Buchen sagt "Nein" zum Schutt des Atommeilers Obrigheim

Stadt und Land lehnen den Bauschutt vehement ab - Landrat Brötel will Lasten landesweit verteilen

16.10.2013 UPDATE: 16.10.2013 06:00 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Der Neckar-Odenwald-Kreis und die Stadt Buchen wehren sich gegen die Deponierung von nicht radioaktivem Bauschutt aus dem Kernkraftwerk Obrigheim. Foto: Heiko Schattauer
Obrigheim/Buchen. (wd) Heftige Aufregung im Landratsamt und in der Stadt Buchen. Es geht darum, dass die EnBW als ehemaliger Betreiber des Atomkraftwerkes Obrigheim Betonschutt aus dem Rückbau des Meilers, der 2005 stillgelegt wurde, auf Sansenhecken bei Buchen deponieren will. Bislang wurden seit 2009 rund 400 Tonnen Abbruchmaterial in Sinsheim deponiert. Da man aber dort weiteres Material nicht mehr haben will und der Vertrag Ende 2013 ohnehin ausläuft, ist auch das Land für eine Deponierung von ca. 2100 Tonnen Bauschutt bis 2020, die "absolut unbedenklich" seien, auf Sansenhecken. Landkreis und Stadt Buchen lehnen eine Deponierung ab und sehen hier das Land in der Pflicht. Die Lasten seien landesweit zu verteilen, so Landrat Dr. Achim Brötel.

Bereits im Juli hatte der Landrat an Umweltminister Untersteller (Grüne) geschrieben, nachdem die EnBW für 2013 den Bedarf für Anlieferungen in Buchen angekündigt hatte. Die Energiewende und der damit verbundene Rückbau von Kernkraftwerken sei inzwischen längst politischer und gesellschaftlicher Konsens. Dass damit auch ein Deponierungsproblem von frei gemessenen Abfällen zur Beseitigung verbunden ist, liege auf der Hand. Dieses Problem müsse ebenfalls gelöst werden. Allerdings könne eine solche Lösung nicht darin bestehen, einer einzigen Deponie die gesamte Last aufzubürden. Auch die Deponierungsfrage bedürfe dringend eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses.

"Ich gehe deshalb ausdrücklich davon aus, dass wir mit unserer Deponie Sansenhecken nicht für sämtliche beim Rückbau des KWO anfallenden Abfälle annahmepflichtig sind. Dieses Problem kann vielmehr nur landesweit gemeinsam angegangen werden", so Brötel. Der Landrat bat Untersteller, hierfür die Moderation zu übernehmen. Weder die EnBW noch der einzelne Deponiebetreiber vor Ort seien in der Lage, gegen irrationale Befürchtungen und Ängste der Menschen, die nahezu zwangsläufig mit allem verbunden sind, was aus einem Kernkraftwerk stammt, objektiv und neutral zu bestehen. Wenn man die Energiewende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstehe, sei es auch eine gesamtgesellschaftliche Pflicht zur Lastenverteilung bei der Abwicklung ihrer zwangsläufigen Folgen. Ziel sollte es sein, die Mengen gemeinsam mit den Deponiebetreibern auf mehrere Deponien zu verteilen. "Landkreis und AWN fühlen sich hingegen nicht verpflichtet, das Beseitigungsproblem der EnBW allein zu lösen", so der Landrat.

Die Antwort des Ministers kam postwendend. Das Material verliere mit der Freigabe seine rechtliche Einordnung als radioaktiv. Der Kreis sei verpflichtet, die freigemessenen Abfälle aus dem KWO anzunehmen und auf Sansenhecken zu entsorgen. Der Landkreis dürfe die Annahme überlassungspflichtiger Abfälle nicht verweigern. Die Abfälle auf mehrere Deponien im Land zu verteilen, sei "keineswegs erforderlich". Bei freigemessenen Abfällen sieht der Minister auch "keinen Anlass für irrationale Befürchtungen" und deshalb keine Gründe für eine Ausnahme von der dem Landkreis eindeutig zugewiesenen Entsorgungsverpflichtung. Und auch keinerlei Notwendigkeit für eine Moderation durch das Umweltministerium zur Verteilung einer "vermeintlichen Last" auf mehrere Schultern.

Nachdem Minister Untersteller die Bedenken leider nicht teile, wolle der Kreis jetzt versuchen, unter Moderation des Landkreistages vielleicht doch noch eine landesweite Lastenverteilung auf freiwilliger Basis hinzubekommen, so Dr. Brötel gestern gegenüber der RNZ.

Derweil gebe es nur einen einzigen Anlieferungsantrag über 86 Tonnen gemischte Metalle (die Sansenhecken gar nicht nehmen darf, weil Buchen für diesen Abfallschlüssel keine Zulassung hat) und 187 Tonnen Bauschutt. Weiteres sei aktuell nicht beantragt.

Bürgermeister Roland Burger erklärte, er habe sich im Aufsichtsrat der AWN "klar gegen die Annahme des Bauschutts" gewandt. Die AWN solle den Gemeinderat über den Fortgang der Entwicklung informieren. AWN-Geschäftsführer Dr. Mathias Ginter erklärte sich grundsätzlich bereit, alle Unterlagen dazu offen zu legen. Bislang gebe es nur die Anfrage von 187 Tonnen Bauschutt, aber dazu habe man viele Fragen, und es sei unklar, ob man dies überhaupt annehme. Das könne nicht auf dem Rücken einzelner Deponiebetreiber gelöst werden, sondern auf Landesebene müsse grundsätzlich gelöst werden, wie man mit den Rückbaumaterialien aus Obrigheim umgehe. Ginter räumte ein, dass Sansenhecken 2007 bereits 24 Tonnen Bauschutt und Dämmmaterial angenommen, aber weitere Lieferungen verweigert habe.

Der Geschäftsführer der Abfallverwertungsgesellschaft Rhein-Neckar in Sinsheim, Ehrhard, erklärte gestern der RNZ, man habe das Material aus Obrigheim seit 2009 "übergangsweise" übernommen. Nach einer rechtlichen Überprüfung sei jedoch der Neckar-Odenwald-Kreis entsorgungspflichtig. Ehrhard räumte ein, dass nicht nur Bauschutt gekommen war, sondern auch 85 Tonnen asbesthaltiges Material und 37 Tonnen Materialfaser. EnBW-Pressesprecher Schröder erklärte, es handle sich um die Bitte seines Unternehmens, 300 Tonnen Betonmaterial auf Sansenhecken anzunehmen. Bis 2020 gehe es dann um rund 2000 Tonnen Material, was z. T. nicht recyclingfähig sei. Von den 278.000 Tonnen Abfall werde der größte Teil recycelt.

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