Ersterwähnung überstrahlt sogar Erfindung des Schießpulvers und Schnapsdestillation
Die Entwicklung des Ortes von gestern über heute bis morgen wurde in interessanten Vorträgen dargestellt

Eine prächtig gestaltete Urkunde (Ausschnitt) aus dem Jahr 1143 gibt Zeugnis davon, dass die Gemeinde Schwarzach bereits seit über 875 Jahren besteht. (Repro nach Vorlage Generallandesarchiv Karlsruhe C 26)
Von Bernd Kühnle
Schwarzach. Das historische Ereignis unterstreichende Trompetenklänge der SF-Band unter Leitung von Markus Mitschele eröffneten in der gut gefüllten Schwarzach-Halle am Samstagabend den Festakt zur Feier der erstmaligen urkundlichen Erwähnung Schwarzachs vor 875 Jahren unter dem Motto "Gestern - Heute - Morgen". Mit seiner Begrüßung leitete Bürgermeister Mathias Haas zum Liedbeitrag "Wo Musik sich frei entfaltet" des Cäcilienchors mit Dirigentin Bernadette Karl über, ehe Rüdiger Lenz unter dem Programmpunkt "Schwarzach gestern" in einem klug strukturierten Vortrag mit wesentlichen Aspekten der Geschichte der Gemeinde vertraut machte.
Hintergrund
Streifzug durch die Ortsgeschichte
Aufmerksam verfolgte die Festversammlung den mit Fotografien und Grafiken untermalten Vortrag des Schwarzacher Historikers Dr. Rüdiger Lenz. Der Leiter des Stadtarchivs Eberbach und der mitbetreuten Archive
Streifzug durch die Ortsgeschichte
Aufmerksam verfolgte die Festversammlung den mit Fotografien und Grafiken untermalten Vortrag des Schwarzacher Historikers Dr. Rüdiger Lenz. Der Leiter des Stadtarchivs Eberbach und der mitbetreuten Archive benachbarter Kommunen blendete dabei zunächst zurück auf die Anfänge der Besiedelung der Gegend um Schwarzach, die selbstverständlich schon lange vor der ältesten urkundlichen Erwähnung begann.
Diese lässt sich ins Jahr 1143 datieren, wie aus einer Pergamenturkunde über einen Gütertausch zwischen den Klöstern Odenheim und Wimpfen zu ersehen ist, in dem ein Hofgut "zwischen den beiden (Dörfern) Schwarzach gelegen" genannt ist. Dr. Lenz analysierte den Inhalt des in dekorativer Schrift ausgefertigten Schriftstücks und setzte Sagen und den Ortsnamen in den geschichtlichen Zusammenhang.
Die nächste geschichtliche Nennung stammt aus einem Zinsbuch des Jahres 1295, das auch auf die Nachbarortschaft Neunkirchen verweist. Über die Vergabe eines Fronhofs als Lehen gibt eine Erwähnung aus dem Jahr 1317 in Verbindung mit dem Adelsgeschlecht Schwarzach Auskunft.
Ausgehend von der Jahreszahl (1321 oder 1325) auf einem Bogenstück am Kellereingang im Wasserschloss ging Lenz auf dessen Baugeschichte ein, bevor er das einflussreiche Wirken der Keller- und Zentgrafen der Familie Graeff in den Jahren 1697 bis 1781 auf die Gemeindeentwicklung schilderte und auf deren Inschriften an der katholischen Kirche Unterschwarzach hinwies. Zudem sind auch auf dem Schwarzacher Hof Inschriftensteine mit Erwähnung des Constantin Graeff zu besichtigen. Darüber hinaus legen bis heute zahlreiche Inschriften und Steintafeln an und in Gebäuden und an der alten Brunnenstube (1577) Zeugnis von der historischen Entwicklung der Gemeinde ab.
Ausgehend von den Aufgaben der Gemeinden, die im Großherzogtum Baden 1832 die Erlaubnis zur Selbstverwaltung erhielten, beschrieb der Historiker eindrücklich und interessant Aspekte der Daseinsfürsorge und legte dar, wie zum Beispiel die damals 31 Bürger von Oberschwarzach (nur die männlichen Bewohner wurden in die Zählung einbezogen) es schafften, in knapp vier Jahren ein Rathaus im Ort aufzubauen.
Die hinter dem Vortrag stehende Intention, "die historischen Ereignisse ins Bewusstsein der Bevölkerung zu tragen", gelang Dr. Rüdiger Lenz durch seine interessante und anschaulich vorgetragene Darstellung der geschichtlichen Zusammenhänge bestens.
Nach dem peppigen Liedvortrag "Das Wasser vom Schwarzbach" des MGV "Sängerbund" beschrieb Minister Peter Hauk die Entwicklungen in der Gemeinde als sehr positiv, wobei er die vorbildliche Arbeit auf dem Gebiet der Inklusion als beispielgebend darstellte. Auch die geplanten Maßnahmen (Umbau und Sanierung der Schwarzach-Halle sowie des Schwimmbads) förderten die Attraktivität des Orts. Bundestagsabgeordneter Alois Gerig zeigte sich angetan von "der großartigen Gemeinschaft" und betonte, dass es wichtig sei, die Geschichte der Heimat kennen zu lernen, da nur dadurch das Gefühl einer Verbundenheit entstehen könne.
Die folgende Tanzdarbietung der Mädchen des TSV Schwarzach startete fulminant, doch leider streikte die Technik, und die jungen Sportlerinnen mussten früher als geplant von der Bühne. Tosender Applaus war Zeichen des Gefallens und der Aufmunterung zugleich.
Auf eine unterhaltsame Bilderreise nahm Bürgermeister Mathias Haas das Publikum mit und ließ die jüngste Geschichte Schwarzachs Revue passieren. Dabei zeigte er die Entwicklung vom kleinen Dorf zu einem "Muster für Entwicklung im ländlichen Raum" auf, wobei treffend kommentierte Luftbilder die Veränderungen in der Gemeinde dokumentierten. Als einen Grundstock des Fortschritts beschrieb er das ehrenamtliche Engagement der Bürger, die sich im Gemeinderat, bei der Feuerwehr, der Betreuung von Flüchtlingen und in vielen weiteren Bereichen einbrächten.
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Anschaulich vermittelte Haas auch die vielfältigen Neugestaltungen innerhalb der Gemeinde, die auch dazu führten, dass Schwarzach als einzige Gemeinde in Baden-Württemberg bereits zum vierten Mal als Modellkommune zur Inklusion vom Gemeindetag ausgezeichnet wurde. Damit ging er zur Verleihung des von seinem Amtsvorgänger Theo Haaf initiierten Inklusionspreises über. Diese von der Mosbacher Künstlerin Ulrike Thiele entworfene "Gesellschafts-Säule", welche wichtige Merkmale einer Gemeinschaft symbolisiert, wurde bereits an Alexander Vater, Franz Stockinger und Marianne Dietrich vergeben. Nun konnte Haas mit Oliver Caruso einen weiteren würdigen Preisträger auszeichnen, der sich mit seinem Engagement um die Inklusion verdient gemacht habe. In seinem "Special-Olympic-Stützpunkt Kraftwerk" sei es ihm eine Herzensangelegenheit, jede Altersgruppe, Spitzensportler, Menschen jedes Leistungsniveaus und Behinderte zusammen zu bringen und somit den Begriff "Gemeinschaft" mit Leben zu füllen.
Nach einem weiteren Liedvortrag des an diesem Abend von Bernadette Karl dirigierten MGV setzte Landtagsabgeordneter Georg Nelius die Ersterwähnung Schwarzachs augenzwinkernd in den richtigen geschichtlichen Kontext: Die zeitgleiche Umstellung des Zahlenwesens von römischen auf indische Symbole, die Erfindung des Schießpulvers und die der Schnapsdestillation würden von der ersten urkundlichen Erwähnung Schwarzachs überstrahlt. In die Zukunft blickend, sah Nelius die Entwicklung mit der konzeptionellen Fortsetzung des in Schwarzach praktizierten Wegs gewährleistet und lobte den bürgerschaftlichen Einsatz.
Landrat Achim Brötel hob in seiner gewohnt fundierten wie unterhaltsam gestalteten Rede die Leistungen hervor, mit denen die Vorfahren der Schwarzacher ihre Heimat aufbauten und prägten. Dabei betonte er, dass gerade die Lebenssituation im ländlichen Raum wesentlich mehr sei als der Ort "wo sich dein WLAN automatisch verbindet". Vielmehr böte sich gerade hier die Gelegenheit, den Plätzen zu entfliehen, die "zu groß, zu anonym, zu teuer, verkehrsmäßig zu verstopft, zu dreckig und zu unsicher" seien und damit nicht als Heimat taugten. Danach schilderte er die Entwicklung in Schwarzach als vorbildlich.
Mit dem Schmankerl des selbst gedichteten "Heute beginnt die Hallensanierung" leitete die SF-Band unter Beifall der Zuhörer zu den Schlussbetrachtungen von Mathias Haas zur Zukunft der Gemeinde über. Hierzu stellte er den "Arbeitskreis Schwerpunktgemeinde" vor, der Zukunftskonzepte in diversen Bereichen erarbeiten wird. Auch richtete er den Blick auf digitale Entwicklungen, die bereits konzeptionell bestünden und nannte als Großmaßnahmen den Umbau der Halle und des Schwimmbadbereiches. "Heute ist die gute alte Zeit von Morgen" - diesem Zitat von Karl Valentin setzte er die Bitte hinzu: "Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen".



