Autoposer haben in Mannheim wieder Fahrt aufgenommen
Das Einzugsgebiet der Poser-Szene ist größer geworden. Kaum ein Fahrer stammt aus der Quadratestadt.

Von Marco Partner
Mannheim. Sie sind wieder da. Aufgemotzt, auffällig – und vor allem laut. Mit dicken Reifen, jede Menge PS unter der Haube und krachend-knarzenden Auspuffanlagen ziehen sie um die Häuser. Nicht die Corona-Lockerungen, sondern das schöne Wetter treibt sie gerade am Wochenende wieder verstärkt auf die Straße. Für sie ist es ein satter Sound, für Passanten und Bewohner ein Höllenlärm. Sogenannte Auto-Poser donnern mit ihren getunten Sportwagen in der Mannheimer Innenstadt an Cafés und Geschäften vorbei. Seit 2016 hat eine Ermittlergruppe den PS-Protzern den Kampf angesagt. Allein am Pfingstwochenende hat die Polizei wieder über 70 Fahrzeuge kontrolliert und ein paar neue "Trends" festgestellt.
Das nüchterne Ergebnis nach 71 Fahrzeug-Checks: 9 Untersagungen der Weiterfahrt, 11 Anzeigen wegen Erlöschen der Betriebserlaubnis, 14 Mal ein Bußgeldbescheid wegen unnötigem Lärm. "Insgesamt wurden acht Fahrzeuge sichergestellt. In 7 Fällen führten dabei zu hohe Lärmwerte der Sportauspuffanlagen zu der Betriebsuntersagung, in einem Fall war der Endschalldämpfer ausgeräumt worden. Hinzu kommen 2 Anzeigen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen und in 1 Fall wegen Fahrens unter Drogeneinfluss", sagt der Mannheimer Polizeisprecher auf RNZ-Anfrage.
Auf einen stetigen Rückgang der Beschwerden und Verfahren folgt nun also wieder ein Anstieg. Wurden 2017 noch 112 illegal frisierte Sport-Maschinen aus dem Verkehr gezogen, erfolgte in den beiden vergangenen Jahren 81 und dann 22 mal die Außerbetriebsetzung. Seit Beginn der Intensivmaßnahmen am 23. April durch die Ermittlungsgruppe "Poser" kam es nun bereits zu insgesamt 25 Betriebsuntersagungen. Grundsätzlich gilt jedoch: "Die Anzahl der Poser hat sich verringert, die Qualität der Verstöße aber ist hochwertiger geworden", erklärt Klumpp.
Offensichtliche Manipulationen wie aufgeflexte Auspuffanlagen seien kaum mehr feststellbar. Der Lärm-Trend gehe eindeutig in Richtung Sportauspuffanlagen. Und auch das Einzugsgebiet der Poser-Szene sei größer geworden. MA, LU, WO, RP, HP und neuerdings auch KA: So lesen sich die Nummernschilder der PS-Prahler. "Das Einzugsgebiet ist die gesamte Metropolregion. Auffällig ist, dass 2020 nur noch ein Bruchteil der Poser aus Mannheim kommt und in diesem Jahr vermehrt Fahrer aus dem Raum Karlsruhe auftauchen", so der Polizeisprecher.
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Warum gerade die Mannheimer Quadrate als Flaniermeile herhalten? "Hier wurde das Auto erfunden!", antwortet Klumpp scherzhaft. "Aber Spaß beiseite, Mannheim mit seiner Vielfalt an Nationen spielt eine nicht unwichtige Rolle. Und in der Innenstadt mit seinen Straßencafés ist auch ein Publikum vorhanden, um sich präsentieren zu können.
Auch die Hochhäuser in der Kunststraße und Fressgasse sorgten dafür, "dass der Lärm noch stärker wirkt", weiß der Beamte. Die Fahrer seien überwiegend zwischen 18 und 35 Jahren alt. Und in aller Regel männlich. In ganz seltenen Fällen säße aber auch mal eine Frau am Steuer. 142 Dezibel war bisher der größte Krach, der bei einer Kontrolle gemessen wurde. Das entspricht in etwa dem Schallpegel eines Flugzeugstarts und kann schon nach kurzer Einwirkung zu einem Gehörschaden führen. Dennoch gebe es bei Verhaltensverstößen immer wieder Wiederholungstäter, bei manipulierten Fahrzeugen eher nicht.
Der Grund ist in den Sanktionen zu finden: Noch bis Ende April wurde eine unnötige Lärmbelästigung durch Fahrzeuge mit gerade einmal 10 Euro und das unnütze Hin- und Herfahren mit 20 Euro geahndet. Im neuen Bußgeldkatalog wird die "Belästigung durch unnützes Hin- und Herfahren innerorts" mit 100 Euro, das "Autofahren trotz erloschener Betriebserlaubnis mit wesentlicher Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit" mit 90 Euro und einem Punkt in Flensburg bestraft. Der erforderliche Umbau nach Manipulation ist ungleich teurer und kann die Fahrzeughalter bis zu mehreren Tausend Euro kosten.
Inzwischen hat die Ermittlergruppe ihren Kontroll-Radar auch auf Heidelberg ausgeweitet: "Es gibt vereinzelt Hinweise, dass auch dort ‚Poser‘ unterwegs sind, von einer Szene wollen wir aber noch nicht sprechen. Deshalb wollen wir ein mögliches Dunkelfeld aufhellen und dafür sorgen, dass erst gar keine ,Poser-Szene’ entsteht", erläutert Polizeisprecher Klumpp.
Info: Von 2016 bis 2019 sind insgesamt 1764 Beschwerden wegen Lärmbelästigung durch Auto-Poser bei der Polizei eingegangen. Die Beschwerden von Bürgern werden auch weiterhin unter der E-Mail-Adresse mannheim.vd@polizei.bwl.de entgegengenommen.



