Plankstadt

Grüne Nicole Heger will Direktmandat bei der Bundestagswahl

Die Kämpferin aus der "grünen Diaspora". Ihr Programm reicht von Klimaschutz bis Steuerpolitik.

11.06.2021 UPDATE: 12.06.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 58 Sekunden
Viel Zeit bleibt Nicole Heger nicht mehr bis zur Bundestagswahl am 26. September. Dennoch: „Alles ist drin“, erklärte sie bei der Nominierungsveranstaltung in Plankstadt. Foto: len

Von Anna Manceron

Plankstadt. Sie ist engagiert, kennt sich in der Region aus und hat Biss: Nicole Heger wird bei der Bundestagswahl am 26. September als Kandidatin für die Grünen im Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen antreten. Bei der Nominierungsveranstaltung am Donnerstagabend in Plankstadt setzte sich die 50-Jährige aus Waghäusel im ersten Wahlgang gegen ihre drei Mitbewerber durch. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Von insgesamt 56 abgegebenen Stimmen konnte Heger 29 für sich verbuchen. Auf dem zweiten Platz landete Alexander Link (14 Stimmen), gefolgt von Patrick Haermeyer (elf Stimmen) und Victor Lange (zwei Stimmen). "Das ist ein hammerstarkes Ergebnis", lobte Andre Baumann, Landtagsabgeordneter aus Schwetzingen und Vorsitzender des Kreisverbands Kurpfalz-Hardt.

Eigentlich hatten sich die Grünen im Sprengel auf einen ganz anderen Kandidaten eingestellt. Ihr bisheriger Abgeordneter, der gebürtige Heidelberger Danyal Bayaz, zog 2017 über die Landesliste in den Bundestag ein und sollte am 26. September wieder antreten. Doch dann kam alles anders: Vor genau vier Wochen wurde Bayaz überraschend zum neuen Finanzminister von Baden-Württemberg ernannt – und die Grünen im Spargelwahlkreis standen plötzlich mit leeren Händen da.

Mit Nicole Heger haben sich die beiden Kreisverbände Kurpfalz-Hardt und Karlsruhe-Land nun für eine Kandidatin aus der Region entschieden. Die 50-Jährige wurde in Bruchsal geboren und wuchs in Wiesental auf. Sie ist verheiratet, hat drei fast erwachsene Kinder und kommt aus einem Teil des Wahlkreises, den sie als "grüne Diaspora" bezeichnet. Heger lebt in Waghäusel und sitzt dort seit 2019 als einzige grüne Stadträtin im Gemeinderat. Im selben Jahr gründete sie den dortigen Ortsverband mit, ein Jahr zuvor trat sie den Grünen bei. Bei der Landtagswahl am 14. März trat sie im Wahlkreis Bruchsal an und erlag nur ganz knapp ihrem Konkurrenten von der CDU.

Die gelernte Hotelfachfrau arbeitet seit 24 Jahren bei der SAP – zunächst in der Finanzbuchhaltung, später als Projektmanagerin in der Beratung. Derzeit ist sie als Qualitätsmanagerin in der Entwicklung tätig. "Was lebenslanges Lernen heißt, weiß ich aus eigener Erfahrung", sagte sie bei ihrer Vorstellung. Doch leider hätten nicht alle Menschen in Deutschland die gleichen Chancen. Heger tritt unter anderem für Bildungsgerechtigkeit, eine Kindergrundsicherung und die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. Auch ein bedingungsloses Grundeinkommen gehört zu ihren Forderungen.

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Als Verfechterin der Frauenrechte will sie unter anderem gegen Altersarmut durch lange Erziehungszeiten, Minijobs und die "Teilzeitfalle" kämpfen. Außerdem tritt sie für eine gleiche Bezahlung von Frauen und Männern sowie für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Das Ehegattensplitting und die Steuerklasse 5 will sie abschaffen.

Neben der Digitalisierung und dem damit verbundenen flächendeckenden Breitbandausbau darf in ihrem Programm natürlich auch das grüne Thema schlechthin nicht fehlen: der Klimaschutz. "Das im Pariser Klimaschutzabkommen formulierte Ziel, die durchschnittliche globale Temperaturerhöhung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist für uns nicht verhandelbar", betonte Heger. "Die schnellstmögliche Dekarbonisierung muss unser Ziel sein – und damit auch ein schnellerer Kohleausstieg bis 2030." Deutschland müsse so schnell wie möglich klimaneutral werden. "Ich kämpfe vor allem für eine Versorgungssicherheit mit erneuerbaren Energien und einem Mix aus Fotovoltaik, Windenergie und Tiefengeothermie", so Heger.

Die 50-Jährige ist eine klare Befürworterin des umstrittenen Windparkprojekts Lußhardt. "Der Nutzen ist größer als der Verlust an Fläche", betonte sie später gegenüber der RNZ. "Wir brauchen die Energiewende vor Ort." Um diese zu ermöglichen, müssten lokale Klimaschutzprojekte stärker gefördert werden. Nachhaltigkeit ist ihr auch beim Thema Mobilität wichtig. "Wir brauchen keinen weiteren Ausbau von Autobahnen, sondern mehr Geld für die Schiene", erklärte Heger. Um den Widerstand gegen den Ausbau des Bahnnetzes gering zu halten, müsse man Betroffene einbinden. "Das gilt auch für den Ausbau der Strecke zwischen Rotterdam und Genua, die nach einer Planungsvariante direkt durch unseren Wahlkreis verlaufen könnte", sagte sie.

Viel Zeit bleibt Nicole Heger nicht mehr, um sich im gesamten Sprengel bekannt zu machen. Ihren Optimismus scheint das aber kein bisschen zu bremsen. "Alles ist drin", erklärte sie kämpferisch. Den Spargelwahlkreis kenne sie gut durch Freunde, Familie und Fahrten mit dem Rennrad. Im Wahlkreis Bruchsal sei sie bereits gut vernetzt. Auch Andre Baumann ist zuversichtlich: "Du hast gezeigt, dass du diesen Wahlkampf rocken willst", sagte er bei der Verkündung des Abstimmungsergebnisses.

Neben digitalen Veranstaltungen will Heger vor allem auf den Dialog mit den Menschen vor Ort setzen. "Wir müssen den Bürgern zeigen, dass wir ihnen zuhören und nah dran sind mit unserer Politik", sagte sie. Das Ziel der Grünen-Politikerin ist ehrgeizig: Sie will am 26. September das Direktmandat holen und damit Olav Gutting (CDU) vom Thron stoßen. Der Christdemokrat hat nämlich seit 2002 bei jeder Bundestagswahl das Direktmandat im Wahlkreis gewonnen. "20 Jahre Olav Gutting in Berlin sind mehr als genug", erklärte Heger angriffslustig. Sie wolle den Christdemokraten und seine Partei "zum Zittern" bringen.

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