Breitbandausbau: Kreisräte stoßen "Tür zur Zukunft" auf

Kreistag votiert für weiteren Ausbau am Neckar und im Odenwäld - Dafür sind Kosten von zwölf Millionen Euro veranschlagt

17.03.2015 UPDATE: 18.03.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden

Mit einem neuen Modell soll der Breitbandausbau im Kreis fortgesetzt werden. Foto: dpa

Neckar-Odenwald-Kreis. (ly) Keine Frage: In den Kommunen wartet man auf den weiteren Breitbandausbau. Auch in Zwingenberg, wie Bürgermeister Norman Link den in der Peter-Kirchesch-Halle tagenden Kreistag wissen ließ, der dann einstimmig für ein "Deckungslücken-Modell" votierte. Damit und mit einem Investitionsvolumen von etwa zwülf Millionen Euro "wollen wir auf der Datenautobahn Vollgas geben", formulierte Landrat Dr. Achim Brötel und vergaß in seiner Einführung weder den Verantwortlichen für die erbrachten Vorleistungen noch den Planern für die Vorbereitung des nächsten Schrittes Dank zu sagen.

Professionelle Hilfe hat man sich mit ins Boot geholt: Dipl. Ing. Gregor Strobl vom Büro IK-T aus Regensburg, der schon seit 2008 maßgeblich am Breitbandausbau im Landkreis beteiligt ist, sowie Rechtsanwalt Dr. Christian Braun (Leipzig), den der Landrat als "einen der profiliertesten deutschen Experten in vergaberechtlichen, aber auch in EU-beihilferechtlichen Fragen" vorstellte.

Ehe beide auf Details des Projekts eingingen, legte Brötel den Stand der Dinge aus Verwaltungssicht dar:

Bekanntlich war der Landkreis früher als viele andere zielorientiert in den Breitbandausbau gestartet und fand mit dem flächendeckenden Breitbandatlas sogar bundesweit Beachtung. Dieser Atlas war auch Grundlage für ein Modellprojekt, das man mit großer Unterstützung des Landes im Rahmen der "Breitbandinitiative I" realisierte - dank wesentlicher Unterstützung des damaligen Ministers für den Ländlichen Raum, Peter Hauk. Und diese von Brötel dankbar registrierte Förderung war erforderlich. Denn "die großen Flächen und die vergleichsweise wenigen Menschen führen dazu, dass die Telekommunikationsunternehmen nicht bereit sind, hier eigenwirtschaftlich tätig zu werden, weil es sich für sie schlicht nicht rechnet."

Doch die IT-Technologie nahm eine rasante Entwicklung, man geriet ins Hintertreffen, denn ähnlich wie schon einmal 2008 war es "einfach nicht mehr möglich, Förderbescheide vom Land zu erhalten." Der weitere Ausbau, so Brötel, geriet massiv ins Stocken; aus wettbewerbsrechtlichen Gründen (einzig die Telekom als Anbieter) wurde das Modell nicht mehr subventioniert. Landkreis und Kommunen wollten dies ebenso wenig untätig hinnehmen, wie der neuen Förderstrategie des Landes folgen, der es "jetzt primär um den Aufbau einer zusätzlichen passiven Breitbandinfrastruktur in kommunaler Hand" geht.

Wegen der sehr überschaubaren Anbietersituation im Kreis lehnten Kreis und Kommunen das vom Ministerium bevorzugte "Backbone-Modell" (das eine gemeindeeigene Glasfaserinfrastruktur mit den Anbietern als Netzmietern vorsieht) ab und fanden ein passenderes Modell mit Aussicht auf Förderung nach der "Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung der EU" (AGVO) und der vor der Notifizierung in Brüssel stehenden "Next Generation Access Breitbandversorgung" (NGA-Rahmenregelung) zur Schließung von Deckungslücken.

Das laut Brötel in Hessen und Rheinland-Pfalz bereits erfolgreich verwirklichte "Deckungslücken-Modell" stellte Dipl.-Ing. Strobl dem von der Landesregierung präferierten und förderfähigen Backbone-Modell gegenüber und resümierte: geringere Kosten (rund 12 statt 25 Millionen Euro), weniger Aufwand bei Ausschreibungen (eine des Kreises statt einzelne durch die Kommunen), kürzere Projektdauer (ca. zweieinhalb statt sechs bis acht Jahre) sowie kalkulierbares Risiko.

Bringen soll das Modell, dessen komplizierten rechtlichen Rahmen Dr. Braun beleuchtete und vor allem die Wichtigkeit eines transparenten wettbewerblichen Verfahrens betonte, eine flächige Breitbandversorgung mit mindestens 30Mbit/s (Stand derzeit: 16 Mbit/s).

Dass der ausgewählte Netzbetreiber (die Anwendung des Modells geht laut Strobl nur, wenn mindestens ein Angebot eingeht) Eigentümer der Infrastruktur sein wird, verband Heide Lochmann (SPD) mit der Hoffnung, dass dies ohne Schwierigkeiten bleibe. Wichtig war ihr in ihrer zustimmenden Stellungnahme der Hinweis, dass die Landesregierung keine "falsche Förderstrategie" habe, sondern Bundes- und EU-Vorschriften folge. Auch Georg Moser (Grüne) sah den Bund als Blockierer nach dem Förderstillstand des von der EU "gesichteten" Monopols.

Seine Fraktion gab ebenso grünes Licht wie die Freien Wähler. Kreisrat Fritz Popp kritisierte die "Wettbewerbshüter" und meinte, das "Backbone-Modell" sei hier der falsche Weg, weil im Kreis "ein richtiger Wettbewerb einfach nicht stattfinden will". Dass man ein gut ausgebautes Netz dringend braucht, unterstrich auch Alois Gerig (CDU) und begrüßte den gefundenen Lösungsansatz ebenso wie Achim Walter (FDP).

Mit dem einstimmigen Beschluss hat das Gremium laut Dr. Brötel "die Tür zur Zukunft ein großes Stück aufgestoßen" und es dem Landkreis ermöglicht, sich bei einem zentral wichtigen Thema so aufzustellen, "wie es die Unternehmen, aber auch die vielen Privatleute, die das Internet nutzen, zu Recht erwarten dürfen". Kreisvorsitzender Thomas Ludwig sagte abschließend namens des Gemeindetags Dank für das klare Ergebnis und das gute Miteinander. Die Kosten sollen zu einem Drittel über den Kreishaushalt sowie zu zwei Dritteln über Investitionszuschüsse der Städte und Gemeinden bezahlt werden.

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