Fragerunde in Hardheim ergibt: Die Flüchtlinge sind weder registriert noch untersucht

Die Bürger hatten am Donnerstag in der Erftalhalle viele Fragen - Polizeiposten wird nicht aufgestockt - Es besteht keine Schulpflicht

18.09.2015 UPDATE: 19.09.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden

SWR-Moderatorin Friederike Kroitzsch (r.) leitete die fast dreistündige Podiumsdiskussion in der Erftalhalle mit ruhiger Hand. Viele Bürger waren von den Antworten der Abgeordneten und der Vertreter des Integrationsministeriums und des Regierungspräsidiums aber enttäuscht: Ihnen fehlte die Zusage, dass es bei höchstens 650 Flüchtlingen in der Kaserne bleibt.

Hardheim. (rüb) Breiten Raum in der Bürgerversammlung nahmen der Fragenkatalog des Gemeinderats und die Fragen der Bürger ein. Hier die Themenschwerpunkte der fast zweistündigen Fragerunde:

Gesundheitsuntersuchung und ärztliche Versorgung der Flüchtlinge: Derzeit wird die Versorgung über die Notarztbörse geregelt, ab 28. September hält Dr. Bettina Seitz Sprechstunden in der Kaserne ab, so Dr. Steffens. Inge Bauer (Schweinberg) erkundigte sich, ob die Flüchtlinge zeitnah medizinisch untersucht würden, um eine Gefährdung der Bevölkerung auszuschließen. Bei der vorgeschriebenen Gesundheitsuntersuchung handle es sich nur um eine kurze Inaugenscheinnahme und eine Röntgenuntersuchung. Diese Untersuchung könne aber erst nach der Registrierung durchgeführt werden. Die steht für die Hardheimer Flüchtlinge aber noch aus.

Dass die Asylsuchenden sich auch ohne medizinische Untersuchung und Registrierung frei im Gemeindegebiet bewegen können, kritisierte Margaret Horb.

Gehen die Kinder aus der BEA ins Hardheimer Schulzentrum? "Nein", antwortete Dr. Steffens, da in der Erdstaufnahme keine Schulpflicht bestehe. Ehrenamtliche Angebote für Kinder seien aber erwünscht.

Wurden die Flüchtlinge in Hardheim schon registriert? "Nein", sagte Dr. Steffens. Es sei noch nicht klar, ob in Hardheim eine Registrierungsstelle geschaffen werde, oder ob die Asylsuchenden in Heidelberg registriert werden sollen.

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Die Verweildauer der Flüchtlinge ... soll, so Dr. Schäfer, zwischen vier Wochen und maximal drei Monaten liegen.

Wie lange soll die Kaserne als BEA genutzt werden? "Das ist derzeit nicht zu sagen", unterstrich Dr. Schäfer. Es sei nicht klar, wie die Zugangszahlen sich entwickeln.

Ungleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge: "Wenn jeder Fünfte Einwohner ein Flüchtling ist, dann ist dies eine große Belastung für Hardheim", stellte Volker Rohm fest. "Wir suchen aktiv im gesamten Kreisgebiet, denn die Flüchtlinge müssen gleichmäßig verteilt werden", sagte Landrat Brötel. Er verwies auf die dichtere Besiedelung des Elz-Mündungs-Raums, was mit Pfiffen quittiert wurden. Der Kreis sei aber intensiv auf der Suche nach Unterkünften im Mittelbereich Mosbach. Schon in Kürze würden hier Ergebnisse präsentiert, die zu einer besseren Verteilung führten.

Das Ungleichgewicht im Kreis kritisierte auch MdL Peter Hauk in deutlichen Worten - ebenso die Verteilung im Land: "Über 60 Prozent der Flüchtlinge in der Erstaufnahme sind im Regierungsbezirk Karlsruhe." In Stuttgart und Freiburg gebe es dagegen überhaupt keine Landeserstaufnahmeeinrichtungen.

Sicherheit und Polizeipräsenz: SPD-Fraktionsvorsitzender Manfred Böhrer erkundigte sich nach den Plänen der Polizei. Das Innenministerium plane personelle Verstärkungen für Reviere mit besonderem Bedarf, sagte Thomas Lüdecke. Eine Verstärkung des Polizeipostens Hardheim sei nicht angedacht. Im Ernstfall könne das Revier Buchen auf Unterstützung aus Tauberbischofsheim, Wertheim oder Mosbach setzen.

Flüchtlinge und Kriminalität: Was mit Asylbewerbern geschieht, die beim Diebstahl erwischt werden, wollte Dirk Köhler wissen. Diese würden ebenso behandelt wie deutsche Täter, so Lüdecke. Zu einer Abschiebung, wohin vielleicht die Frage abziele, würde dies nicht führen. In der Regel gebe es nach der Eröffnung einer Erstaufnahmeeinrichtung aber keine höheren Deliktzahlen. Da war der gestrige Einsatz mit mehrere Streifenwagen an der BEA wohl nur eine Ausnahme. Grund war ein Ladendiebstahl ...

Ausgleichsleistungen für Hardheim: "Hardheim leistet Beispielhaftes und kann Unterstützung vom Land beim Krankenhaus, beim Nahverkehr und bei der Konversion beanspruchen", sagte Bürgermeister Rohm. MdL Georg Nelius teilte auf Nachfrage von Lars Ederer mit, dass besonders betroffene Gemeinden Unterstützung beim Ausbau der Infrastruktur erhalten sollen.

Kleiderkammer: Lars Günther erkundigte sich nach einem festen Standort für die Kleiderkammer, da der bisherige Platz bei weitem nicht ausreiche. "Ideal wäre ein Platz in der Kaserne", sagte der Bürgermeister; derzeit stünde dort aber kein Raum zur Verfügung.

"Echte" und "falsche" Syrer: Schweinbergs Ortsvorsteher Dieter Elbert wollte wissen, was mit den Flüchtlingen passiert, die sich nicht ausweisen können oder unter falscher Identität kommen. "Viele Flüchtlinge unterdrücken ihre Dokumente, das macht es schwer sie abzuschieben", räumte Dr. Steffens ein, Auch vom Phänomen der "falschen" Syrer sei ihm berichtet worden.

Die Sporthalle in der Kaserne kann bis auf Weiteres von den Hardheimer Vereinen genutzt werden, da sie im militärischen Bereich liegt, sagte der Bürgermeister auf Anfrage von Monika Dörr. Diese Mitnutzung laufe so lange, wie die Bundeswehr in der Kaserne sei.

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