Weltfrauentag

Was mittlerweile für Frauen möglich ist - Fünf Fakten

Was sich in den letzten 50 Jahren im Leben von Frauen alles verändert hat

04.03.2020 UPDATE: 08.03.2020 06:00 Uhr 4 Minuten, 33 Sekunden
Weltfrauentag. Foto: dpa​

Von Ute Teubner

Ich lebe jetzt schon ziemlich lange als Frau auf dieser Welt. Über fünf Jahrzehnte, um genau zu sein. Und ehrlich gesagt: Ich fühle mich recht wohl damit, so wie es ist. Mit mir, also. Ich hätte jedenfalls niemals tauschen wollen. So viel steht fest. Allerdings: Wer bekommt denn nach wie vor den rosafarbenen, wer den hellblauen Baby-Strampler? Wer wird Kfz-Mechaniker, wer Hebamme? Wer, bitte schön, kocht nach der Arbeit noch schnell die Pasta, putzt die Küche und bringt die Kinder ins Bett? Wer spielt Harfe, wer die erste Geige? Die Antworten sind leider immer noch genau so klar wie damals, 1966, meinem Geburtsjahr. Hat sich in Sachen Gleichstellung von Frau und Mann also gar nichts getan? Das kann nicht sein – obwohl man es fast meinen könnte. Ein Blick zurück: Fünf Fakten darüber, wie sich das Leben von Frauen in den letzten 50 Jahren gewandelt hat. Dabei war vieles gar nicht so selbstverständlich, wie es heute zu sein scheint ...

Frauen arbeiten

Während sich das "Heimchen am Herd" zu Wirtschaftswunderzeiten ausschließlich um Kinder, Küche und den Ehegatten kümmern "durfte" (und damit übrigens dem damals staatlich vorgegebenen Lebensmodell entsprach), stieg die Erwerbstätigkeit von Frauen in der Bundesrepublik erst in den 70er Jahren allmählich an. Kaum zu glauben: Bis 1962 erhielten Frauen gar kein Bankkonto ohne die Zustimmung ihres Ehemannes. Der aber konnte noch bis 1977 darüber bestimmen, ob seine Ehefrau arbeiten gehen durfte oder nicht – schließlich war diese gesetzlich zur "Führung des Haushalts" verpflichtet.

Krankenschwester, Sekretärin, Verkäuferin, maximal Lehrerin – das waren die ersten typischen Frauenberufe. Mittlerweile liegt die Erwerbsquote von Frauen mit knapp 76 Prozent nur noch etwa acht Prozentpunkte hinter der der Männer. Wir haben in Deutschland eine Bundeskanzlerin und zahlreiche Ministerämter sind mit Frauen besetzt.

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Reformbedarf in puncto Gleichberechtigung besteht jedoch nach wie vor: Immer noch stellen Mütter ihre beruflichen Ambitionen zugunsten der Kindererziehung zurück, in den Führungsetagen großer Konzerne haben überwiegend Männer das Sagen und obwohl immer mehr Frauen arbeiten, verdienen sie in vielen Berufen erheblich weniger als ihre männlichen Kollegen. Und das liegt nicht nur daran, dass sie hierzulande deutlich öfter in Teilzeit gehen als Männer (laut Hans-Böckler-Stiftung zu 46 Prozent gegenüber elf Prozent). Nein, Frauen verdienen auch bei gleichem Beschäftigungsverhältnis in vergleichbaren Positionen weniger. Mit 21 Prozent und damit rund 17 Euro existiert laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hier bei uns in Deutschland eine der größten Verdienstlücken beim Stundenlohn zwischen Frauen und Männern in ganz Europa.

Und: Frauen übernehmen einen Großteil der privaten, unbezahlten Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeiten. Der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zufolge sind die Arbeitstage der Frauen in der EU im Durchschnitt viel länger als die der Männer, wird die gesamte für Berufstätigkeit und Hausarbeit aufgewendete Zeit berücksichtigt; gehören Kleinkinder zum Haushalt, öffnet sich die Schere zwischen Frauen und Männern noch weiter. Auch eine aktuelle Oxfam-Studie nimmt Bezug auf die globale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und die Benachteiligung von Frauen durch eine ungleiche Arbeitsteilung innerhalb der Familie. Sie sieht die Frauen als Verlierer, da sie weltweit täglich an die zwölf Milliarden Stunden ohne Lohn arbeiteten und durch diese unbezahlten Haus- und Fürsorgetätigkeiten schnell in die Altersarmut rutschten.

Frauen studieren

In den 50er Jahren war Studieren vor allem etwas für Männer. Nicht einmal ein Viertel der Studienanfänger an einer deutschen Hochschule war damals weiblich. Das änderte sich in den folgenden Jahrzehnten, doch erst Ende der 90er Jahre (also etwa ein halbes Jahrhundert, nachdem der Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" im Grundgesetz festgeschrieben wurde) wurde das Verhältnis nahezu ausgeglichen. Mittlerweile haben die Frauen die Männer sogar überholt, mit steigender Tendenz. Mädchen haben in der Schule die besseren Noten, machen öfter Abitur und beginnen häufiger ein Studium als gleichaltrige Jungen. An den hiesigen Unis gibt es daher so viele Studentinnen wie nie zuvor, das zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes.

In der Wahl der Studienfächer gibt es jedoch immer noch große Unterschiede. So wird man nach wie vor weniger Frauen in Hörsälen antreffen, in denen Vorlesungen in Fächern wie Fahrzeugtechnik, Mechatronik oder Maschinenbau stattfinden. Frauen hingegen besetzen klassisch Studiengänge wie Grundschulpädagogik, Innenarchitektur oder Ernährungswissenschaft. Stereotype Geschlechterbilder prägen also weiterhin die Studienwahl junger Erwachsener. Doch es gibt auch Studiengänge, die innerhalb weniger Jahre von einem sogenannten Männer- zum Frauenfach wurden: So ist etwa die Medizin – lange Zeit männlich dominiert – mittlerweile ganz klar weiblich. Langsam aber stetig steigt auch der Anteil der Studentinnen in Fächern wie Chemie oder Verfahrenstechnik – die Bestrebungen der Hochschulen sind groß, mehr Studentinnen für die sogenannten MINT-Fächer zu gewinnen, damit Begabungsreserven bei Frauen nicht länger brachliegen und ungenutzt bleiben.

Frauen kriegen Kinder – oder eben nicht

Wer studiert und arbeitet, bekommt (wenn überhaupt) sowohl später als auch weniger Kinder. Um genau zu sein: Exakt 1,57 Kinder sind es derzeit laut Statistischem Bundesamt pro Frau in Deutschland. Und rund die Hälfte der Frauen bekommt mittlerweile das erste Kind im vierten Lebensjahrzehnt. Ein Meilenstein auf dem Weg zur sexuellen Selbstbestimmung: die Einführung der Antibabypille 1961. Seither kontrollieren Frauen die eigene Familienplanung und sehen sich mehrheitlich nicht mehr "nur" als Ehefrau und Mutter – wenn sie überhaupt heiraten ...

Jedoch wirken sich Kinder nach wie vor anders auf die Arbeitsmarktchancen von Frauen aus als auf die von Männern: Mütter verdienen nicht nur weniger, sie werden Studien zufolge auch seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als Frauen ohne Kind. Was den Wiedereinstieg in den Beruf zusätzlich erschwert: Die Betreuungssituation von Kleinkindern verändert sich bezogen auf die sich wandelnden gesellschaftlichen Realitäten nur schleppend. Und: Die #MeToo-Debatte führte deutlich vor Augen, in welchem Ausmaß Frauen nach wie vor Sexismus und sexueller Gewalt ausgesetzt sind.

Frauen trinken und rauchen

Ein Negativtrend: Früher waren es die Männer, die rauchten und tranken – mittlerweile sind die Frauen in dieser fragwürdigen Kategorie fast gleichauf. Konsumierten in den 60er Jahren erwachsene Männer noch doppelt so viel Bier, Wein und Schnaps wie Frauen, so ist dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern heutzutage aufgehoben – weil Frauen immer mehr und häufig auch zu viel trinken. Ebenso stark zugenommen hat der Anteil an rauchenden jungen Frauen und Mädchen in den letzten Jahrzehnten.

Frauen kicken

Frauen und Fußball? Das passt für viele immer noch nicht zusammen. Und besonders Deutschland war im Frauenfußball lange Zeit Entwicklungsland. Der erste Frauenfußballclub wurde 1930 in Frankfurt gegründet – konnte aber mangels Gegner nur gegen Männermannschaften spielen und wurde schon nach einem Jahr wieder aufgelöst. In den 50er Jahren wurde der Frauenfußball dann gleich ganz verboten. In der Begründung des Deutschen Fußballbundes heißt es: "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand."

Erst 20 Jahre später gab es wieder Frauenteams in den Vereinen. Die durften dann aber nur bei schönem Wetter spielen, und das auch nur 60 Minuten. 1989 gewannen die deutschen Frauen erstmals die Europameisterschaft – und wurden dennoch weiter belächelt: Als Siegprämie gab es vom DFB ein Kaffeeservice. Immerhin: Für den WM-Gewinn 2007 strich jede Spielerin Geld (50.000 Euro) statt Küchengeschirr ein. Im DFB sind heute rund 12.300 Frauen- und Mädchenvereine organisiert, von den insgesamt gut sieben Millionen Mitgliedern sind über eine Million weiblich.