Bei der "Mondscheinführung" fast allein im Schlossgarten
"Wir wollten mal etwas Ungewöhnliches erleben". Die nächste Führung findet am 21. Mai statt.

Von Marion Gottlob
Schwetzingen. Die Uhren zeigen fast 20 Uhr: Die Sonne versinkt hinter dem Horizont, der Wind frischt auf. Langsam verlassen alle Besucher den Schwetzinger Schlossgarten. Wirklich alle? Nicht ganz. Rund 20 Gäste haben sich zur "Mondscheinführung" mit Werner Zimmermann angemeldet. Sie dürfen das Tor in den Garten noch passieren und werden in den nächsten zwei Stunden das Naturdenkmal für sich haben. Gästeführer Zimmermann: "Das Schloss und der Garten sind als barocke Anlage bekannt. Wir wollen nun hier den Übergang vom Tag in die Nacht erfahren."
Früher war dieser Garten 150 Hektar groß. Auch heute umfasst er noch 72 Hektar. Es gibt Fußwege von einer Länge von 35,7 Kilometern. Nun ist alles menschenleer – wohin der Blick auch geht. Das Knirschen der Kieselsteine unter den Schritten der Gruppe wirkt viel lauter als am Tage, wenn man das Geräusch normalerweise überhört. Auch die Melodie des Brunnen-Wassers ist plötzlich weit hörbar. Die Gruppe versammelt sich auf der Terrasse und blickt in die Richtung zur Kalmit. Zimmermann erklärt: "Zu Zeiten der Kurfürsten durfte jeder den Garten kostenlos betreten. Tagsüber! Die Nacht war ein Tabu. Die Tore wurden verschlossen." Kurfürst Carl Theodor hatte ursprünglich keine Angst vor der Dunkelheit. Doch dann wurde er mitten in seinem Garten auf dem Weg von seinem privaten Refugium, dem Badehaus, zum Schloss in der Nacht überfallen und ausgeraubt. Die Räuber konnten entkommen. Danach erließ der Kurfürst ein explizites Verbot: Niemand durfte den Garten nachts betreten.
Zu Zeiten der Kurfürsten waren das Schloss und der Garten in den Sommermonaten am Tage mit Menschen gefüllt. In den Zirkel-Sälen wurden täglich 1000 bis 1500 Adlige des Hofstaats verköstigt. Bei der Führung liegen diese Rundsäle einsam da. Über den Prachtbauten steigt langsam der Mond hoch – in tiefer Stille. Der Weg führt zum Arion-Brunnen, der im letzten Sonnenlicht noch sichtbar ist. Er wird über ein raffiniertes System der Wasserwerke mit Grundwasser angetrieben. Zimmermann betont: "So sind die Rohre bis heute sauber."
Auch der Kirschgarten liegt jetzt fast im Unsichtbaren. Hier entzünden die Teilnehmer die Kerzen ihrer Laternen. Für den Abstecher zum Minerva-Tempel braucht es sogar die Taschenlampen, damit man bei den Stufen nicht ins Stolpern gerät. Schlosswächter Siegfried Gabauer achtet darauf, dass niemand zurückbleibt und verloren geht. Ist es also einfach nur ein Weg in der Dunkelheit? Nicht ganz. Allmählich breitet sich der Glanz des Mondes über den Garten aus. Die Alleen mit ihren hellen Wegen werden wieder sichtbar, aber im Licht der Nacht. Die Besucher laufen mit ihren Laternen wie kleine "Glühwürmchen" über die Wege zur Moschee. Zimmermann erklärt: "Diese Gartenmoschee ist ein Zeichen der Toleranz und Vernunft im Sinne der Aufklärung.
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Als sich die Gruppe auf den Rückweg macht, ist die Hirschgruppe im Mondlicht gut zu sehen. Es besteht keine Gefahr mehr sich zu verirren. Besucherin Doro Spahn-Lanziner aus Heidelberg ist mit ihrem Mann dabei: "Wir wollten mal etwas Ungewöhnliches erleben." Ute und Reiner Böttinger aus Dossenheim haben ähnliche Gründe: "Wir waren schon oft bei Tag in diesem Park. Nun wollten wir einfach mal etwas Neues sehen."
Info: Mehr Infos zu Sonderführungen unter www.schloss-schwetzingen.de. Die nächste Mondscheinführung findet am 21. Mai, 21 Uhr, statt. Telefonische Anmeldungen für die Führungen unter 0 62 21/ 6 58 88 0.