Die "neue Normalität" der Theodor-Frey-Schule
Schulleiter Martin Staniczek über Organisation und Maßnahmen - "Schüler mit geringerer Selbstorganisation tun sich schwer"

Von Martina Birkelbach
Eberbach. Seit Montag herrscht wieder etwas mehr Normalität in Eberbachs Schulen. Welche Schüler wann kommen, wie der Unterricht abläuft und wie Schüler und Lehrer mit den neuen Regelungen klarkommen – Wir haben bei den Schulleitern nachgefragt. Den Start macht die Theodor-Frey-Schule.
Ab Dienstag, 17. März war "Lockdown". Laut Schulleiter Martin Staniczek (Foto: mabi) fand bis 3. Mai "Homeschooling" statt, "die Osterferien wurden ausgespart". Ab 4. Mai kamen dann nur die Abschlussklassen (Abiturienten, Fachhochschüler, Fachschulreife, Hauptschüler, Berufsfachschule Bautechnik und alle dritten Lehrjahre der dualen Ausbildung) mit insgesamt 244 Schülern zum Präsenzunterricht. Beschult wurden nur die Prüfungsfächer, während die anderen Fächer weiterhin im Homeschoolingformat unterrichtet wurden.

Wie Staniczek erklärt, erfolgte der Unterrichtsbeginn für Klassengruppen gestaffelt im 15-Minuten-Takt, "wodurch auch die Pausen versetzt waren und sich die Personenzahl im Gemeinschaftsraum in Grenzen hielt". "Homeschooling ist aufwendig, wenn es ernsthaft betrieben wird", so der Schulleiter. "Die Aufgabenblätter müssen sprachoptimiert werden, da die Schüler nicht nachfragen können. Es sind Erklärvideos zu erstellen und Videokonferenzen zu organisieren und durchzuführen. Vermisst hat die Schulleitung "den direkten Kontakt zu den Lehrkräften und den Schülern".
Auch Absprachen wurden dadurch aufwendig. Seit Montag kommen nun die unteren Klassen der Vollzeitschulen und die Auszubildenden der zweiten und ersten Lehrjahre hinzu. Staniczek: "Die Vollzeitklassen werden zu etwa 70 Prozent im Präsenzunterricht beschult (Rest Homeschooling). Die Auszubildenden erhalten eine 100-prozentige Beschulung gemäß ihrem Blockplan.
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Die Abschlussklassen werden weiterhin in einem geringerem Umfang beschult." Es gelten weiterhin die Abstands- und Hygieneregeln: 15 Schüler in großen Klassenzimmern, neun in kleinen Klassenzimmern. Der Schulleiter erklärt: "Unsere Klassenräume haben bei einer Einhaltung der Abstandsregeln nur die Kapazität von 15 Schülern in großen Räumen bzw. neun Schülern in kleineren Räumen. Je nach Raumzuweisung der Klasse müssen wir teilen. Beispielsweise umfasst die Klasse W2KI (2. Lehrjahr Industriekaufleute) 15 Schüler und wird regulär in einem Klassenraum mit 17 Plätzen beschult.
Mit Abstandsregeln können in diesem Raum nur neun Schüler beschult werden, also muss die Klasse geteilt werden. Alternative: Durch die geringere Beschulung der Abschlussklassen könnte an den beiden Schultagen der W2KI ein großer Klassenraum mit 15 Plätzen frei sein, dann wird die Klasse nicht geteilt und in einem anderem Raum beschult."
Dieses Vorgehen muss für jede Klasse einzeln geprüft und entschieden werden, "das ist ein erheblicher organisatorischer Aufwand."
Außerdem gelten Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung außerhalb des Klassenraums und Einbahn-Laufwege im Schulgebäude. Wie die Schüler mit der neuen Situation zurechtkommen, dazu gibt es laut Staniczek keine einheitliche Aussage: "Schüler mit einer guten Selbstorganisation kommen gut zurecht, Schüler mit geringerer Selbstorganisation tun sich schwer oder tauchen ab. Außerdem gab es keine einheitliche und verbildliche Kommunikationsplattform, weshalb die Schüler mit verschiedenen Systemen umgehen mussten".
Dazu fehlen bei einzelnen Schülern der eigene PC zuhause, der durch Eltern (Homeoffice) oder Geschwister (Homeschooling) geteilt werden musste oder blockiert war. Daher arbeiteten manche Schüler mit ihren Smartphones, was die Situation kompliziert machte. Die digitalen Voraussetzungen für Homeschooling waren, wie der Schulleiter weiter erläutert, auch bei den Lehrern unterschiedlich; ebenso die "Affinität zur EDV" und die damit verbundenen Möglichkeiten. "Je nach persönlichem Einsatz kam ein unterschiedlicher Qualitätslevel hervor. Insgesamt waren nahezu alle Lehrkräfte bemüht, ein gutes Homeschoolingangebot zu machen."
Alle Lehrer sind im Einsatz, Lehrer aus "Risikogruppen" im Homeschooling, alle anderen im Präsenzunterricht und Homeschooling. Ob es aufgrund der langen Schließung der "echten" Schule zu Defiziten bei den Schülern kommen wird, wird von Staniczek mit einem klaren "Ja" beantwortet. Grund: "Da die Vermittlung des Lehrstoffs bis zu 50 bis 75 Prozent mehr Zeit benötigt wird, kann nicht der gesamte Lehrplan abgedeckt werden. Schüler, die sich dem Homeschooling verweigern oder sich selbst nur wenig motivieren können, verlieren gegenüber den Mitschülern an Wissen."
Dringend benötigt wird an der Schule "eine Festlegung auf eine einheitliche Kommunikationsplattform, die auch vom Kultusministerium langfristig erlaubt wird". Staniczek: "Derzeit ist MS-Office 365 mit seinen Möglichkeiten erlaubt, soll jedoch wieder wegen Datenschutzbedenken zurückgedrängt werden. Das wäre fatal, da derzeit viele Kollegen hierfür Materialien erarbeiteten, die dann nur noch teilnutzbar wären. Außerdem benötigen die Schüler alle eigene PCs, wenn zuhause kein Zugriff möglich ist".
Ein klares "Nein", gibt es auf die Frage, ob es nach den Sommerferien wieder "normalen" Unterricht geben wird. "Die Pandemie wird noch nicht vorbei sein, weshalb die Abstands- und Hygieneregeln weiterhin Bestand haben werden. Das Kultusministerium hat sich noch nicht hierzu geäußert, weshalb alle Aussagen spekulativ bleiben."