"Ein normales oder gar trockenes Jahr"
Der Schloss-Geschäftsführer Michael Hörrmann erklärt, warum der Grundwasserspiegel in der Anlage trotz heftiger Regenfälle nicht gestiegen ist.

Symbolfoto: Kreisforstamt
Von Marion Gottlob
Schwetzingen. Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, überschwemmte Felder: Die Regenmengen der vergangenen Wochen haben die Flusspegel ansteigen lassen – nicht jedoch den Grundwasserspiegel, was ein positiver Nebeneffekt gewesen wäre. Wie Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, im RNZ-Interview erklärt, gilt dies auch für den Schwetzinger Schlossgarten. Den Bäumen und Gehölzen bringe das viele Wasser lediglich eine Art kleine Verschnaufpause nach drei Jahren extremer Trockenheit. Also muss Hörrmann andere Maßnahmen ergreifen.
Ist der Grundwasserspiegel in der Schwetzinger Schlossgartenanlage gestiegen?
Schön wäre es – aber es ist nicht so. Der Regen der vergangenen Tage und Wochen vermindert im Schlossgarten den Stress für Bäume und Gehölze, die unter der Hitze und Trockenheit der vergangenen drei Jahre sehr gelitten haben. Doch der Regen einer Saison kann den Schaden nicht ausgleichen. Und wir täuschen uns: Wir sehen die Bilder der Hochwasser-Katastrophe. Doch wenn wir die Regenmenge in diesem Jahr mit anderen Jahren seit 1945 vergleichen, so haben wir ein normales oder gar trockenes Jahr.
Wer den Schlossgarten besucht, sieht grüne Bäume. Ist das nicht ein gutes Zeichen?
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Seit dem 19. Jahrhundert ist der Grundwasserspiegel in Schwetzingen um sechs Meter gesunken. Das ist eine Folge der Industrialisierung und der Regulierung des Rheins. Das können ein paar Regentage nicht ausgleichen, auch wenn die Bäume so grün und gesättigt sind, wie lange nicht mehr. Dazu kommt: Wir haben im Schwetzinger Schlossgarten Sandböden, die nur bedingt Wasser speichern können. Das Wasser rauscht einfach durch. Die Schäden sieht man an den Baumkronen, an der Dichte der Blätter und mit Hilfe von speziellen Untersuchungen an einem Mangel von Vitalität im Wurzelwerk der Bäume. Besonders gefährdet in unserem Garten sind weiterhin Buchen, Eichen und Ulmen.

Was kann man dagegen tun?
Eines steht fest: Wir können den Grundwasserspiegel nicht künstlich heben. Eine Renaturierung des Rheins oder eine Rücknahme der Industrialisierung ist nicht möglich und nicht finanzierbar. Dennoch haben wir Möglichkeiten, auf den Klimawandel mit Trockenheit und Hitze zu reagieren: Wir versuchen, die Qualität des Bodens zu verbessern. Dafür nutzen wir die spezielle Pflanzenkohle Terra Preta, die unter Luftabschluss bei Temperaturen von bis zu 800 Grad Celsius hergestellt wird. Damit "impfen" wir den Boden rund um unsere gefährdeten Bäume, denn Terra Preta kann Wasser und Nährstoffe speichern. Außerdem versuchen wir, das Wurzelwerk der Bäume zu stärken. Wir fördern deshalb eine artenreiche Begrünung im Wurzelbereich, die dem Boden Nährstoffe liefert. Gleichzeitig versuchen wir, das Wurzelwerk der Bäume zu verbessern. Hier leben in einer Symbiose Fadenpilze, die den Bäumen über die Feinwurzeln Wasser liefern. Diese Pilze haben unter bestimmten Formen der Überdüngung sehr gelitten. So beseitigen wir jetzt zum Beispiel das Gras nach dem Mähen. Trotz all dieser Maßnahmen müssen wir zugießen.
Sie haben die Baumschule wiederbelebt.
Ja, hier wollen wir gefährdete Bäume nachzüchten. Wir klonen kostbare, alte Bäume und lassen sie unter den neuen Bedingungen wie Trockenheit und Hitze heranwachsen. Wir versuchen, sie zu "erziehen". So hoffen wir, dass sich die neuen Bäume den neuen Bedingungen anpassen werden. So ist es in Maulbronn gelungen, von einer Friedenslinde von 1648 einen Setzling mit dem gleichen Genmaterial heranzuziehen. Wenn die Linde tatsächlich in einigen Jahren gefällt werden muss, dann können wir sie ersetzen. Etwas Ähnliches wünschen wir uns für Schwetzingen.
Warum wählen Sie nicht einfach andere Bäume aus?
Der Schwetzinger Schlossgarten ist wie ein Gemälde mit Vorder-, Mittel- und Hintergrund gestaltet. Die Bäume wurden speziell für dieses "Gemälde" ausgewählt – mit ihrer Größe, ihrer Form und den Farben ihrer Blätter. Sie lassen sich nicht einfach durch andere Sorten ersetzen. Das wäre nur Plan B, zuerst wollen wir Plan A mit den bekannten Baumsorten probieren.
Sie sind optimistisch?
Bildlich gesprochen: Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern nach meiner Einschätzung gerade zwölf. Doch die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg haben daran mitgewirkt, dass sich Garten-Experten aus ganz Deutschland zu einem Initiativbündnis "Historische Gärten im Klimawandel" zusammengeschlossen haben. Die Fachleute treffen sich einmal pro Monat und tauschen ihre Erfahrungen zum Klimawandel aus. Mit diesem Wissensaustausch kann es meiner Meinung nach gelingen, ein Naturdenkmal wie den Schwetzinger Schlossgarten zu bewahren. Das geht nicht schnell und ist nicht billig, denn bei Bäumen und Pflanzen müssen wir in Jahrzehnten denken. Doch im Austausch unserer Erfahrungen mit der "Schwarm-Intelligenz", können wir den Garten erhalten, davon bin ich überzeugt. Jetzt heißt es: pflegen und forschen.



