Neckar-Odenwald-Kreis erwartet 5,7 Millionen Euro ungedeckten Aufwand bei Kliniken
Der Kreis soll 3,9 Millionen Euro Verlustausgleich für 2016 zur Verfügung stellen
Neckar-Odenwald-Kreis. (lra) Die Vorstellung des Sozialberichts für das Jahr 2015 stand im Mittelpunkt der Sitzung des Kreistagsausschusses für Gesundheit und Soziales in Binau. Nach der Begrüßung durch den gastgebenden Bürgermeister Peter Keller unterstrich Landrat Dr. Achim Brötel, dass es dem Landkreis Auftrag und Verpflichtung sei, Menschen zu unterstützen, die besonderer Fürsorge bedürfen: "Natürlich kostet das Geld, der Bereich ist seit jeher der umfangreichste Teilhaushalt. Dennoch warne ich davor, nur auf die Zahlen zu schauen, denn hinter jeder Zahl stehen menschliche Einzel- und Familienschicksale."
Auch entscheiden mussten die Ausschussmitglieder über eine Abschlagszahlung in Höhe von 3,9 Millionen Euro an die Neckar-Odenwald-Kliniken. Da der vom Aufsichtsrat der Kliniken im Februar beschlossene Wirtschaftsplan 2016 von einem ungedeckten Jahresaufwand von rund 5,7 Millionen Euro ausgeht, mache es Sinn, so Landrat Dr. Brötel, die für den Verlustausgleich im Kreishaushalt hinterlegten 3,9 Millionen den Kliniken jetzt zur Verfügung zu stellen. So könne man beispielsweise Zinsaufwendungen sparen. Die endgültige Entscheidung über den Verlustausgleich treffe jedoch der Kreistag. Diesem Vorschlag wurde bei einer Enthaltung entsprochen.
Die Präsentation des Sozialberichts übernahm Renate Körber, Leiterin des Fachbereichs Jugend und Soziales des Landratsamtes. Bei den Hilfen zur Pflege seien die Kosten gegenüber 2014, so Körber im Überblick, nahezu konstant geblieben und bei der Eingliederungshilfe sogar gesunken. Deutliche Steigerungen seien bei den Aufwendungen für Asylantragssteller zu verzeichnen. Für Leistungen beruhend auf dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) habe man etwas mehr Geld ausgeben müssen, auch bei der Jugendhilfe seien die Ausgaben gestiegen. Insgesamt summierten sich die Transferaufwendungen, also Leistungen, die der Landkreis an Hilfeempfänger zahlt, nach rund 55 Millionen Euro im Jahr 2013, 58 Millionen in 2014 nun auf rund 61 Millionen.
Bei der Darstellung der einzelnen Themen listete Körber jeweils die aktuellen Zahlen auf, beleuchtete aber auch Entwicklungen, die zu diesen Zahlen geführt hatten: Im Bereich der Eingliederungshilfe machten sich zum Beispiel die verstärkten Bemühungen um Inklusion durch erhöhte Fallzahlen bei integrativen Hilfen für Kleinkinder bemerkbar. Andererseits gebe es vermehrt den Bedarf nach speziellen Pflegeheimen für ältere Menschen mit Behinderung. Auch machte sie darauf aufmerksam, dass die Zahl der Menschen, die aufgrund psychischer Erkrankungen Hilfe benötigten, beständig zunehme.
Während bei der Hilfe zur Pflege die Fallzahlen relativ stabil seien, da im ländlichen Raum immer noch viele Menschen privat betreut würden, habe das Landratsamt auch in ihrem Fachbereich aufgrund des hohen Zustroms von Flüchtlingen alle Hände voll zu tun gehabt. 2015 seien 1378 Flüchtlinge dem Kreis zugewiesen worden, aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse seien diese nach der Anerkennung in der Regel zunächst auf Hartz IV angewiesen. Dies habe sich insbesondere zum Ende des vergangenen Jahres bemerkbar gemacht. Gegensteuern wolle man im Jobcenter mit Sprachförderung sowie Qualifizierungsmaßnahmen. Betriebe, die Praktika für Flüchtlinge anbieten, würden hierzu ständig gesucht.
In der Jugendhilfe beschäftigten allein reisende Jugendliche, so genannte unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA), die sozialen Dienste. Bis Ende 2015 war man für 73 meist männliche Jugendliche zuständig, die in kürzester Zeit untergebracht und betreut werden mussten. Ebenso habe man nach dem Fall eines zu Tode gekommenen Jungens in Lenzkirch noch einmal die Kinderschutzstandards überprüft.
Mit Sorge beobachte man die sich verringernde Zahl der Pflegefamilien, hier wolle man nun noch umfassender die Chancen dieser verantwortungsvollen Tätigkeit darstellen. Jede potenzielle Pflegefamilie könne sich beim Landratsamt melden. Ausblickend auf das laufende Jahr unterstrich Körber, dass man neben der Integration der Flüchtlinge auf keinen Fall andere soziale Aufgaben vernachlässigen werde. "Das ist eine große Herausforderung, der wir uns jedoch mit viel Einsatz und Kreativität stellen werden", sagte Körber.
Im Anschluss stellte Bernd Ebert, Vorsitzender des Kreisseniorenrats Neckar-Odenwald-Kreis die Arbeit des Gremiums vor, verbunden mit der Bitte, den jährlichen Zuschuss von 3780 Euro auf 5000 Euro ab 2017 zu erhöhen. Die Rückmeldungen der Räte waren durchweg positiv, so dass dem Antrag zugestimmt wurde. Auch beschlossen wurde, dass die Kosten des Kreisseniorentags ab 2016 erstattet werden.
Als Entscheidungsgrundlage für die Gewährung eines Zuschusses von maximal 20.000 Euro wurde dem Ausschuss dann die Rückkehrberatung des Caritasverbandes im Kreis präsentiert. Es habe es sich gezeigt, wie die Sozialarbeiterinnen Mara Pavic und Bernadette Friedrich erklärten, dass ohnehin ausreisepflichtige Personen nach der Beratung oft bereit seien, freiwillig auszureisen. Das gelte insbesondere dann, wenn ihnen eine Perspektive in ihrem Heimatland aufgezeigt werde.
2014 seien so aus dem Kreis 50 Personen, 2015 sogar 148 Asylbewerber ausgereist. Die Tätigkeit der Rückkehrberatungsstelle habe sich somit bewährt. Dies sahen die Kreisräte auch so und sprachen sich für die Fortsetzung des Projekts "Rückkehrberatungsnetzwerk Metropolregion Rhein-Neckar" aus, an dem auch der Caritasverband beteiligt ist.



