Zum Haager Neubaugebiet sind viele Fragen offen
Vor dem Bürgerentscheid am 20. März zum Neubaugebiet "Im Viertel III" werfen Leser Fragen an Bürgermeister und Rat auf.

Von Jutta Biener-Drews
Schönbrunn. Fragen unserer Leserschaft werfen die im Amtsblatt erschienenen Stellungnahmen erst von Bürgermeister Jan Frey, dann seitens des Gemeinderats zum Bürgerentscheid über das Haager Neubaugebiet auf. Dabei wird deutlich, dass die Ausweisung eines Neubaugebiets an dieser Stelle auch unabhängig von den Forderungen der dagegen gerichteten Bürgerinitiative strittig ist.
Auch wird die Nachfrage nach einer solchen und andere Fragen im direkten Austausch klärenden Informationsveranstaltung offenbar immer drängender. Bislang gibt es Informationen rund um den am 20. März stattfindenden Bürgerentscheid zum "Viertel III" nur online über die Schönbrunner Homepage. Wir haben Bürgermeister Jan Frey und stellvertretend für den Rat Karin Koch mit den Anliegen konfrontiert.
Die Gemeindevertretung ebenso wie der Verwaltungschef werben bekanntlich für eine Schaffung dieses Baugebiets zur "Eigenentwicklung" der Gemeinde, um der Nachfrage vor allem ortsansässiger junger Familien nach Bauplätzen entsprechen zu können. Einheimische hegen nun allerdings die Befürchtung, dass sich Bauwillige von außerhalb, vor allem aus dem städtischen Umfeld, wo der Baugrund rar und sehr viel teurer ist, um diese Grundstücke bewerben werden und Ortsansässige am Ende leer ausgehen. Wie berechtigt ist diese Befürchtung?
Karin Koch macht die "aktuelle Blockade" infolge des Bürgerentscheids dafür verantwortlich, dass der Gemeinderat augenblicklich "nur darüber nachdenken kann, wie die Vergaberichtlinien für die entstehenden Bauplätze aussehen könnten". Wenn es zum Bebauungsplan kommt, werde es aber auch "zu einem festgelegten Vergabemodus kommen".
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Deutlicher wird da Jan Frey: "Wir wollen unseren Leuten natürlich diese Bauplätze zur Verfügung stellen", erklärt der Bürgermeister. Zumal ein größerer Zuzug junger Familien von außerhalb die Gemeinde infrastrukturell an ihre Grenzen bringen könnte. "Einheimische sind ja schon in der Bedarfsplanung drin, da ist die Infrastruktur vorhanden", so Frey. Und denkt dabei etwa an das schulische und das Kindergartenangebot.
Frey macht allerdings auch auf die rechtliche Problematik aufmerksam, die sich bei nur auf ortsansässige Bewerber zugeschnittenen Vergabekriterien, sogenannten Einheimischenmodellen, ergeben. Denn Bewerber zu diskriminieren geht nicht. Den Darlegungen des baden-württembergischen Gemeindetags folgend, käme für Frey aber die Festlegung auf ein Punktesystem in Betracht, das Grundstücksbewerber etwa nach sozialen Kriterien wie Einkommensverhältnissen und Familienstand, aber auch nach ihrer Ortsbindung, der Dauer ihrer Ortszugehörigkeit und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Gemeinde im Auswahlverfahren weiter vorn oder weiter hinten positionieren könnte.
Angezweifelt wird von Schönbrunner Einwohnern die grundsätzliche Notwendigkeit eines neuen Baugebiets in Haag. In der Vergangenheit hätten hier schon privat Häuser und Grundstücke zum Verkauf gestanden, ohne jegliche Resonanz bei Einheimischen.
Für Gemeinderätin Koch ist dies eine Frage der persönlichen Vorliebe: Es bleibe doch "den "Einheimischen" selbst überlassen, ob sie sich für ein im Ort zum Verkauf angebotenes Objekt entscheiden". Auch seien ihr durchaus zustande gekommene Verkäufe bekannt. Möglicherweise gab es ja Fälle, wo Kaufinteressent und Verkäufer sich in der Preisfrage nicht einigen konnten, oder wo das Objekt einfach nicht passte, vermutet auch Jan Frey. Unabhängig davon besitze die Gemeinde keinerlei rechtliche Mittel, um über vorhandenes privates Bauland zu verfügen, betont der Bürgermeister.
Für ein Verständnisproblem gesorgt hat der Gemeinderat mit seiner Aussage "Neben einem fehlendem Dorfladen und aus Altersgründen einschlafendem Vereinsleben müssten langfristig Kindergärten und Schule geschlossen werden, wenn wir nicht dafür sorgen, dass junge Familien hier ihre Heimat finden". Hier stellt sich die Frage, ob konstatiert wird, dass ein Dorfladen in Haag schon jetzt fehlt, oder dass ein neuer Dorfladen durch ein neues Baugebiet eine Chance hat. Wäre das nicht unrealistisch?, fragt ein Leser, und bezieht sich dabei auch auf die Vorstellung, das "einschlafende" Vereinsleben von Schönbrunn könnte von einem Zuzug profitieren.
Bürgermeister Frey ist anderer Ansicht. "Vielleicht würden nicht unbedingt die Gesangvereine profitieren, der TTC Haag oder der SV Moosbrunn aber ganz bestimmt". Selbst der Gedanke an einen neuen Dorfladen sollte nicht völlig abgeschrieben werden, findet Frey.



