Rhein-Neckar

Mit zwei Methoden gegen die Tigermücke

Aktionsgemeinschafthat den Plagegeistern den Kampf angesagt. Erfolge in Heidelberg und Sinsheim.

18.04.2024 UPDATE: 18.04.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden
Die Tigermücke kann das Dengue-Fieber übertragen oder auch das Chikungunya-Fieber. Foto: dpa

Von Harald Berlinghof

Rhein-Neckar. Wenn man in unserer Region den Begriff Moskito oder Schnake hört, denkt man automatisch an die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) mit Sitz in Speyer. Seit 2014 aber wird die Organisation nicht nur mit der Bekämpfung der Rheinschnaken in Verbindung gebracht, sondern auch mit dem Tigermoskito, der eigentlich aus Südasien und Südostasien stammt.

Diese Mückenart wurde 2007 erstmals in Deutschland, auf einem Parkplatz an der A5 bei Freiburg nachgewiesen, 2014 war sie bis in die Freiburger Innenstadt vorgedrungen. Auch im Rhein-Neckar-Raum gibt es sie in vielen Orten. Die Bekämpfung läuft – vor allem mit zwei Methoden.

Der Freiburger Fund hat damals die Alarmglocken bei der Kabs klingeln lassen. Denn die Tigermücke ist nicht nur lästig wie die Rheinschnake, sondern ein Überträger gefährlicher Krankheiten. Sie kann Dengue-Fieber übertragen oder auch Chikungunya. Zwei Krankheiten, die zwar selten tödlich enden, aber höchst unangenehm sind. In Italien, Spanien und Frankreich gab es lokal übertragene Dengue-Infektionen. Hierzulande wurden sie wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen.

Doch den Überträger gibt es mittlerweile an vielen Stellen. Auch in Heidelberg, wo Icybac eine der Kabs angegliederte Gesellschaft, die Bekämpfung übernommen hat. Die Kabs selbst bekämpft nur in Mitgliedsgemeinden des Vereins. Da Heidelberg und Eppelheim, das kürzlich beschlossen hat, die Tigermücke zu bekämpfen, keine Überschwemmungsflächen des Rheins besitzen, sind sie auch nicht zahlendes Mitglied der Kabs. In Eppelheim soll die Bekämpfung in diesem Jahr 47.500 Euro kosten.

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Auf Handelsschiffen ist die Tigermücke über den Umweg über die USA bis nach Südeuropa vorgedrungen. Über die Alpen reiste sie bequem in Wohnmobilen, Lastwagen und Güterwaggons. Die Klimaveränderung mit steigenden Temperaturen begünstigt ihre Ausbreitung. Gerade aktuell ist in Brasilien ein schwerer Ausbruch des Dengue-Virus zu verzeichnen. Mangelnde Hygiene in den Städten und konstant hohe Temperaturen ermöglichen in tropischen und subtropischen Regionen die Ausbreitung der virusbelasteten Mücken.

In Deutschland ist zumindest das Virus noch nicht heimisch geworden. Bekannt gewordene Infektionen mit Dengue stammen bislang nur von Reisenden, die aus den Tropen zurückkehren. Die Mücke, die entlang der A 5 immer weiter nach Norden vordringt, kann das Virus aus dem Blut der Reiserückkehrer aufnehmen und potenziell auf andere Menschen übertragen.

Bis nach Frankfurt, Wiesbaden und Mainz ist die Tigermücke entlang der Rheinebene inzwischen vorgerückt. Noch handelt es sich in Deutschland um isolierte Inselvorkommen der Mücke. Die Kabs oder Icybac setzen bei ihren Bekämpfungsmaßnahmen in Kleingartenanlagen oder Hausgärten das bekannte biologische Bti ein, das auch in den Rheinauen gegen die dortigen Schnaken angewendet wird. Eine 100-prozentige Ausrottung von Tigermücken, wenn überhaupt, ist alleine mit Hilfe von Bti aber kaum zu schaffen.

Bleiben nur wenige Mücken verschont, so kann sich die Population angesichts des enormen Vermehrungspotenzials wieder erholen. Deswegen setzen Kabs und Icybac eine zweite Methode ein, die sich "Sterile Insekten Technologie" (SIT) nennt. Dabei werden gezüchtete männliche Tigermoskitos einer Bestrahlung ausgesetzt, die verhindert, dass diese Stechmückenmännchen fruchtbare Nachkommen erzeugen.

Die sterilisierten Moskito-Männer bringen nur unfruchtbare Nachkommen hervor, so dass die Zahl der Nachkommen in einer Population absinkt. Die Sterilisierung erfolgte bislang in einem Institut in Bologna, von wo die Tiere nach Deutschland verschickt, und an den Hotspots der Tigermückenpopulationen frei gelassen werden.

Weil bei Stechmücken ausschließlich Weibchen die Menschen stechen, müssen die Anwohner durch die ausgesetzten Männchen keine zusätzliche Belastung befürchten. Mit beiden Methoden – SIT und Bti – ist es in Sinsheim gelungen, die Population komplett auszuradieren. Auch im Heidelberger Stadtteil Wieblingen ist dies fast geglückt.



> Tigermücken melden und sich informieren. Die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) und ihre Tochtergesellschaft Icybac bitten die Bevölkerung, Sichtungen der Tigermücke über die App "Mosquito alert" zu melden, damit Populationen und Ausbreitungswege erkannt werden können.

Verdächtige tote Insekten (müssen noch gut erkennbar sein) oder lebend gefangene Mücken (mindestens 15 Minuten über Nacht ins Gefrierfach legen) sollten nach Angaben des Gesundheitsamts des Neckar-Odenwald-Kreises in einem kleinen verschließbaren Gefäß, zum Beispiel eine Streichholzschachtel, direkt an die Kabs (Georg-Peter-Süß-Straße 3, 67.346 Speyer) verschickt werden.

Alternativ kann eine E-Mail mit einem möglichst genauen Foto der Oberseite der Mücke (neben Lineal zur Abschätzung der Größe) an das Gesundheitsamt (gesundheitsamt@neckar-odenwald-kreis.de) gesendet werden. Meldungen sind zudem möglich über die Homepage von Icybac unter www.tigermuecke-icybac.de

Fragen beantwortet der Rhein-Neckar-Kreis per E-Mail an tigermuecke@rhein-neckar-kreis.de. Aufschlussreich sind die Infos des Landesgesundheitsamtes unter www.gesundheitsamt-bw.de/.

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