Sichtungen und Schafsrisse

Wolf und Luchs wandern gerne im Pfälzerwald

Es gibt mehrere Wolfssichtungen und gerissene Schafe in der Südwestpfalz und bei Bad Dürkheim. Der Luchs hat sich dort schon eingelebt.

11.08.2022 UPDATE: 11.08.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 42 Sekunden
Etwas unscharf, aber deutlich erkennbar: Eine Wildtierkamera hat diesen Wolf Ende Juli im Pfälzerwald bei Bad Dürkheim erfasst. Hier wurden in dieser Zeit auch mehrere Nutztiere gerissen. Foto: Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz

Von Rolf Kienle

Bad Dürkheim. Ob der Wolf nur auf der Durchreise war oder er die Idee hat, im Pfälzerwald sesshaft zu werden, kann man im Moment noch nicht sagen. Sicher ist nur, dass ein Wolf oder auch mehrere Wölfe nachgewiesen wurden. "Es gab mehrere Sichtungen", bestätigt Michael Back, der bei der rheinland-pfälzischen Forschungsanstalt für Waldökologie und Fortwirtschaft für das Monitoring von Wölfen und Luchsen verantwortlich ist.

Es gab freilich nicht nur Sichtungen, der Wolf hat auch Nutztiere gerissen: am 21. Juli zwei Schafe im Landkreis Bad Dürkheim und drei Schafe Anfang August in Schmitshausen in der Südwestpfalz. Der "Täter" gehört zur Alpen/Italienischen Population und ist somit als "Typ 22" bekannt. Ende Juli tappte er bei Bad Dürkheim in eine Fotofalle. Ob es jener Wolf, "Typ 22", war, lässt sich annehmen.

Vermutlich der gleiche Wolf hat eine knappe Woche zuvor in Fischbach im Dahner Felsenland in der Südwestpfalz ein weiteres Schaf gerissen und eine Ziege verletzt. Die Entfernung dürfte keine besondere Herausforderung sein. "Ein Wolf kann in einer Nacht leicht 50 bis 60 Kilometer zurück legen, sagt Michael Back vom Koordinationszentrum für Luchs und Wolf (Kluwo) mit Sitz in Trippstadt.

Die Nachweise werden über DNA-Spuren an gerissenen Tieren geführt, über Kot, Urin und Blut, aber auch über Foto- und Filmaufnahmen. Das mache es möglich, verschiedene Wölfe zu unterscheiden, wobei man keine Aussage machen könne über die Anzahl der aktuell in Rheinland-Pfalz lebenden Wölfe, wie es heißt. "Die Phase des Herkunftsnachweises läuft noch", sagt Michael Back. Die Proben werden im Frankfurter Senckenberg-Museum untersucht.

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Die ungewöhnlich hohe Mobilität des Wolfes mache es den Behörden schwer. Man weiß schon seit einigen Monaten, dass es dem Wolf vor allem im Westerwald gut gefällt. Dort fand man immer wieder Kot und konnte den umher streifenden Wolf – vermutlich handelt es sich um mehrere Wölfe, eventuell um ein Paar – mehrfach per Fotofalle festhalten. Außerdem sind dem Paar dort ein Schaf, ein Reh und ein Sikawild in einem Gehege zum Opfer gefallen. Das war im April und im Mai.

Michael Back legt Wert auf die Feststellung, dass er "weder Wolfsstreichler noch -gegner" sei; er ist der Experte für das Monitoren von Luchsen und Wölfen. Wie man Nutztiere vor den Übergriffen der Wölfe schützt sowie der Konflikt zwischen Nutztierhalter und Wolf sind nicht seine Fragen. Dafür sind die Kollegen zuständig, die entsprechende Zäune und Stallungen empfehlen und derzeit darüber nachdenken, den Wölfen einen Halsbandsender zu verpassen. Erfahrungen gibt es offenbar noch nicht. Es sei bislang noch kein Wolf gefangen worden.

Zur besseren Überwachung will die Kluwo ab Herbst 160 Wildtierkameras installieren, gezielt dort, wo gerade Nutztiere gerissen wurden. Man hat zudem eine Hotline eingerichtet, bei der Anrufer mitteilen können, falls sie einen Wolf oder einen Luchs gesehen haben.

Luchse sind im Pfälzerwald sesshaft geworden. Die Population umfasst im Moment 32 Exemplare. Diese drei Tiere liefen in eine Fotofalle. Foto: Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz

Der Luchs hat sich übrigens schon gut im Pfälzerwald eingelebt. Er kommt im größten zusammenhängenden deutschen Waldgebiet – zusammen mit den Nordvogesen 3000 Quadratkilometer groß – offenbar bestens zurecht, wenn man das aus der gestiegenen Population schließen kann. 20 Luchse wurden im Laufe der Jahre ausgewildert, wobei es sich um wilde Luchse handelte, die man im Pfälzerwald wieder ansiedelte.

Ein Beispiel dafür ist das Männchen "Cyril", das im April 2017 im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojektes in die Freiheit entlassen wurde – ausgestattet mit einem GPS-Sender um den Hals. Dieser tauchte allerdings nach einem längeren Aufenthalt im Maudacher Bruch bei Ludwigshafen Anfang Juni jenes Jahres auf der anderen Rheinseite, in Baden-Württemberg, auf. Aussichten auf Fortpflanzung gab es hier nicht. Also fing ihn ein Projektteam der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz in Kooperation mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg wieder ein und ließ ihn nochmals im Pfälzerwald frei. Und offenbar blieb er.

Schon 16 Mal habe es bei den Luchsen im Pfälzerwald Nachwuchs gegeben, erklärt Michael Back dazu. Allerdings kamen vier der Tiere beispielsweise bei Verkehrsunfällen ums Leben. Somit zählt man derzeit 32 Exemplare im Pfälzerwald.

Der Unterschied zu Wölfen ist deutlich: Wölfe erschließen sich auch weit entfernte Lebensräume und wandern. Luchse gründen üblicherweise nur dort ihr eigenes Revier, wo auch andere Artgenossen vorkommen. Ein weiterer Unterschied: Die klare Mehrzahl von befragten Menschen hat ein positives Bild von Luchsen. Bei Wölfen sieht das anders aus.

Info: Die Telefon-Hotline für die Wolfs- und Luchssichtung: 06306 / 911.

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