Pater Andreas Knapp referierte in Hettingen über den Nahen Osten
3500 Euro für die syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde in Leipzig – "Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen"

Pater Andreas Knapp (Mitte) berichtete im Hettinger Lindensaal über das Schicksal der Christen im Orient. Foto: Anthea Fischer
Buchen-Hettingen. (afi) Mit berührenden Erzählungen entführte Pater Andreas Knapp zweieinviertel Stunden lang die vielen Zuhörer, die sich am Freitagabend im Lindensaal einfanden, in den Nahen Osten. Musikalisch begleitet wurde der Abend mit stimmungsvollen Musikstücken, gespielt von Holger Ams (Violine), Eva Reiners-Ams (Viola), Jonas Ams (Kontrabass) und Katrin Kirchgeßner (Klavier). Ausgerichtet wurde der Abend vom Förderverein des Lions Clubs Buchen, dessen Präsident Bernhard Henk die zahlreichen Gäste, unter ihnen Bürgermeister Roland Burger, begrüßte.
Eingangs berichtete Andreas Knapp davon, wie es zu seiner Reise in den Irak kam: Durch den Kontakt zu einer Flüchtlingsfamilie wurde er spontan dazu eingeladen, Yussif nach Kurdistan zu begleiten. Dieser irakische Christ, der ursprünglich aus Mossul stammt, wollte seinen sterbenskranken Vater ein letztes Mal sehen. Im Irak angekommen, war es dafür leider schon zu spät, doch immerhin konnten sie die Totenfeier besuchen. Dennoch war das Wiedersehen von Yussif und seiner Mutter "ein Wiedersehen im Exil", so der Pater, da die Familie vom IS aus ihrer Heimatstadt Mossul vertrieben worden war.
Mit dem Jahr 2003 und damit dem Einmarsch der US-Armeen wurden die einheimischen Christen im Irak zu Zielscheiben des islamistischen Terrors, da sie als Verbündete der westlichen Christen gesehen wurden. Sie wurden zu Sündenböcken, um sich an den amerikanischen Besatzern zu rächen. Wer sich als Christ weigerte, Schutzgelder zu zahlen, war seines Lebens nicht mehr sicher; wer sich zum Christentum bekannte, musste mit Entführung oder Ermordung rechnen. Auch das Leben von Yussif, seiner Frau und das seiner beiden Kinder wurde bedroht, sodass sie in den Norden, in das Gebiet der Kurden flohen. Doch aufgrund fehlender Arbeit konnte Yussif dort nicht bleiben. "Es war ein Schnitt in sein Herz, als er Abschied von seiner Familie nahm und alles verkaufte, um eine Schleuser-Bande bezahlen zu können", erzählte Andreas Knapp.
In einer versteckten Kammer eines LKWs verbrachte er unter widrigen Umständen sieben Tage, bis er in Deutschland ankam. "Auch im Schlaf quälten ihn seine Ängste; er wusste nicht, ob er den Schleusern trauen konnte und auch nicht, wie es seiner Familie ging", schilderte der Pater die schwierige Lage des irakischen Christen. Erst als Yussif in Deutschland in einem Asylbewerberheim untergebracht worden war, konnte er mit seiner Familie - nach vier langen Wochen - wieder telefonieren. Andreas Knapp erzählte weiter: "Nach einem Jahr der Ungewissheit und der Hilflosigkeit, sich in einem fremden Land mit einer unbekannten Sprache zurechtzufinden, wurde sein Asylantrag angenommen, und seine Familie konnte legal nachreisen. Die Freude des Wiedersehens und die Erleichterung waren riesig."
Anhand der ausführlichen Schilderung eines Einzelschicksals macht Knapp deutlich, dass alle einheimischen Christen im Irak von dieser Katastrophe betroffen waren: In Mossul und Umgebung stellte der IS über einhunderttausend Christen vor die Wahl, entweder zum Islam zu konvertieren oder ihre Heimat für immer zu verlieren. Viele Vertriebene fanden zwar Zuflucht in Kurdengebieten, konnten aber nur mit den Kleidern am Leib dorthin flüchten. Sie hatten ihre Häuser und ihren gesamten Besitz verloren und hausen nun schon seit Jahren in Flüchtlingslagern. Andreas Knapp hat mehrere Lager besucht und konnte anhand von eindrucksvollen Bildern über die dortige Situation berichten.
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"Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen. Das Zeugnis der Treue zu ihrem Glauben kann ich nur bewundern. Sie haben ihre Heimat und ihren Besitz verloren, nicht aber ihren christlichen Glauben", so Andreas Knapp. Er ist der Meinung, dass wir viel von den Christen im Irak lernen könnten, denn diese hätten sich trotz verschiedener Konfessionen beispielsweise nie gegenseitig bekriegt und auch die Ökumene sei sehr stark ausgeprägt: "Das Christsein ist das Entscheidende, nicht die Konfession", unterstrich der Pater.
Er bedauere es ebenfalls, dass die Christen in der westlichen Welt so lange die Christen aus dem Orient nicht im Blick hatten, obwohl in dieser Kirche der Ursprung des Christentums liegt. Zur Verbreitung und Entwicklung der syrisch-christlichen Kirche weltweit wusste der Pater einiges zu berichten. "Das Fundament der christlichen Kirchen ist das Gleiche, nur die Traditionen variieren je nach Konfession", so Knapp. Zugleich betonte er, dass es heute den Dialog mit den muslimischen Nachbarn brauche, um Toleranz und Respekt einzuüben. "Leider haben die westlichen Regierungen seit vielen Jahren vor allem radikale muslimische Systeme unterstützt und damit den Islamismus gefördert, dem nun viele Christen im Nahen Osten zum Opfer gefallen sind", hob der Pater hervor.
In bestem Hettinger Dialekt verabschiedete sich der Heimatsohn von seinem Publikum und bedankte sich bei Familie Ams für die musikalische Gestaltung, beim Förderverein des Lions Clubs für die Organisation und Bewirtung des Abends sowie bei den Anwesenden für die Spenden, die an die syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde in Leipzig gehen. Andreas Knapp schloss seinen Dank mit: "Es freut mich, dass Sie diese Gemeinde unterstützen, die versucht, die versprengten Christen wieder zu versammeln und somit den Vertriebenen auch wieder eine religiöse Heimat zu geben."
In die eigens für die Veranstaltung von Timo Schäfer geschreinerten Spendenkirche spendeten die Besucher 3155 Euro. Hinzu kommen die Erlöse aus der Bewirtschaftung des Fördervereins des Lions Clubs Buchen, sodass die Gesamtsumme bei etwa 3500 Euro liegt.



