept mit Ideen, die speziell auf Rosenberg zugeschnitten sind und vertrat dieses sehr entschlossen.
Ravensteins Bürgermeister Hans-Peter von Thenen versuchte derweil, durch seine Erfolge in Ravenstein zu punkten. Ein Konzept, das spätestens in seiner breit angelegten Generalschelte gegen Ravensteiner Politiker, von denen er sich gemobbt fühlt, deutliche Risse erhalten hat. Die Rosenberger Bürger waren gekommen, um etwas über von Thenens Vorstellungen zu Rosenberg zu hören und nicht über den Unfrieden in Ravenstein.
Und was meinten die Zuhörer? Die RNZ hat sie rund um die Kandidatenvorstellung befragt, wie sie die Veranstaltung erlebt haben, wie die Kandidaten auf sie gewirkt haben, wie sie die Atmosphäre des Abends empfunden haben und in welcher Weise diese Veranstaltung ihre Wahlentscheidung beeinflusst hat:
Klaus Wild (Rosenberg) lobte die Art der Präsentation: "Die Kandidatenvorstellung war eine hervorragende Sache. Die Kandidaten haben sich genauso präsentiert, wie man sich das vorstellen konnte." Als wohltuend wurde von den Bürgern die sachliche Atmosphäre empfunden und die freundliche Art, wie die Kandidaten miteinander umgingen. Untereinander und vor Publikum fiel kein böses Wort!
Die einzelnen Kandidaten seien bei Vorstellung und Fragerunde sehr souverän aufgetreten, wenngleich dem ein oder anderen doch die Nervosität vor solch großer Kulisse sichtlich anzumerken war. Einige Kandidaten hätten teilweise erfrischende Ansätze zur Weiterentwicklung Rosenbergs gegeben. Kritisch merkten einige Bürger an, dass Hans-Peter von Thenen und Max Schweizer die Bühne zur Schelte nutzten, um missliebige Ravensteiner Verhältnisse oder die schlechte Rolle der Banken (Schweizer) anzuprangern.
In der Mehrzahl wurden auch die Antworten der Kandidaten gelobt. Lediglich Ullrich Herrmann (Hirschlanden) äußerte sich skeptisch: "Es waren zu viele allgemeine billige Phrasen, ohne konkrete Lösungsansätze zu nennen."
Auf die Frage, welcher Kandidat sie am meisten beeindruckt hat, hoben viele Befragte das große Know-how von Ralph Matousek hervor. Stellvertretend für viele sagte Gemeinderätin Katrin Weimer: "In der heutigen Zeit ist ein ganz wichtiges Wahlkriterium, dass es jemand vom Fach ist. Das ist heute Pflicht, sonst geht es schief." Dem pflichtete Wolfgang Reger aus Sindolsheim bei: "Wenn einer heute keine Ahnung von Verwaltungsrecht hat, dann wird es schwierig. "
Lob gab es auch für Alexander Ullrich. Andere Kandidaten kamen da in der Gunst der Bürger schlechter weg: Wolfgang Reger: "Bei Teilen dieser Kandidaten war es eine Lachveranstaltung. Sie haben das Ganze nicht ernst genommen. Sie nicht zu wählen, ist Selbstschutz!"
Interessant auch die Antworten der Rosenberger auf die Frage, ob dieser Abend ihre frühere Entscheidung verstärkt habe. Fast alle bestätigten auf Anfrage, dass sich ihre bisherige Wahl heute bestätigt habe. Gemeinderätin Brigitte Bernhardt: "Meine Entscheidung steht jetzt noch deutlicher. Es gibt für mich einen klaren Wahlsieger." Achim Liebl: "Ich bin mir jetzt noch sicherer, wen ich wähle."
Weitere Statements: Richard Vogt (Sindolsheim): "Es war eine gute Veranstaltung, bei der sich jeder seine Meinung gut bilden konnte".
Heinrich Kautzmann (Sindolsheim): "Es war eine gute Vorstellung der Kandidaten. Mal sehen, ob es gleich im ersten Wahlgang ausgeht. Über 50 Prozent zu bekommen, ist sicher nicht einfach."
Klaus Wild: "Nach dieser Vorstellung gibt es für mich zwei Topfavoriten, die anderen kann man vergessen." Silke Stumpf (Rosenberg): "Nach dieser Vorstellung kann es nur eine Wahl geben!"

30 Jahre, Rosenberg, verheiratet, Betriebswirt.
Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person widmete sich Ullrich der knappen Haushaltssituation in Rosenberg, die wenig Spielraum lasse. Daher gelte es, die erforderlichen Maßnahmen möglichst kostengünstig umzusetzen. "Planung ist hier das A und O."
Wichtig sei für ihn, in die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu investieren, wozu auch attraktive Baugebiete und Erschließung neuer Gewerbegebiete gehörten, denn es gelte, den Wirtschaftsstandort Rosenberg weiter auszubauen.
Großen Wert lege er auf die Kommunikation und Präsentation der Gemeinde. Kindergarten und Grundschule, wo gute Arbeit geleistet werde, stünden bei der zukünftigen Arbeit im Mittelpunkt. Ebenso die Reaktivierung des Bahnhalts in Rosenberg und Hirschlanden.
Ein weiteres wichtiges Thema sei die Aktivierung des Einkaufsmarkts. Das Ehrenamt verdiene Hochachtung. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, müssen alle zusammenstehen.
Die Zukunft werde nicht einfach, aber mit ihm als Bürgermeister könne man in Rosenberg neue Wege beschreiten.

Mirco Wentrup
41 Jahre, Bronnacker, liiert, Vater von drei Kindern, Kfz-Mechaniker.
Wentrup, geboren in Schleswig-Holstein, lebt seit 2006 in Bronnacker und fühlt sich dort wohl. Er reichte seine Bewerbung ein, weil er gesehen habe, dass Rosenberg in den letzten Jahren rückwärtsgehe. Das will er ändern, den Zusammenhalt untereinander stärken und entgangenes Vertrauen wieder herstellen.
Zudem müssten Entscheidungen transparenter gemacht werden. Im Falle einer Wahl möchte er Rosenberg als kinderfreundliche Gemeinde präsentieren, dazu gehören für ihn auch mehr Freizeitangebote.
Da freie Wohnungen in Rosenberg nicht zur Verfügung stehen, will er bezahlbaren Wohnraum für sozial schwache Personen schaffen. Eine Einkaufsmöglichkeit in der Gemeinde sieht er als dringend notwendig an.
Zudem sollten die Senioren nicht vergessen werden. Er denkt deshalb an den Bau einer Seniorenwohnanlage. Feuerwehr und DRK gehören nach seiner Meinung dringend "überarbeitet" und verbessert.
Er verfüge über kein Diplom, aber einen guten Menschenverstand und will dadurch neue Impulse für Rosenberg setzen.

Max Schweizer
63 Jahre, Hirschlanden, Diplom-Kaufmann.
Schweizer versuchte eingangs eine Definition von "Demokratie". Demokratie sei demnach ein Gott, der keiner ist. Dann erzählte er einige Storys, bei denen die Zusammenhänge zumeist schnell verloren gingen.
Ein weiteres Thema war die Schließung von Bankstellen in der Gesamtgemeinde, die er heftig kritisierte und dabei auch gleich noch das System als solches kritisierte. Er selbst nannte sich einen "Skeptischen Realisten" - oder einen "realistischen Skeptiker" und betrachtete dies allein vermutlich wohl schon als Programm.
Seine verblüffende Diagnose für die Gemeinde Rosenberg: "Sparen ist angesagt". Als Beispiel nannte er die hohen Personalkosten im Rathaus. Für ihn fährt Rosenberg derzeit in eine falsche Richtung, deshalb seien "Reförmchen" notwendig.
Er selbst sei ein "Generalist" und das sei fürs Rathaus besser als ein "Spezialist", denn man habe das Gefühl, dass in Rosenberg kein Bürgermeister, sondern ein "Geschäftsführer" für den Dorfladen gesucht werde. Einer Fusion mit Osterburken stehe er übrigens ergebnisoffen gegenüber.

44 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, Kämmerer, Diplom-Verwaltungswirt.
Seine Stärken seien umfangreiche Erfahrungen in der Kommunalpolitik als Bauamtsleiter in Untereisesheim und seit 2003 als Kämmerer in Jagsthausen. Seine Hauptaufgabe sehe er darin, dass das Leben in Rosenberg lebenswert ist. Dazu müssten die Veränderungen in der Gesellschaft und die wachsenden Anforderungen in jeder Lebensphase und Altersgruppe berücksichtigt werden.
Das Geschaffene gelte es zu erhalten und die Gemeinde fit für die Zukunft zu machen. Die Bildungseinrichtungen Kindergarten und Schule wolle er fördern.
Das Ehrenamt möchte er weiter stärken. Etwa die Feuerwehr, für die man räumlich gute Voraussetzungen schaffen müsse. Gemeinsam mit den Bürgern möchte er die Nahversorgung mit Lebensmitteln sichern.
Er möchte einen Ort der Begegnung schaffen, ein Café für alle. Es bedürfe einer gesunden Finanz- und Haushaltspolitik sowie der Verbesserung des Bahnanschlusses für Rosenberg. Mit Erfahrung, Kompetenz und Leidenschaft möchte er in Rosenberg die Zukunft gestalten.

49 Jahre, Oberwittstadt, verheiratet, zwei Kinder, Bürgermeister.
Er ist seit 2012 Bürgermeister in Ravenstein. Am Mittwoch zeigte er seine dortigen Tätigkeitsfelder und Leistungen auf, verleugnete aber auch nicht, welche menschlichen Schwierigkeiten er in seinem Amt hat.
Dies nutzte er zur gnadenlosen Abrechnung, weil die Gräben in Ravenstein immer noch sehr tief seien. In Rosenberg sei eine andere Situation, deshalb bewerbe er sich hier und wolle gleichzeitig zwei Gemeinden als Bürgermeister führen.
Mit beiden Gemeinderatsgremien und der Verwaltung wolle er Synergieeffekte erzielen, die von allen mitgetragen werden sollen. Im Falle seiner Abwahl in Ravenstein würde er sich dann voll und ganz auf Rosenberg konzentrieren. Er könne sich vorstellen, hier mehrere Wahlperioden zur Verfügung zu stehen.
Rosenberg sei gut aufgestellt und immer mit Bedacht geführt worden. Den Standort Grundschule und Kindergarten gelte es zu sichern. Die Einkaufssituation möchte er verbessern, Vereine und Gewerbe unterstützen. Er habe sich in seiner bisherigen Tätigkeit viel Rüstzeug hierfür angeeignet.



