Theater am Puls steckt in Geldnöten und hofft auf Spenden
Leiter rechnet mit Defizit von 6000 Euro bis zum Ende der Spielzeit

Von Rolf Kienle
Schwetzingen. Joerg Mohr will die Hoffnung nicht aufgeben, aber der rechte Glaube, dass er sein Theater vor Beginn der Sommerpause noch mal öffnen wird, fehlt ihm. Er kalkuliert sein finanzielles Minus bis Ende Mai. Bis dahin würden 31 Vorstellungen ausfallen, was etwa 3000 fehlende Besucher bedeutet. Das macht einen Fehlbetrag von 23.000 Euro. Für ein kleines Haus wie das Theater am Puls ist das ein erheblicher Posten. Dabei war die Spielzeit bestens angelaufen und die Auslastung ganz gut, sagt Mohr.
Die erste Vorstellung, die er wegen der Corona-Krise absagen musste, war "Der Steppenwolf". Das Schauspiel über Hermann Hesses Alter Ego stand bereits am 13. März auf dem Spielplan. Die Vorstellung war ausverkauft. Inzwischen sind 13 weitere Vorstellungen hinzugekommen, die nicht wie geplant aufgeführt werden konnten. Sie bescherten weder dem Theater noch den Schauspielern Einnahmen. Im Falle des "Steppenwolf" sind das acht Akteure, vier Mitarbeiter sind hinter den Kulissen tätig.
Mohr hat bereits die Soforthilfe des Landes Baden-Württemberg beantragt, die schon genehmigt wurde. Das Theater am Puls ist außerdem in der glücklichen Situation, dass seit Mitte März viele Spenden eingingen. Dennoch tut sich bis zum Ende der Spielzeit eine Lücke von 6000 Euro auf. Mohr setzt auf Gespräche mit der Stadtverwaltung und hofft auf ein Einsehen. Denn andere Chancen, an finanzielle Mittel zu kommen, sieht er nicht.
Untätig ist der Leiter des Hauses indes nicht geblieben. Gemeinsam mit Michael Bauer zeichnet er während der Woche Kinderstücke in seinem Theater auf und bietet sie jeweils sonntags ab 11 Uhr zum Abrufen im Internet an. Es sind kleine Produktionen mit wenig Schauspielern, um die Mindestabstände zwischen den Akteuren zu gewährleisten. Und die kommen aus dem Rhein-Neckar-Raum.
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Theateraufführungen gebe es im Fernsehen in jüngster Zeit zwar reichlich, erzählt Joerg Mohr. "Aber für Kinder gibt es nichts." Vergangenen Sonntag sendete das Theater am Puls "Albin und Lila", ein Stück über Außenseitertum und den Wert von Freundschaft und Courage in die Wohnzimmer. Außerdem las Samyia Bilgin den Kindern Märchen vor. Am morgigen Sonntag steht das Stück "Schneewittchen" auf dem Plan.
Das Aufzeichnen eines Theaterstücks ist aufwendig. Mohr schätzt, dass er für eine Stunde Aufführung allein acht bis zehn Stunden für das Schneiden der Videos einplanen muss. Über das nötige Equipment – zum Beispiel eine hochwertige Kamera – verfügt das Theater. Den Schnitt hat Joerg Mohr noch zu Analog-Zeiten gelernt. Die Arbeit sei "eine ganz andere", sagt er und ist nicht sicher, ob sich Theater grundsätzlich einen Gefallen tun, wenn sie Stücke ins Fernsehen bringen. Viele werden sich das Theaterstück wohl danach nicht anschauen. Wer "Hamlet" bereits im Fernsehen gesehen hat, werde die Aufführung dann nicht mehr erleben wollen. Joerg Mohr fehlt vor allem die spezielle Theateratmosphäre. Und die gehe im Fernsehen komplett unter.
Mohr ist ein alter Hase im Schauspielgeschäft: Er war vom Theater-Virus bereits infiziert, als er gleich nach der Schule in Heidelberg sofort in die Schauspiel-Schule wechseln wollte. Die Eltern bremsten ihn zwar nicht aus, aber sie legten Wert auf eine solide Ausbildung. Parallel zur Schreinerlehre ging Mohr in die Schauspiel-Schule, wurde sich aber klar, dass er besser noch ein Studium dranhängt, um notfalls seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Und so studierte er Sozialpädagogik.
Sein Theater bringt immerhin zwölf Eigenproduktionen in einer Spielzeit auf die Bühne, insgesamt sind es 85 Vorstellungen. Mohr ist der einzige Festangestellte, den Job hat er allerdings für eine ganz andere Funktion bei der Stadt Schwetzingen. Dort ist der diplomierte Sozialpädagoge als Theater-Pädagoge eingestellt, um vor allem in Schulen Mobbing-Prävention zu betreiben.



