Atommüll-Transport auf dem Neckar

Letzter Castor störungsfrei angekommen (Update)

In der Nacht zum Dienstag legte Schiff ab - Verbrauchte Brennelemente sicher verschlossen an Bord

19.12.2017 UPDATE: 19.12.2017 08:10 Uhr 1 Minute, 44 Sekunden
Der letzte Castor ist auf dem Neckar unterwegs. Foto: dpa

Obrigheim/Neckarwestheim. (dpa-lsw) Sechs Monate nach dem bundesweit ersten Atommülltransport per Schiff ist auch der fünfte und letzte Transport am Ziel. Streng bewacht kamen am Dienstag die verbliebenen drei Castoren nach knapp elfstündiger Fahrt auf dem Neckar im Zwischenlager Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) an. Damit sind insgesamt 342 ausgediente Brennelemente vom stillgelegten Meiler in Obrigheim auf dem Fluss ins Zwischenlager gebracht worden. Die Verlagerung der Brennstäbe sei erfolgreich und sicher abgeschlossen, teilte die EnBW mit. Zwischenfälle gab es nach Polizeiangaben nicht. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sprach von einem Sicherheitsgewinn: "Baden-Württemberg hat nun einen Standort weniger mit hoch radioaktiven Brennelementen."

Es sei der reibungsloseste der insgesamt fünf Transporte gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Man habe die Lage jederzeit unter Kontrolle gehabt. Bei dem Großeinsatz waren Bereitschafts-, Bundes- und Wasserschutzpolizei vor Ort. Auch ein Hubschrauber stieg auf, um das Spezialschiff auf seiner etwa 50 Kilometer langen Flussfahrt aus der Luft zu beobachten.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) lobte die Arbeit der Polizei. Sie habe die Einsätze intensiv geplant und vorbereitet - "das hat Früchte getragen". Die wenigen Störungen durch Anti-Atom-Aktivisten seien professionell bewältigt worden. Beim ersten Transport Ende Juni etwa hatten sich Aktivisten von Brücken abgeseilt und das Schiff rund eine Stunde lang blockiert.

Hintergrund

Castoren sind spezielle Behälter für radioaktive Abfälle und ausgediente Brennstäbe aus Atomkraftwerken. In diesen Containern kann Atommüll gelagert oder transportiert werden. Castor steht für "Cask for storage and transport of radioactive material" (Behälter für Lagerung und

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Castoren sind spezielle Behälter für radioaktive Abfälle und ausgediente Brennstäbe aus Atomkraftwerken. In diesen Containern kann Atommüll gelagert oder transportiert werden. Castor steht für "Cask for storage and transport of radioactive material" (Behälter für Lagerung und Transport von radioaktivem Material).

Für den Transport auf dem Neckar wird ein bestimmter Castor-Typ verwendet. Die Behälter bestehen aus Kugelgraphitguss und haben dem Energieversorger EnBW zufolge eine Länge von etwa vier Metern und einen Durchmesser von zweieinhalb Metern. Das tonnenschwere Metall und die aufwendige Abdichtung der Behälter sorgt den Angaben zufolge dafür, dass die von den Brennelementen ausgehende Strahlung keine Gefahr für die Umgebung darstellt.

Ein Castor kann maximal 24 Brennstäbe aufnehmen. Ohne diese Brennelemente wiegt er rund 96 Tonnen, voll beladen rund 107 Tonnen.

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EnBW nannte die Transporte eine "wichtige Weichenstellung für den Standort Obrigheim". Der Rückbau des stillgelegten Meilers könne nun zügig vorangetrieben werden. Im Zwischenlager Neckarwestheim mit 151 Castor-Stellplätzen stehen nun 15 Behälter mit Brennelementen aus Obrigheim. 125 Stellplätze werden für die Lagerung von Brennstäben der beiden Neckarwestheimer Kraftwerksblöcke benötigt. Eine Erweiterung des Zwischenlagers wegen des Obrigheimer Atommülls war damit nicht nötig. Außerdem befinden sich noch ausgediente Brennelemente am Kernkraftwerksstandort Philippsburg bei Karlsruhe.

Atomkraftgegner hatten anlässlich des letzten Transportes zwei Mahnwachen in Lauffen am Neckar sowie in Neckarwestheim abgehalten. Der Transport habe nichts gebracht außer Risiken, kritisierten Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood. Die Anti-Atominiative "Ausgestrahlt" nannte die Aktion insgesamt unverantwortlich. "Statt in Obrigheim lagert der Atommüll nun 50 Kilometer flussaufwärts in Neckarwestheim", kritisierte sie. Die Langzeitlagerung sei weiter völlig ungeklärt.

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Der bundesweit erste Transport hoch radioaktiven Atommülls per Schiff war am 28. Juni durchgeführt worden, die anderen vier folgten im September, Oktober, November und nun im Dezember. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) hatte alle Fahrten messtechnisch begleitet und keine auffälligen Werte festegestellt.

Das Spezialschiff war am späten Montagabend im Hafen des stillgelegten Meilers Obrigheim mit den Behältern beladen worden und hatte kurz nach 23 Uhr abgelegt. Gegen 9.45 Uhr kam das Schiff am Zwischenlager an. Vorangegangenen waren bereits vier Transporte mit ebenfalls jeweils drei Castoren. Der bundesweit erste Transport hoch radioaktiven Atommülls per Schiff war Ende Juni durchgeführt worden. Damals hatten sich Aktivisten von Brücken abgeseilt und das Schiff etwa eine Stunde lang blockiert.

Update: 19. Dezember 2017, 13.39 Uhr

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