Ukraine-Krieg

Wie sich die Region auf Geflüchtete vorbereitet

Heidelberg plant zentrale Anlaufstelle auf ehemaligem Nato-Gelände.

01.03.2022 UPDATE: 02.03.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 49 Sekunden
Hunderttausende verlassen derzeit das ukrainische Kriegsgebiet. Dieser Bus sollte die Menschen nach Polen bringen. Foto: Armanque

Von Alexander Albrecht

Rhein-Neckar. Hunderttausende Ukrainer sind nach der russischen Invasion auf der Flucht – wie viele davon in Deutschland ankommen werden, ist zwar noch unklar. Die Region bereit sich aber schon intensiv darauf vor.

Wie laufen die Vorbereitungen für die Aufnahme von Geflüchteten? Die Städte Heidelberg und Mannheim haben bereits Task Forces eingerichtet, bei denen verschiedene Dienststellen zusammenarbeiten. "Ziel ist, im Bedarfsfall eine schnelle Erstunterbringung und Versorgung der Kriegsflüchtlinge organisieren zu können", sagt die Mannheimer Rathaussprecherin Carolin Bison. Die Arbeitsgruppe binde auch Bürger und Initiativen mit ein, um bestmöglich auf die zahlreichen Hilfsangebote reagieren zu können. "Im Neckar-Odenwald-Kreis werden aktuell nur Personen aufgenommen, die bei Freunden oder Verwandten unterkommen können", erklärt Landratsreferentin Marion Günther.

Die zentrale Koordination der Geflüchteten ohne Unterkunft hat das Justizministerium übernommen, Anlaufpunkte sind die Erstaufnahmestellen (unter anderem in Mannheim) und das Ankunftszentrum des Landes im Heidelberger Patrick-Henry-Village. Auch die "Koordinierungsstelle Flüchtlinge" im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises sei in der Lage, "recht kurzfristig und bis zu einem gewissen Grad" Geflüchtete unterzubringen, so Behördensprecher Ralph Adameit.

Wie werden die Geflüchteten Kreisen und Kommunen zugewiesen? Üblicherweise verteilt der Bund die Menschen auf die Länder – proportional zur jeweiligen Einwohnerzahl. Zunächst kommen die Geflüchteten in die Erstaufnahmestellen, ehe sie in Städte und Kreise aufgenommen werden. Heidelberg und Mannheim sind wegen des Betriebs von Landeseinrichtungen grundsätzlich von der Zuweisung ausgenommen. "Die Stadt hat aber in der Vergangenheit dennoch immer auf freiwilliger Basis und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Geflüchtete aufgenommen", sagt der Heidelberger Rathaussprecher Timm Herre. Seine Mannheimer Kollegin Carolin Bison rechnet mit "direkten Zugängen" über Verwandte oder Soziale Netzwerke. Wo dies nicht funktioniere, wolle die Stadt die Menschen gegebenenfalls auch in privaten Unterkünften unterbringen.

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Wie viele Menschen könnten in der Region unterbracht werden? Und wo? Der Rhein-Neckar-Kreis hat aktuell noch Stand-by-Kapazitäten, die eine sofortige Aufnahme ermöglichen, zum Beispiel in den Gemeinschaftsunterkünften Bammental oder Edingen-Neckarhausen. "Die Lage ist sehr dynamisch. Je nach Zustrom könnte es natürlich sein, dass es erforderlich wird, weitere Wohnheimkapazitäten anzumieten – das wird die Entwicklung zeigen", sagt Kreissprecher Adameit. "Bislang liegen uns aber noch keine Prognosen von übergeordneten Behörden vor, wie viele Flüchtende aus der Ukraine oder anderen Ländern in Deutschland in den nächsten Wochen oder Monaten zu erwarten sein werden." Der Rhein-Neckar-Kreis müsse also selbst abwarten, welche Informationen und Vorgaben an das Landratsamt herangetragen würden.

Auch der Neckar-Odenwald-Kreis will keine genaue Aussage treffen. "Viele Geflüchtete kommen ja auch privat unter, daneben wird seitens der Bevölkerung und der Kommunen aktuell Wohnraum angeboten", erklärt Marion Günther. Der Landkreis baut derzeit aber seine Unterbringungskapazitäten für Asylbewerber aus. "Gegebenenfalls könnten entsprechende Objekte, die eigentlich in Kürze belegt werden sollten, für Ukrainer verwendet werden", so Günther. Landrat Achim Brötel nannte in diesem Zusammenhang Standorte in Mosbach, Schwarzach und Adelsheim.

Während Mannheim laut Carolin Bison "sämtliche Unterbringungsoptionen" prüft – wobei wieder die ehemaligen US-Militärgelände ins Spiel kommen könnten – und sich auf "sämtliche Eventualitäten vorbereitet", ist Heidelberg einen Schritt weiter. Die Stadt arbeitet an einer zentralen Anlaufstelle für Geflüchtete auf dem ehemaligen Nato-Gelände an der Rudolf-Diesel-Straße. Die Menschen sollen dort Informationen zu Aufenthaltsrecht oder Unterkunft bekommen und an die zuständigen Stellen geleitet werden.

Wie lange können die Geflüchteten bleiben? Wie Carolin Bison erklärt, sehen die gesetzlichen Regelungen vor, dass geflüchtete Menschen aus der Ukraine eine 180-tägige Aufenthaltserlaubnis erhalten und sich so lange visumsfrei in Deutschland aufhalten können – mit der Option auf eine dreimonatige Verlängerung. Gleichzeitig hätten sie einen Anspruch auf Asylbewerberleistungen.

Sind in der Region Spendeanfragen aus der Ukraine eingegangen? Ja, zumindest in Mannheim. Die Stadt und der Verein "Mannheim hilft ohne Grenzen" rufen gemeinsam zu Spenden auf. Hintergrund ist ein konkretes Hilfegesuch der westukrainischen Metropole Czernowitz. Diese ist wie Mannheim mit Chisinau in Moldawien freundschaftlich verbunden. Die drei Städte arbeiten bereits seit 2017 bei verschiedenen Projekten zusammen. Zwar ist Czernowitz bislang noch nicht angegriffen worden, allerdings wird dort in den kommenden Tagen ein Flüchtlingsstrom aus anderen Landesteilen erwartet. Dringend benötigt werden laut Bison Sachspenden wie Matratzen, Zelte und Decken, aber auch medizinische Erstversorgung.

In Heidelberg gehen erste Angebote aus der Bevölkerung ein. "Das ist ein fantastisches Engagement, für das ich mich herzlich bedanke", erklärt Oberbürgermeister Eckart Würzner. Gleichwohl sei es sehr wichtig, dass alle Unterstützungsmaßnahmen koordiniert und in enger Abstimmung mit Landes- und Bundesbehörden vorgenommen würden. "Alles andere ist kontraproduktiv", so Würzner.

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