Mannheim

Queerer Jugendtreff eröffnet

Ein geschützter Raum, um über sexuelle Orientierung zu sprechen und sich für den Alltag zu stärken.

12.06.2022 UPDATE: 13.06.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden
Die Plus-Mitarbeiter David Kaiser (rechts) und Sam im Innenhof des queeren Jugendtreff in Mannheim. Foto: Partner

Von Marco Partner

Mannheim. "Ich bin schwul und das ist auch gut so!" An den bekannten Ausspruch eines ehemaligen Berliner Bürgermeisters kann man sich auch heute noch gut erinnern. Über 20 Jahre ist es her, dass sich mit Klaus Wowereit der erste berühmte Politiker offen zu seiner Homosexualität bekannte. 48 Jahre war er bei seinem öffentlichen Outing. Wie aber geht es Jugendlichen heute, deren sexuelle Orientierung nicht der "Norm" entspricht? An wen können sie sich wenden, wo Halt und Rückhalt finden? In Mannheim wurde nun ein queerer Jugendtreff eröffnet. Der Name ist so einfach wie einprägsam: "Gut so". Und der Bedarf auch in einer inzwischen toleranter erscheinenden Gesellschaft immer noch hoch.

Ein Tisch-Kicker, eine große Couch, Regalschränke für Spiele und Projekte, Tische zum kreativ sein. Rein optisch unterscheidet sich die neue Einrichtung im G 7-Quadrat nicht groß von anderen Jugendtreffs. Und das soll sie auch gar nicht. Anders sein und sich normal fühlen, das ist der Ansatz der neuen Anlaufstelle für junge Menschen im erst seit kurzem eröffneten Queeren Zentrum.

"Es ist vor allem auch ein geschützter Raum für Teenager und Heranwachsende", sagt Mitarbeiter David Kaiser. "Manche haben nicht so gute Erfahrungen beim Coming-Out gemacht und haben Probleme in der Familie. Einige haben sich vielleicht bisher auch noch nicht so getraut, offen darüber zu sprechen und wollen sich nicht gleich erklären", betont der Pädagoge von "Plus", der Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar, welche die Betreuung übernimmt. Zehn Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren kommen zum ersten Treffen. Manche waren schon vorher befreundet, andere lernen sich erst kennen. Spielen Tisch-Kicker, quatschen – und schmieden bereits Pläne für gemeinsame Aktionen.

Ein niederschwelliges Angebot speziell für die Belange von queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll der Treff sein. Um etwas Freizeit miteinander zu verbringen, die Hausaufgaben zu machen. Aber auch, um offen über Sexualität zu sprechen. "Ein Thema kann sein: Wie wirke ich nach außen mit meiner sexuellen Orientierung, die eine Minderheit darstellt", erklärt Kaiser. Bei besonders diskriminierenden Erfahrungen könne auch eine Beratungsempfehlung ausgesprochen werden.

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Denn obwohl die Regenbogenfahne als Symbol der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt heute mit einem positiven Image behaftet ist, geht ein Coming-Out gerade vielen jungen Menschen immer noch schwer über die Lippen. In der Schule, und auch in manch "gewöhnlichen" Jugendtreffs machen queere Heranwachsende weiterhin Erfahrungen der Ausgrenzung. "In erster Linie haben wir hier einen Ort, in dem alle so sein können, wie sie sind. Wo sie sich untereinander austauschen können, auch mit ihren Unsicherheiten", sagt Kaiser.

Fremd ist die Arbeit mit Jugendlichen für den Trägerverein Plus nicht. Schon zuvor arbeitete man mit den bereits bestehenden queeren Freizeitgruppen zusammen. Was aber fehlte, war eine gemeinsame Adresse. Nun hat man mit dem "Gut so"-Jugendtreff alle unter einem Dach versammelt. An allen fünf Werktagen stehen die Türen ab Nachmittag offen. Einmal im Monat ist samstags eine besondere Veranstaltung geplant. "Das können Kunst- oder Schreibprojekte, aber auch Ausflüge zum Luisenpark, zur Kunsthalle oder gemeinsames Schlittschuhlaufen sein", so Kaiser.

Einfach nur rumhängen, sich mit Gleichgesinnten austauschen: David Kaiser hätte ich so etwas in seiner Jugend auch gewünscht. "Wir Mitarbeiter haben alle einen biografischen Bezug zum Thema", erklärt der Anfang Dreißigjährige. Aufgewachsen ist er die ersten zehn Jahre auf einem Dorf, dann in einer Kleinstadt. "Ich war mit meinen Erfahrungen allein und habe eigentlich erst in Studium Menschen getroffen, die ähnliche Gedanken und Empfindungen hatten wie ich. Wir wollen mit dem Jugendtreff etwas schaffen, was vorher so nicht vorhanden war. Das hätte auch mir damals einiges einfacher gemacht."

Info: Mannheims queerer Jugendtreff "Gut so" im G 7,14 ist immer montags bis donnerstags von 16 bis 20 Uhr, freitags von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Eingeladen sind junge Menschen zwischen 14 und 27 Jahren mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten. Laut Jugendamt gibt es in Mannheim mindestens 5700 queere Jugendliche in Mannheim. Die Stadt unterstützt die Einrichtungen in den nächsten vier Jahren mit rund 700.000 Eurohttps://jugend.plus-mannheim.de

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